Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.doch nur flüchtig durchgelesen hatte, das mußte Der Gedanke, daß ihn z. B. nicht hoff¬ Seine Zweifel und Besorgnisse wegen seines Die Quaal, die meine Seele fühlet, Die mörderisch im Herzen wühlet, Verbannet jede andre Pein -- Wer gab, in Tiefen hinzuschauen, Um selbst mein Elend mir zu bauen, Mir doch den tollen Vorwitz ein? Grundlose Tiefen, die den Blicken Nur Nacht und Graun entgegen schicken, Und lohnen mit Melancholei -- Sie kömmt, daß auf dem ehrnen Throne Sie nun in meiner Seele wohne, Und rufet ihr Gefolg' herbei. -- doch nur fluͤchtig durchgeleſen hatte, das mußte Der Gedanke, daß ihn z. B. nicht hoff¬ Seine Zweifel und Beſorgniſſe wegen ſeines Die Quaal, die meine Seele fuͤhlet, Die moͤrderiſch im Herzen wuͤhlet, Verbannet jede andre Pein — Wer gab, in Tiefen hinzuſchauen, Um ſelbſt mein Elend mir zu bauen, Mir doch den tollen Vorwitz ein? Grundloſe Tiefen, die den Blicken Nur Nacht und Graun entgegen ſchicken, Und lohnen mit Melancholei — Sie koͤmmt, daß auf dem ehrnen Throne Sie nun in meiner Seele wohne, Und rufet ihr Gefolg' herbei. — <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0082" n="72"/> doch nur fluͤchtig durchgeleſen hatte, das mußte<lb/> er ſich jetzt von ſeinem Freunde der Laͤnge nach<lb/> erzaͤhlen laſſen. —</p><lb/> <p>Der Gedanke, daß ihn z. B. nicht hoff¬<lb/> nungsloſe Liebe, ſondern ganz andre Dinge kraͤnk¬<lb/> ten, war alſo der natuͤrlichſte Eingang zu dem<lb/> Gedicht an Philipp Reiſern.</p><lb/> <p>Seine Zweifel und Beſorgniſſe wegen ſeines<lb/> aͤngſtlichen zweckloſen Daſeyns waren es, die ihn<lb/> niederdruͤckten, und er fuhr fort:<lb/><lg type="poem"><lg n="1"><l>Die Quaal, die meine Seele fuͤhlet,</l><lb/><l>Die moͤrderiſch im Herzen wuͤhlet,</l><lb/><l>Verbannet jede andre Pein —</l><lb/><l>Wer gab, in Tiefen hinzuſchauen,</l><lb/><l>Um ſelbſt mein Elend mir zu bauen,</l><lb/><l>Mir doch den tollen Vorwitz ein?</l><lb/></lg><lg n="2"><l>Grundloſe Tiefen, die den Blicken</l><lb/><l>Nur Nacht und Graun entgegen ſchicken,</l><lb/><l>Und lohnen mit Melancholei —</l><lb/><l>Sie koͤmmt, daß auf dem ehrnen Throne</l><lb/><l>Sie nun in meiner Seele wohne,</l><lb/><l>Und rufet ihr Gefolg' herbei. —</l><lb/></lg></lg> </p> </body> </text> </TEI> [72/0082]
doch nur fluͤchtig durchgeleſen hatte, das mußte
er ſich jetzt von ſeinem Freunde der Laͤnge nach
erzaͤhlen laſſen. —
Der Gedanke, daß ihn z. B. nicht hoff¬
nungsloſe Liebe, ſondern ganz andre Dinge kraͤnk¬
ten, war alſo der natuͤrlichſte Eingang zu dem
Gedicht an Philipp Reiſern.
Seine Zweifel und Beſorgniſſe wegen ſeines
aͤngſtlichen zweckloſen Daſeyns waren es, die ihn
niederdruͤckten, und er fuhr fort:
Die Quaal, die meine Seele fuͤhlet,
Die moͤrderiſch im Herzen wuͤhlet,
Verbannet jede andre Pein —
Wer gab, in Tiefen hinzuſchauen,
Um ſelbſt mein Elend mir zu bauen,
Mir doch den tollen Vorwitz ein?
Grundloſe Tiefen, die den Blicken
Nur Nacht und Graun entgegen ſchicken,
Und lohnen mit Melancholei —
Sie koͤmmt, daß auf dem ehrnen Throne
Sie nun in meiner Seele wohne,
Und rufet ihr Gefolg' herbei. —
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