Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

ihm zur sorgfältigsten Lektüre empfohlen -- da
stieß er denn auch unter andern auf die Rezen¬
sion, wo Zachariä's Uebersetzung von Miltons
verlohrnem Paradiese, wegen der schlechten
Hexameter, getadelt, und zugleich über den Bau
des Hexameters, seine Einschnitte u. s. w. viel
vortrefliches gesagt wird. -- Diß faßte Reiser
auf, und suchte nun seinen Hexameter mit der
größten Sorgfalt auszufeilen. -- Manchen Tag
kam er kaum mit drei bis vier Versen zu Stan¬
de -- jeden Abend ging er dann zu Philipp Rei¬
sern, und ließ seine Verse noch einmal dessen
Kritik paßiren, wobei sie denn zusammen alle
Bände der Litteraturbriefe miteinander durch¬
lasen, und auch in diesem Winter ihre Shake¬
spearnächte wieder erneuerten. --

Im November war Reiser ohngefähr mit der
Hälfte seiner Rede fertig und ging damit zum
Direktor, um sie ihm zur Kritik zu zeigen. --
Dieser bezeigte ihm seinen großen Beifall über
seine Arbeit, kündigte ihm aber zugleich an, daß
er die Rede nicht öffentlich würde halten können,
weil diß verschiedene Kosten erforderte, die Rei¬
ser wohl nicht würde aufbringen können. -- --

I 3

ihm zur ſorgfaͤltigſten Lektuͤre empfohlen — da
ſtieß er denn auch unter andern auf die Rezen¬
ſion, wo Zachariaͤ's Ueberſetzung von Miltons
verlohrnem Paradieſe, wegen der ſchlechten
Hexameter, getadelt, und zugleich uͤber den Bau
des Hexameters, ſeine Einſchnitte u. ſ. w. viel
vortrefliches geſagt wird. — Diß faßte Reiſer
auf, und ſuchte nun ſeinen Hexameter mit der
groͤßten Sorgfalt auszufeilen. — Manchen Tag
kam er kaum mit drei bis vier Verſen zu Stan¬
de — jeden Abend ging er dann zu Philipp Rei¬
ſern, und ließ ſeine Verſe noch einmal deſſen
Kritik paßiren, wobei ſie denn zuſammen alle
Baͤnde der Litteraturbriefe miteinander durch¬
laſen, und auch in dieſem Winter ihre Shake¬
ſpearnaͤchte wieder erneuerten. —

Im November war Reiſer ohngefaͤhr mit der
Haͤlfte ſeiner Rede fertig und ging damit zum
Direktor, um ſie ihm zur Kritik zu zeigen. —
Dieſer bezeigte ihm ſeinen großen Beifall uͤber
ſeine Arbeit, kuͤndigte ihm aber zugleich an, daß
er die Rede nicht oͤffentlich wuͤrde halten koͤnnen,
weil diß verſchiedene Koſten erforderte, die Rei¬
ſer wohl nicht wuͤrde aufbringen koͤnnen. — —

I 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0143" n="133"/>
ihm zur &#x017F;orgfa&#x0364;ltig&#x017F;ten Lektu&#x0364;re empfohlen &#x2014; da<lb/>
&#x017F;tieß er denn auch unter andern auf die Rezen¬<lb/>
&#x017F;ion, wo Zacharia&#x0364;'s Ueber&#x017F;etzung von Miltons<lb/>
verlohrnem Paradie&#x017F;e, wegen der &#x017F;chlechten<lb/>
Hexameter, getadelt, und zugleich u&#x0364;ber den Bau<lb/>
des Hexameters, &#x017F;eine Ein&#x017F;chnitte u. &#x017F;. w. viel<lb/>
vortrefliches ge&#x017F;agt wird. &#x2014; Diß faßte Rei&#x017F;er<lb/>
auf, und &#x017F;uchte nun &#x017F;einen Hexameter mit der<lb/>
gro&#x0364;ßten Sorgfalt auszufeilen. &#x2014; Manchen Tag<lb/>
kam er kaum mit drei bis vier Ver&#x017F;en zu Stan¬<lb/>
de &#x2014; jeden Abend ging er dann zu Philipp Rei¬<lb/>
&#x017F;ern, und ließ &#x017F;eine Ver&#x017F;e noch einmal de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Kritik paßiren, wobei &#x017F;ie denn zu&#x017F;ammen alle<lb/><hi rendition="#fr">Ba&#x0364;nde der Litteraturbriefe</hi> miteinander durch¬<lb/>
la&#x017F;en, und auch in die&#x017F;em Winter ihre Shake¬<lb/>
&#x017F;pearna&#x0364;chte wieder erneuerten. &#x2014;</p><lb/>
      <p>Im November war Rei&#x017F;er ohngefa&#x0364;hr mit der<lb/>
Ha&#x0364;lfte &#x017F;einer Rede fertig und ging damit zum<lb/>
Direktor, um &#x017F;ie ihm zur Kritik zu zeigen. &#x2014;<lb/>
Die&#x017F;er bezeigte ihm &#x017F;einen großen Beifall u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;eine Arbeit, ku&#x0364;ndigte ihm aber zugleich an, daß<lb/>
er die Rede nicht o&#x0364;ffentlich wu&#x0364;rde halten ko&#x0364;nnen,<lb/>
weil diß ver&#x017F;chiedene Ko&#x017F;ten erforderte, die Rei¬<lb/>
&#x017F;er wohl nicht wu&#x0364;rde aufbringen ko&#x0364;nnen. &#x2014; &#x2014;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">I 3<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0143] ihm zur ſorgfaͤltigſten Lektuͤre empfohlen — da ſtieß er denn auch unter andern auf die Rezen¬ ſion, wo Zachariaͤ's Ueberſetzung von Miltons verlohrnem Paradieſe, wegen der ſchlechten Hexameter, getadelt, und zugleich uͤber den Bau des Hexameters, ſeine Einſchnitte u. ſ. w. viel vortrefliches geſagt wird. — Diß faßte Reiſer auf, und ſuchte nun ſeinen Hexameter mit der groͤßten Sorgfalt auszufeilen. — Manchen Tag kam er kaum mit drei bis vier Verſen zu Stan¬ de — jeden Abend ging er dann zu Philipp Rei¬ ſern, und ließ ſeine Verſe noch einmal deſſen Kritik paßiren, wobei ſie denn zuſammen alle Baͤnde der Litteraturbriefe miteinander durch¬ laſen, und auch in dieſem Winter ihre Shake¬ ſpearnaͤchte wieder erneuerten. — Im November war Reiſer ohngefaͤhr mit der Haͤlfte ſeiner Rede fertig und ging damit zum Direktor, um ſie ihm zur Kritik zu zeigen. — Dieſer bezeigte ihm ſeinen großen Beifall uͤber ſeine Arbeit, kuͤndigte ihm aber zugleich an, daß er die Rede nicht oͤffentlich wuͤrde halten koͤnnen, weil diß verſchiedene Koſten erforderte, die Rei¬ ſer wohl nicht wuͤrde aufbringen koͤnnen. — — I 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/143
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/143>, abgerufen am 23.11.2024.