Arten als Heere gegeneinander anrücken, und nun mit zugemachten Augen den eisernen Ham¬ mer auf sie herabfallen ließ, und wem es traf, den trafs.
Wenn er Fliegen mit der Klappe todt schlug, so that er dieses mit einer Art von Feierlichkeit, indem er einer jeden mit einem Stücke Meßing, das er in der Hand hatte, vorher die Todten¬ glocke läutete. Das allergrößte Vergnügen machte es ihm, wenn er eine aus kleinen papier¬ nen Häusern erbauete Stadt verbrennen, und dann nachher mit feierlichem Ernst und Weh¬ muth den zurückgebliebenen Aschenhaufen be¬ trachten konnte.
Ja als in der Stadt, wo seine Eltern wohn¬ ten, einmal wirklich in der Nacht ein Haus ab¬ brannte, so empfand er bei allem Schreck eine Art von geheimen Wunsche, daß das Feuer nicht sobald gelöscht werden mögte.
Dieser Wunsch hatte nichts weniger als Schadenfreude zum Grunde, sondern entstand aus einer dunklen Ahndung von großen Verän¬ derungen, Auswanderungen und Revolutionen, wo alle Dinge eine ganz andre Gestalt bekom¬
C 3
Arten als Heere gegeneinander anruͤcken, und nun mit zugemachten Augen den eiſernen Ham¬ mer auf ſie herabfallen ließ, und wem es traf, den trafs.
Wenn er Fliegen mit der Klappe todt ſchlug, ſo that er dieſes mit einer Art von Feierlichkeit, indem er einer jeden mit einem Stuͤcke Meßing, das er in der Hand hatte, vorher die Todten¬ glocke laͤutete. Das allergroͤßte Vergnuͤgen machte es ihm, wenn er eine aus kleinen papier¬ nen Haͤuſern erbauete Stadt verbrennen, und dann nachher mit feierlichem Ernſt und Weh¬ muth den zuruͤckgebliebenen Aſchenhaufen be¬ trachten konnte.
Ja als in der Stadt, wo ſeine Eltern wohn¬ ten, einmal wirklich in der Nacht ein Haus ab¬ brannte, ſo empfand er bei allem Schreck eine Art von geheimen Wunſche, daß das Feuer nicht ſobald geloͤſcht werden moͤgte.
Dieſer Wunſch hatte nichts weniger als Schadenfreude zum Grunde, ſondern entſtand aus einer dunklen Ahndung von großen Veraͤn¬ derungen, Auswanderungen und Revolutionen, wo alle Dinge eine ganz andre Geſtalt bekom¬
C 3
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0047"n="37"/>
Arten als Heere gegeneinander anruͤcken, und<lb/>
nun mit zugemachten Augen den eiſernen Ham¬<lb/>
mer auf ſie herabfallen ließ, und wem es traf,<lb/>
den trafs.</p><lb/><p>Wenn er Fliegen mit der Klappe todt ſchlug,<lb/>ſo that er dieſes mit einer Art von Feierlichkeit,<lb/>
indem er einer jeden mit einem Stuͤcke Meßing,<lb/>
das er in der Hand hatte, vorher die Todten¬<lb/>
glocke laͤutete. Das allergroͤßte Vergnuͤgen<lb/>
machte es ihm, wenn er eine aus kleinen papier¬<lb/>
nen Haͤuſern erbauete Stadt verbrennen, und<lb/>
dann nachher mit feierlichem Ernſt und Weh¬<lb/>
muth den zuruͤckgebliebenen Aſchenhaufen be¬<lb/>
trachten konnte.</p><lb/><p>Ja als in der Stadt, wo ſeine Eltern wohn¬<lb/>
ten, einmal wirklich in der Nacht ein Haus ab¬<lb/>
brannte, ſo empfand er bei allem Schreck eine<lb/>
Art von geheimen Wunſche, daß das Feuer nicht<lb/>ſobald geloͤſcht werden moͤgte.</p><lb/><p>Dieſer Wunſch hatte nichts weniger als<lb/>
Schadenfreude zum Grunde, ſondern entſtand<lb/>
aus einer dunklen Ahndung von großen Veraͤn¬<lb/>
derungen, Auswanderungen und Revolutionen,<lb/>
wo alle Dinge eine ganz andre Geſtalt bekom¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 3<lb/></fw></p></body></text></TEI>
[37/0047]
Arten als Heere gegeneinander anruͤcken, und
nun mit zugemachten Augen den eiſernen Ham¬
mer auf ſie herabfallen ließ, und wem es traf,
den trafs.
Wenn er Fliegen mit der Klappe todt ſchlug,
ſo that er dieſes mit einer Art von Feierlichkeit,
indem er einer jeden mit einem Stuͤcke Meßing,
das er in der Hand hatte, vorher die Todten¬
glocke laͤutete. Das allergroͤßte Vergnuͤgen
machte es ihm, wenn er eine aus kleinen papier¬
nen Haͤuſern erbauete Stadt verbrennen, und
dann nachher mit feierlichem Ernſt und Weh¬
muth den zuruͤckgebliebenen Aſchenhaufen be¬
trachten konnte.
Ja als in der Stadt, wo ſeine Eltern wohn¬
ten, einmal wirklich in der Nacht ein Haus ab¬
brannte, ſo empfand er bei allem Schreck eine
Art von geheimen Wunſche, daß das Feuer nicht
ſobald geloͤſcht werden moͤgte.
Dieſer Wunſch hatte nichts weniger als
Schadenfreude zum Grunde, ſondern entſtand
aus einer dunklen Ahndung von großen Veraͤn¬
derungen, Auswanderungen und Revolutionen,
wo alle Dinge eine ganz andre Geſtalt bekom¬
C 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/47>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.