Allein bei alle den glänzenden Scenen, die aus der Theaterwelt beständig seiner Phantasie vorschwebten, wurden seine äußern Umstände von Tage zu Tage schlechter -- Er verlohr immer mehr in der Achtung der Menschen, gerieth im¬ mer tiefer in Unordnung -- seine Kleidung und Wäsche wurden immer schlechter, so daß er am Ende Scheu trug, sich vor Menschen sehen zu lassen -- er versäumte daher so oft er konnte, die Schule und das Chor, und hungerte lieber, als daß er irgend einen seiner noch übrigen Frei¬ tische besucht hätte, ausgenommen den bei dem Schuster S. . ., wo er auch unter diesen mißli¬ chen Umständen noch immer gastfreundlich em¬ pfangen, und mit der liebreichsten Art bewirthet wurde. --
Da nun dem Rektor endlich Reisers inkorri¬ gible Unordnung, und insbesondre das immer¬ währende späte zu Hause kommen aus der Ko¬ mödie unausstehlich wurde, so sagte er ihm das Logis auf. --
Reiser hörte die Ankündigung des Rektors daß er zu Johanni ausziehen, und sich während der Zeit nach einem andern Logis umsehen sollte, mit
Allein bei alle den glaͤnzenden Scenen, die aus der Theaterwelt beſtaͤndig ſeiner Phantaſie vorſchwebten, wurden ſeine aͤußern Umſtaͤnde von Tage zu Tage ſchlechter — Er verlohr immer mehr in der Achtung der Menſchen, gerieth im¬ mer tiefer in Unordnung — ſeine Kleidung und Waͤſche wurden immer ſchlechter, ſo daß er am Ende Scheu trug, ſich vor Menſchen ſehen zu laſſen — er verſaͤumte daher ſo oft er konnte, die Schule und das Chor, und hungerte lieber, als daß er irgend einen ſeiner noch uͤbrigen Frei¬ tiſche beſucht haͤtte, ausgenommen den bei dem Schuſter S. . ., wo er auch unter dieſen mißli¬ chen Umſtaͤnden noch immer gaſtfreundlich em¬ pfangen, und mit der liebreichſten Art bewirthet wurde. —
Da nun dem Rektor endlich Reiſers inkorri¬ gible Unordnung, und insbeſondre das immer¬ waͤhrende ſpaͤte zu Hauſe kommen aus der Ko¬ moͤdie unausſtehlich wurde, ſo ſagte er ihm das Logis auf. —
Reiſer hoͤrte die Ankuͤndigung des Rektors daß er zu Johanni ausziehen, und ſich waͤhrend der Zeit nach einem andern Logis umſehen ſollte, mit
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Allein bei alle den glaͤnzenden Scenen, die
aus der Theaterwelt beſtaͤndig ſeiner Phantaſie
vorſchwebten, wurden ſeine aͤußern Umſtaͤnde von
Tage zu Tage ſchlechter — Er verlohr immer
mehr in der Achtung der Menſchen, gerieth im¬
mer tiefer in Unordnung — ſeine Kleidung und
Waͤſche wurden immer ſchlechter, ſo daß er am
Ende Scheu trug, ſich vor Menſchen ſehen zu
laſſen — er verſaͤumte daher ſo oft er konnte,
die Schule und das Chor, und hungerte lieber,
als daß er irgend einen ſeiner noch uͤbrigen Frei¬
tiſche beſucht haͤtte, ausgenommen den bei dem
Schuſter S. . ., wo er auch unter dieſen mißli¬
chen Umſtaͤnden noch immer gaſtfreundlich em¬
pfangen, und mit der liebreichſten Art bewirthet
wurde. —
Da nun dem Rektor endlich Reiſers inkorri¬
gible Unordnung, und insbeſondre das immer¬
waͤhrende ſpaͤte zu Hauſe kommen aus der Ko¬
moͤdie unausſtehlich wurde, ſo ſagte er ihm das
Logis auf. —
Reiſer hoͤrte die Ankuͤndigung des Rektors daß
er zu Johanni ausziehen, und ſich waͤhrend der
Zeit nach einem andern Logis umſehen ſollte, mit
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/176>, abgerufen am 15.08.2024.
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