Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Diese Vernachlässigung von denen, die er
noch für seine besten Freunde hielt, bei einer
Sache, die ihm so sehr am Herzen lag, wie die¬
se, war ihm äußerst kränkend. -- Er sprach mit
J. . . darüber, der sich damit entschuldigte, er
habe nicht geglaubt, daß Reiser zu der Sache
noch Lust habe. -- Und was Reisern am meisten
kränkte, war, als er hörte, daß er bei der Rollen¬
austheilung nicht etwa Feinde unter der Gesell¬
schaft gehabt, die ihn hätten ausschließen wollen,
sondern daß man gar nicht einmal an ihn
gedacht
, seiner nicht einmal erwähnet,
hatte. --

Da er sich nun indes erklärte, daß er an der
Gesellschaft Theil nehmen wolle, so war man
ihm nicht zuwider, wenn er mit einer von den
Rollen, die noch übrig waren, vorlieb nehmen
wollte. -- Er mußte sich denn hiezu entschließen,
und erhielt in dem ersten Stück, das aufgeführt
wurde, in dem Deserteur aus Kindesliebe
noch die Rolle des Peter, welche ihm freilich
nicht die angenehmste war, die er doch aber lie¬
ber, als gar keine nahm. --

Dieſe Vernachlaͤſſigung von denen, die er
noch fuͤr ſeine beſten Freunde hielt, bei einer
Sache, die ihm ſo ſehr am Herzen lag, wie die¬
ſe, war ihm aͤußerſt kraͤnkend. — Er ſprach mit
J. . . daruͤber, der ſich damit entſchuldigte, er
habe nicht geglaubt, daß Reiſer zu der Sache
noch Luſt habe. — Und was Reiſern am meiſten
kraͤnkte, war, als er hoͤrte, daß er bei der Rollen¬
austheilung nicht etwa Feinde unter der Geſell¬
ſchaft gehabt, die ihn haͤtten ausſchließen wollen,
ſondern daß man gar nicht einmal an ihn
gedacht
, ſeiner nicht einmal erwaͤhnet,
hatte. —

Da er ſich nun indes erklaͤrte, daß er an der
Geſellſchaft Theil nehmen wolle, ſo war man
ihm nicht zuwider, wenn er mit einer von den
Rollen, die noch uͤbrig waren, vorlieb nehmen
wollte. — Er mußte ſich denn hiezu entſchließen,
und erhielt in dem erſten Stuͤck, das aufgefuͤhrt
wurde, in dem Deſerteur aus Kindesliebe
noch die Rolle des Peter, welche ihm freilich
nicht die angenehmſte war, die er doch aber lie¬
ber, als gar keine nahm. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0198" n="188"/>
      <p>Die&#x017F;e Vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igung von denen, die er<lb/>
noch fu&#x0364;r &#x017F;eine be&#x017F;ten Freunde hielt, bei einer<lb/>
Sache, die ihm &#x017F;o &#x017F;ehr am Herzen lag, wie die¬<lb/>
&#x017F;e, war ihm a&#x0364;ußer&#x017F;t kra&#x0364;nkend. &#x2014; Er &#x017F;prach mit<lb/>
J. . . daru&#x0364;ber, der &#x017F;ich damit ent&#x017F;chuldigte, er<lb/>
habe nicht geglaubt, daß Rei&#x017F;er zu der Sache<lb/>
noch Lu&#x017F;t habe. &#x2014; Und was Rei&#x017F;ern am mei&#x017F;ten<lb/>
kra&#x0364;nkte, war, als er ho&#x0364;rte, daß er bei der Rollen¬<lb/>
austheilung nicht etwa Feinde unter der Ge&#x017F;ell¬<lb/>
&#x017F;chaft gehabt, die ihn ha&#x0364;tten aus&#x017F;chließen wollen,<lb/>
&#x017F;ondern <hi rendition="#fr">daß man gar nicht einmal an ihn<lb/>
gedacht</hi>, <hi rendition="#fr">&#x017F;einer nicht einmal erwa&#x0364;hnet</hi>,<lb/><hi rendition="#fr">hatte</hi>. &#x2014;</p><lb/>
      <p>Da er &#x017F;ich nun indes erkla&#x0364;rte, daß er an der<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft Theil nehmen wolle, &#x017F;o war man<lb/>
ihm nicht zuwider, wenn er mit einer von den<lb/>
Rollen, die noch u&#x0364;brig waren, vorlieb nehmen<lb/>
wollte. &#x2014; Er mußte &#x017F;ich denn hiezu ent&#x017F;chließen,<lb/>
und erhielt in dem er&#x017F;ten Stu&#x0364;ck, das aufgefu&#x0364;hrt<lb/>
wurde, in dem <hi rendition="#fr">De&#x017F;erteur aus Kindesliebe</hi><lb/>
noch die Rolle des <hi rendition="#fr">Peter</hi>, welche ihm freilich<lb/>
nicht die angenehm&#x017F;te war, die er doch aber lie¬<lb/>
ber, als gar keine nahm. &#x2014;</p><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0198] Dieſe Vernachlaͤſſigung von denen, die er noch fuͤr ſeine beſten Freunde hielt, bei einer Sache, die ihm ſo ſehr am Herzen lag, wie die¬ ſe, war ihm aͤußerſt kraͤnkend. — Er ſprach mit J. . . daruͤber, der ſich damit entſchuldigte, er habe nicht geglaubt, daß Reiſer zu der Sache noch Luſt habe. — Und was Reiſern am meiſten kraͤnkte, war, als er hoͤrte, daß er bei der Rollen¬ austheilung nicht etwa Feinde unter der Geſell¬ ſchaft gehabt, die ihn haͤtten ausſchließen wollen, ſondern daß man gar nicht einmal an ihn gedacht, ſeiner nicht einmal erwaͤhnet, hatte. — Da er ſich nun indes erklaͤrte, daß er an der Geſellſchaft Theil nehmen wolle, ſo war man ihm nicht zuwider, wenn er mit einer von den Rollen, die noch uͤbrig waren, vorlieb nehmen wollte. — Er mußte ſich denn hiezu entſchließen, und erhielt in dem erſten Stuͤck, das aufgefuͤhrt wurde, in dem Deſerteur aus Kindesliebe noch die Rolle des Peter, welche ihm freilich nicht die angenehmſte war, die er doch aber lie¬ ber, als gar keine nahm. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/198
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/198>, abgerufen am 28.03.2024.