Und so bald er nur mit seiner Mutter allein war, was konnte er wohl anders thun als ihr von dem Pastor P. . . erzählen? -- Sie hatte ohnedem eine unbegrenzte Ehrfurcht gegen alles Priesterliche, und konnte mit Anton recht gut in seinen Gefühlen für den Pastor P. . . sympathisiren. -- O! welche selige Stunden waren das, da Anton so sein Herz ausschütten, und Stundenlang von dem Manne sprechen konnte, gegen den er, unter allen Menschen auf Erden, die meiste Liebe und Achtung hatte.
Er hörte nun die H...schen Prediger, aber welch ein Abstand! unter allen fand er keinen P. . ., einen ausgenommen Nahmens N..., der wenn er im heftigen Affekt sprach, einige Aehn¬ lichkeit mit ihm hatte. --
Kein Prediger konnte bei Anton Beifall fin¬ den, wenn er nicht wenigstens so geschwind, wie der Pastor P. . . sprach, -- und ich weiß nicht, wenn der Prediger als Redner betrachtet wird, ob er denn so ganz unrecht hatte? -- der Lehrer muß langsam, der Redner muß geschwind spre¬ chen. -- Der Lehrer soll allmälig den Verstand erleuchten, der Redner unwiderstehlich in das
Herz
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Und ſo bald er nur mit ſeiner Mutter allein war, was konnte er wohl anders thun als ihr von dem Paſtor P. . . erzaͤhlen? — Sie hatte ohnedem eine unbegrenzte Ehrfurcht gegen alles Prieſterliche, und konnte mit Anton recht gut in ſeinen Gefuͤhlen fuͤr den Paſtor P. . . ſympathiſiren. — O! welche ſelige Stunden waren das, da Anton ſo ſein Herz ausſchuͤtten, und Stundenlang von dem Manne ſprechen konnte, gegen den er, unter allen Menſchen auf Erden, die meiſte Liebe und Achtung hatte.
Er hoͤrte nun die H...ſchen Prediger, aber welch ein Abſtand! unter allen fand er keinen P. . ., einen ausgenommen Nahmens N..., der wenn er im heftigen Affekt ſprach, einige Aehn¬ lichkeit mit ihm hatte. —
Kein Prediger konnte bei Anton Beifall fin¬ den, wenn er nicht wenigſtens ſo geſchwind, wie der Paſtor P. . . ſprach, — und ich weiß nicht, wenn der Prediger als Redner betrachtet wird, ob er denn ſo ganz unrecht hatte? — der Lehrer muß langſam, der Redner muß geſchwind ſpre¬ chen. — Der Lehrer ſoll allmaͤlig den Verſtand erleuchten, der Redner unwiderſtehlich in das
Herz
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Und ſo bald er nur mit ſeiner Mutter
allein war, was konnte er wohl anders thun
als ihr von dem Paſtor P. . . erzaͤhlen? — Sie
hatte ohnedem eine unbegrenzte Ehrfurcht gegen
alles Prieſterliche, und konnte mit Anton recht
gut in ſeinen Gefuͤhlen fuͤr den Paſtor P. . .
ſympathiſiren. — O! welche ſelige Stunden
waren das, da Anton ſo ſein Herz ausſchuͤtten,
und Stundenlang von dem Manne ſprechen
konnte, gegen den er, unter allen Menſchen auf
Erden, die meiſte Liebe und Achtung hatte.
Er hoͤrte nun die H...ſchen Prediger, aber
welch ein Abſtand! unter allen fand er keinen
P. . ., einen ausgenommen Nahmens N..., der
wenn er im heftigen Affekt ſprach, einige Aehn¬
lichkeit mit ihm hatte. —
Kein Prediger konnte bei Anton Beifall fin¬
den, wenn er nicht wenigſtens ſo geſchwind, wie
der Paſtor P. . . ſprach, — und ich weiß nicht,
wenn der Prediger als Redner betrachtet wird,
ob er denn ſo ganz unrecht hatte? — der Lehrer
muß langſam, der Redner muß geſchwind ſpre¬
chen. — Der Lehrer ſoll allmaͤlig den Verſtand
erleuchten, der Redner unwiderſtehlich in das
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/173>, abgerufen am 17.06.2024.
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