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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.

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welche den Spott, womit man ihn überhäufte,
so beißend, wie möglich zu machen suchte --

Und ob nun gleich nicht er, sondern G...
die Rolle des sterbenden Sokrates in dem Nach¬
spiel gemacht hatte; so hies er doch von nun an
mit einem allgemeinen Spottnahmen der ster¬
bende Sokrates
, und verlohr diesen beinahe
nicht eher, bis diese ganze Generation nach und
nach die Schule verlassen hatte; noch ein Jahr
vorher, ehe er selbst die Schule verließ, war er
eine lange Zeit kränklich gewesen, und gar nicht
aus dem Hause gekommen, als er nun wieder
einer Komödie zusehen wollte, welche die Prima¬
ner damals aufführten, ließ man ihn zwar her¬
ein, aber man sahe ihn mit einem verächtlichen,
hönischen Blick an, und sagte: da ist der ster¬
bende Sokrates; so daß Reiser gleich umkehrte,
und traurig wieder zu Hause gieng. --

Sonst pflegt doch immer bei den Menschen
eine gewisse Gutmüthigkeit zu herrschen, daß sie
nur denjenigen zum Gegenstande ihres Spottes
machen, der gewissermaßen unempfindlich dage¬
gen ist; Sehen sie hingegen, daß einer durch den
Spott wirklich beleidigt und gekränkt wird, so

welche den Spott, womit man ihn uͤberhaͤufte,
ſo beißend, wie moͤglich zu machen ſuchte —

Und ob nun gleich nicht er, ſondern G...
die Rolle des ſterbenden Sokrates in dem Nach¬
ſpiel gemacht hatte; ſo hies er doch von nun an
mit einem allgemeinen Spottnahmen der ſter¬
bende Sokrates
, und verlohr dieſen beinahe
nicht eher, bis dieſe ganze Generation nach und
nach die Schule verlaſſen hatte; noch ein Jahr
vorher, ehe er ſelbſt die Schule verließ, war er
eine lange Zeit kraͤnklich geweſen, und gar nicht
aus dem Hauſe gekommen, als er nun wieder
einer Komoͤdie zuſehen wollte, welche die Prima¬
ner damals auffuͤhrten, ließ man ihn zwar her¬
ein, aber man ſahe ihn mit einem veraͤchtlichen,
hoͤniſchen Blick an, und ſagte: da iſt der ſter¬
bende Sokrates; ſo daß Reiſer gleich umkehrte,
und traurig wieder zu Hauſe gieng. —

Sonſt pflegt doch immer bei den Menſchen
eine gewiſſe Gutmuͤthigkeit zu herrſchen, daß ſie
nur denjenigen zum Gegenſtande ihres Spottes
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gen iſt; Sehen ſie hingegen, daß einer durch den
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[127/0137] welche den Spott, womit man ihn uͤberhaͤufte, ſo beißend, wie moͤglich zu machen ſuchte — Und ob nun gleich nicht er, ſondern G... die Rolle des ſterbenden Sokrates in dem Nach¬ ſpiel gemacht hatte; ſo hies er doch von nun an mit einem allgemeinen Spottnahmen der ſter¬ bende Sokrates, und verlohr dieſen beinahe nicht eher, bis dieſe ganze Generation nach und nach die Schule verlaſſen hatte; noch ein Jahr vorher, ehe er ſelbſt die Schule verließ, war er eine lange Zeit kraͤnklich geweſen, und gar nicht aus dem Hauſe gekommen, als er nun wieder einer Komoͤdie zuſehen wollte, welche die Prima¬ ner damals auffuͤhrten, ließ man ihn zwar her¬ ein, aber man ſahe ihn mit einem veraͤchtlichen, hoͤniſchen Blick an, und ſagte: da iſt der ſter¬ bende Sokrates; ſo daß Reiſer gleich umkehrte, und traurig wieder zu Hauſe gieng. — Sonſt pflegt doch immer bei den Menſchen eine gewiſſe Gutmuͤthigkeit zu herrſchen, daß ſie nur denjenigen zum Gegenſtande ihres Spottes machen, der gewiſſermaßen unempfindlich dage¬ gen iſt; Sehen ſie hingegen, daß einer durch den Spott wirklich beleidigt und gekraͤnkt wird, ſo

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/137>, abgerufen am 27.11.2024.