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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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Anton fing wieder an, des Sonntags für
sich allein spatzieren zu gehen, und einmal
fügte es sich, daß er, ohne es erst selbst zu wis¬
sen, gerade an das Thor kam, wo er vor ohn¬
gefähr anderthalb Jahren mit seinem Vater zu¬
erst von H. . . eingewandert war. Er konnte
sich nicht enthalten, hinaus zu gehn, und die mit
Weiden bepflanzte breite Heerstraße zu verfol¬
gen, die er damals gekommen war. Sonder¬
bare Empfindungen entwickelten sich dabei in sei¬
ner Seele. -- Sein ganzes Leben von jener
Zeit an -- da er zuerst die Schildwache auf
dem hohen Walle hin und hergehend erblickte,
und sich allerlei Vorstellungen machte, wie nun
wohl die Stadt inwendig aussehen, und wie das
L. . .sche Haus beschaffen seyn würde?-- stand
jetzt auf einmal in seiner Erinnerung da. -- Es
war ihm, als ob er aus einem Traume erwach¬
te -- und nun wieder auf dem Flecke wäre, wo
der Traum anhub; -- alle die abwechselnden Sce¬
nen seines Lebens, die er diese anderthalb Jahre
hindurch in B. . . gehabt hatte, drängten sich
dicht ineinander, und die einzelnen Bilder schie¬
nen sich nach einem größern Maßstabe, dem seine
Seele auf einmal erhielt, zu verkleinern.--

So

Anton fing wieder an, des Sonntags fuͤr
ſich allein ſpatzieren zu gehen, und einmal
fuͤgte es ſich, daß er, ohne es erſt ſelbſt zu wiſ¬
ſen, gerade an das Thor kam, wo er vor ohn¬
gefaͤhr anderthalb Jahren mit ſeinem Vater zu¬
erſt von H. . . eingewandert war. Er konnte
ſich nicht enthalten, hinaus zu gehn, und die mit
Weiden bepflanzte breite Heerſtraße zu verfol¬
gen, die er damals gekommen war. Sonder¬
bare Empfindungen entwickelten ſich dabei in ſei¬
ner Seele. — Sein ganzes Leben von jener
Zeit an — da er zuerſt die Schildwache auf
dem hohen Walle hin und hergehend erblickte,
und ſich allerlei Vorſtellungen machte, wie nun
wohl die Stadt inwendig ausſehen, und wie das
L. . .ſche Haus beſchaffen ſeyn wuͤrde?— ſtand
jetzt auf einmal in ſeiner Erinnerung da. — Es
war ihm, als ob er aus einem Traume erwach¬
te — und nun wieder auf dem Flecke waͤre, wo
der Traum anhub; — alle die abwechſelnden Sce¬
nen ſeines Lebens, die er dieſe anderthalb Jahre
hindurch in B. . . gehabt hatte, draͤngten ſich
dicht ineinander, und die einzelnen Bilder ſchie¬
nen ſich nach einem groͤßern Maßſtabe, dem ſeine
Seele auf einmal erhielt, zu verkleinern.—

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[139/0149] Anton fing wieder an, des Sonntags fuͤr ſich allein ſpatzieren zu gehen, und einmal fuͤgte es ſich, daß er, ohne es erſt ſelbſt zu wiſ¬ ſen, gerade an das Thor kam, wo er vor ohn¬ gefaͤhr anderthalb Jahren mit ſeinem Vater zu¬ erſt von H. . . eingewandert war. Er konnte ſich nicht enthalten, hinaus zu gehn, und die mit Weiden bepflanzte breite Heerſtraße zu verfol¬ gen, die er damals gekommen war. Sonder¬ bare Empfindungen entwickelten ſich dabei in ſei¬ ner Seele. — Sein ganzes Leben von jener Zeit an — da er zuerſt die Schildwache auf dem hohen Walle hin und hergehend erblickte, und ſich allerlei Vorſtellungen machte, wie nun wohl die Stadt inwendig ausſehen, und wie das L. . .ſche Haus beſchaffen ſeyn wuͤrde?— ſtand jetzt auf einmal in ſeiner Erinnerung da. — Es war ihm, als ob er aus einem Traume erwach¬ te — und nun wieder auf dem Flecke waͤre, wo der Traum anhub; — alle die abwechſelnden Sce¬ nen ſeines Lebens, die er dieſe anderthalb Jahre hindurch in B. . . gehabt hatte, draͤngten ſich dicht ineinander, und die einzelnen Bilder ſchie¬ nen ſich nach einem groͤßern Maßſtabe, dem ſeine Seele auf einmal erhielt, zu verkleinern.— So

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/149>, abgerufen am 23.11.2024.