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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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trachtete Anton den neustädtischen Thurm, und
seine Glockenliebe erwachte auf einmal wieder. --

Er sahe sich nun wieder in den Mauern von
H. . . und alles war ihm neu -- seine Eltern
hatten eine andre kleinere und dunklere Woh¬
nung auf einer abgelegenen Straße bezogen --
das war ihm alles so fremd, indem er die Treppen
hinaufstieg, als ob er da unmöglich zu Hause
gehören könne. --

Allein so kalt und abschreckend das Betragen
seines Vaters gegen ihn gewesen war, so laut
und ausbrechend war itzt die Freude, womit
ihm seine Mutter und Brüder entgegen eilten,
die seine von Frost aufgesprungen Hände besa¬
hen, und von denen er nun zum erstenmal wieder
bedauert wurde.

Als er am andern Tage ausging, besuchte
er alle die bekannten Plätze, wo er sonst gespielt
hatte -- es war ihm, als sey er während der
Zeit alt geworden, und als wollte er sich nun
an die Jahre seiner Tugend zurück erinnern --
ihm begegnete ein Trupp seiner ehemaligen Mit¬
schüler und Spielkameraden, die ihm alle die
Hände drückten, und sich über seine Wiederkunft
freueten.

trachtete Anton den neuſtaͤdtiſchen Thurm, und
ſeine Glockenliebe erwachte auf einmal wieder. —

Er ſahe ſich nun wieder in den Mauern von
H. . . und alles war ihm neu — ſeine Eltern
hatten eine andre kleinere und dunklere Woh¬
nung auf einer abgelegenen Straße bezogen —
das war ihm alles ſo fremd, indem er die Treppen
hinaufſtieg, als ob er da unmoͤglich zu Hauſe
gehoͤren koͤnne. —

Allein ſo kalt und abſchreckend das Betragen
ſeines Vaters gegen ihn geweſen war, ſo laut
und ausbrechend war itzt die Freude, womit
ihm ſeine Mutter und Bruͤder entgegen eilten,
die ſeine von Froſt aufgeſprungen Haͤnde beſa¬
hen, und von denen er nun zum erſtenmal wieder
bedauert wurde.

Als er am andern Tage ausging, beſuchte
er alle die bekannten Plaͤtze, wo er ſonſt geſpielt
hatte — es war ihm, als ſey er waͤhrend der
Zeit alt geworden, und als wollte er ſich nun
an die Jahre ſeiner Tugend zuruͤck erinnern —
ihm begegnete ein Trupp ſeiner ehemaligen Mit¬
ſchuͤler und Spielkameraden, die ihm alle die
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[162/0172] trachtete Anton den neuſtaͤdtiſchen Thurm, und ſeine Glockenliebe erwachte auf einmal wieder. — Er ſahe ſich nun wieder in den Mauern von H. . . und alles war ihm neu — ſeine Eltern hatten eine andre kleinere und dunklere Woh¬ nung auf einer abgelegenen Straße bezogen — das war ihm alles ſo fremd, indem er die Treppen hinaufſtieg, als ob er da unmoͤglich zu Hauſe gehoͤren koͤnne. — Allein ſo kalt und abſchreckend das Betragen ſeines Vaters gegen ihn geweſen war, ſo laut und ausbrechend war itzt die Freude, womit ihm ſeine Mutter und Bruͤder entgegen eilten, die ſeine von Froſt aufgeſprungen Haͤnde beſa¬ hen, und von denen er nun zum erſtenmal wieder bedauert wurde. Als er am andern Tage ausging, beſuchte er alle die bekannten Plaͤtze, wo er ſonſt geſpielt hatte — es war ihm, als ſey er waͤhrend der Zeit alt geworden, und als wollte er ſich nun an die Jahre ſeiner Tugend zuruͤck erinnern — ihm begegnete ein Trupp ſeiner ehemaligen Mit¬ ſchuͤler und Spielkameraden, die ihm alle die Haͤnde druͤckten, und ſich uͤber ſeine Wiederkunft freueten.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/172>, abgerufen am 23.11.2024.