Wie es nun kam, daß er Reisern Reiserus nannte, mag der Himmel wissen, gnug er nann¬ te ihn so, und es schmeichelte Reisern nicht we¬ nig, auf die Weise seinen Nahmen zum ersten¬ mal in us umgetauft zu sehen. -- Da er mit die¬ ser Endigung der Nahmen immer die Idee von Würde und einer erstaunenswürdigen Gelehr¬ samkeit verknüpft hatte, und sich nun schon im Geiste den gelehrten und berühmten Neiserus nennen hörte.
Diese Benennung, womit er so zufälliger Weise von dem Direktor B. . . beehrt wurde, ist ihm nachher auch oft wieder eingefallen, und manchmal mit ein Sporn zum Fleiße gewesen; denn mit dem us an seinem Nahmen erwachte auf einmal die ganze Reihe von Vorstellungen, einmal ein berühmter Gelehrter zu werden, wie Erasmus Roterodamus, und andere, deren Lebensbeschrei¬ bungen er zum Theil gelesen, und ihre Bildnisse in Kupfer gestochen gesehen hatte.
Am Abend gieng er nun zu dem armen Schu¬ ster, und wurde wenigstens mit freundlichern Bli¬ cken, als von der Frau des Garnisonküsters, em¬ pfangen. Der Schuster Heidorn, so hieß sein
Wie es nun kam, daß er Reiſern Reiſerus nannte, mag der Himmel wiſſen, gnug er nann¬ te ihn ſo, und es ſchmeichelte Reiſern nicht we¬ nig, auf die Weiſe ſeinen Nahmen zum erſten¬ mal in us umgetauft zu ſehen. — Da er mit die¬ ſer Endigung der Nahmen immer die Idee von Wuͤrde und einer erſtaunenswuͤrdigen Gelehr¬ ſamkeit verknuͤpft hatte, und ſich nun ſchon im Geiſte den gelehrten und beruͤhmten Neiſerus nennen hoͤrte.
Dieſe Benennung, womit er ſo zufaͤlliger Weiſe von dem Direktor B. . . beehrt wurde, iſt ihm nachher auch oft wieder eingefallen, und manchmal mit ein Sporn zum Fleiße geweſen; denn mit dem us an ſeinem Nahmen erwachte auf einmal die ganze Reihe von Vorſtellungen, einmal ein beruͤhmter Gelehrter zu werden, wie Eraſmus Roterodamus, und andere, deren Lebensbeſchrei¬ bungen er zum Theil geleſen, und ihre Bildniſſe in Kupfer geſtochen geſehen hatte.
Am Abend gieng er nun zu dem armen Schu¬ ſter, und wurde wenigſtens mit freundlichern Bli¬ cken, als von der Frau des Garniſonkuͤſters, em¬ pfangen. Der Schuſter Heidorn, ſo hieß ſein
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Wie es nun kam, daß er Reiſern Reiſerus
nannte, mag der Himmel wiſſen, gnug er nann¬
te ihn ſo, und es ſchmeichelte Reiſern nicht we¬
nig, auf die Weiſe ſeinen Nahmen zum erſten¬
mal in us umgetauft zu ſehen. — Da er mit die¬
ſer Endigung der Nahmen immer die Idee von
Wuͤrde und einer erſtaunenswuͤrdigen Gelehr¬
ſamkeit verknuͤpft hatte, und ſich nun ſchon im
Geiſte den gelehrten und beruͤhmten Neiſerus
nennen hoͤrte.
Dieſe Benennung, womit er ſo zufaͤlliger
Weiſe von dem Direktor B. . . beehrt wurde, iſt
ihm nachher auch oft wieder eingefallen, und
manchmal mit ein Sporn zum Fleiße geweſen;
denn mit dem us an ſeinem Nahmen erwachte auf
einmal die ganze Reihe von Vorſtellungen, einmal
ein beruͤhmter Gelehrter zu werden, wie Eraſmus
Roterodamus, und andere, deren Lebensbeſchrei¬
bungen er zum Theil geleſen, und ihre Bildniſſe
in Kupfer geſtochen geſehen hatte.
Am Abend gieng er nun zu dem armen Schu¬
ſter, und wurde wenigſtens mit freundlichern Bli¬
cken, als von der Frau des Garniſonkuͤſters, em¬
pfangen. Der Schuſter Heidorn, ſo hieß ſein
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/41>, abgerufen am 16.02.2025.
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