unnatürlich vorkam, wenn er einen Tag ein¬ mal keine Kopfschmerzen hatte. --
Seine Zusammenkünfte mit Philipp Reisern wurden nun immer häufiger -- und er erhielt unvermutheter Weise zu diesem noch einen Freund; diß war der Sohn des Kantors, Nah¬ mens W..., einer seiner Mitschüler, gegen dessen Miene und Gesichtsbildung er fast immer eine Art von Antipathie gehegt, und sich zugleich von ihm verachtet geglaubt hatte. --
Dieser wußte von seinem Vater, daß Anton Reiser einmal Verse gemacht hatte, und weil er nun selbst für jemanden ein Gedicht auf einen Geburtstag zu machen versprochen hatte, so suchte er Reisern auf, und bat ihn um die Ver¬ fertigung dieses Gedichts, das er selbst auszuarbei¬ ten nicht Lust oder Zeit hatte. -- Diß war für Reisern die erste Veranlassung, seine ganz vernach¬ lässigte Poesie wieder hervorzusuchen. --
Das kleine Gedicht gelang ihm nicht übel -- W... besuchte ihn von der Zeit an öfter, und versprach ihm einstmals, daß er ihm die Bekannt¬ schaft eines merkwürdigen Mannes verschaffen wolle, der übrigens ganz im Dunkeln lebe, und
D 4
unnatuͤrlich vorkam, wenn er einen Tag ein¬ mal keine Kopfſchmerzen hatte. —
Seine Zuſammenkuͤnfte mit Philipp Reiſern wurden nun immer haͤufiger — und er erhielt unvermutheter Weiſe zu dieſem noch einen Freund; diß war der Sohn des Kantors, Nah¬ mens W..., einer ſeiner Mitſchuͤler, gegen deſſen Miene und Geſichtsbildung er faſt immer eine Art von Antipathie gehegt, und ſich zugleich von ihm verachtet geglaubt hatte. —
Dieſer wußte von ſeinem Vater, daß Anton Reiſer einmal Verſe gemacht hatte, und weil er nun ſelbſt fuͤr jemanden ein Gedicht auf einen Geburtstag zu machen verſprochen hatte, ſo ſuchte er Reiſern auf, und bat ihn um die Ver¬ fertigung dieſes Gedichts, das er ſelbſt auszuarbei¬ ten nicht Luſt oder Zeit hatte. — Diß war fuͤr Reiſern die erſte Veranlaſſung, ſeine ganz vernach¬ laͤſſigte Poeſie wieder hervorzuſuchen. —
Das kleine Gedicht gelang ihm nicht uͤbel — W... beſuchte ihn von der Zeit an oͤfter, und verſprach ihm einſtmals, daß er ihm die Bekannt¬ ſchaft eines merkwuͤrdigen Mannes verſchaffen wolle, der uͤbrigens ganz im Dunkeln lebe, und
D 4
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0065"n="55"/>
unnatuͤrlich vorkam, wenn er einen Tag ein¬<lb/>
mal keine Kopfſchmerzen hatte. —</p><lb/><p>Seine Zuſammenkuͤnfte mit Philipp Reiſern<lb/>
wurden nun immer haͤufiger — und er erhielt<lb/>
unvermutheter Weiſe zu dieſem noch einen<lb/>
Freund; diß war der Sohn des Kantors, Nah¬<lb/>
mens W..., einer ſeiner Mitſchuͤler, gegen deſſen<lb/>
Miene und Geſichtsbildung er faſt immer eine<lb/>
Art von Antipathie gehegt, und ſich zugleich von<lb/>
ihm verachtet geglaubt hatte. —</p><lb/><p>Dieſer wußte von ſeinem Vater, daß Anton<lb/>
Reiſer einmal Verſe gemacht hatte, und weil er<lb/>
nun ſelbſt fuͤr jemanden ein Gedicht auf einen<lb/>
Geburtstag zu machen verſprochen hatte, ſo<lb/>ſuchte er Reiſern auf, und bat ihn um die Ver¬<lb/>
fertigung dieſes Gedichts, das er ſelbſt auszuarbei¬<lb/>
ten nicht Luſt oder Zeit hatte. — Diß war fuͤr<lb/>
Reiſern die erſte Veranlaſſung, ſeine ganz vernach¬<lb/>
laͤſſigte Poeſie wieder hervorzuſuchen. —</p><lb/><p>Das kleine Gedicht gelang ihm nicht uͤbel —<lb/>
W... beſuchte ihn von der Zeit an oͤfter, und<lb/>
verſprach ihm einſtmals, daß er ihm die Bekannt¬<lb/>ſchaft eines merkwuͤrdigen Mannes verſchaffen<lb/>
wolle, der uͤbrigens ganz im Dunkeln lebe, und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D 4<lb/></fw></p></body></text></TEI>
[55/0065]
unnatuͤrlich vorkam, wenn er einen Tag ein¬
mal keine Kopfſchmerzen hatte. —
Seine Zuſammenkuͤnfte mit Philipp Reiſern
wurden nun immer haͤufiger — und er erhielt
unvermutheter Weiſe zu dieſem noch einen
Freund; diß war der Sohn des Kantors, Nah¬
mens W..., einer ſeiner Mitſchuͤler, gegen deſſen
Miene und Geſichtsbildung er faſt immer eine
Art von Antipathie gehegt, und ſich zugleich von
ihm verachtet geglaubt hatte. —
Dieſer wußte von ſeinem Vater, daß Anton
Reiſer einmal Verſe gemacht hatte, und weil er
nun ſelbſt fuͤr jemanden ein Gedicht auf einen
Geburtstag zu machen verſprochen hatte, ſo
ſuchte er Reiſern auf, und bat ihn um die Ver¬
fertigung dieſes Gedichts, das er ſelbſt auszuarbei¬
ten nicht Luſt oder Zeit hatte. — Diß war fuͤr
Reiſern die erſte Veranlaſſung, ſeine ganz vernach¬
laͤſſigte Poeſie wieder hervorzuſuchen. —
Das kleine Gedicht gelang ihm nicht uͤbel —
W... beſuchte ihn von der Zeit an oͤfter, und
verſprach ihm einſtmals, daß er ihm die Bekannt¬
ſchaft eines merkwuͤrdigen Mannes verſchaffen
wolle, der uͤbrigens ganz im Dunkeln lebe, und
D 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/65>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.