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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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Weh dir, der du gewissenlos
Gott, deinen Herrn verläugnet!
Was trägst du deine Stirne blos,
Die schwarzer Meineid zeichnet? --
Mit dieser Stirne logst du Gott,
Sein heilger Nahme war dir Spott,
Wie tief bist du gefallen!
Weh dir, vor Gottes Angesicht
Tritst du -- er kennet deiner nicht --
Unglücklichster von allen,
Die einer Mutter Brust gesäugt --
Verzweifle nicht -- vielleicht, vielleicht,
Daß einst nach deiner Thränen Menge.
Die Flamm' in deinem Busen löscht,
Und Reue, mit der Jahre Länge,
Die Schuld von deiner Seele wäscht.
Der du die Frevelthat begannst,
O gieb, wenn du noch weinen kannst,
Die Hoffnung nicht verlohren --
Gott wendet noch sein Angesicht,
Er will den Tod des Sünders nicht,
Sein Mund hat es geschworen. --

Diese Worte, mit öftern Pausen, und
dem erhabensten Pathos gesprochen, thaten
eine unglaubliche Wirkung. -- Man athmete,

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Weh dir, der du gewiſſenlos
Gott, deinen Herrn verlaͤugnet!
Was traͤgſt du deine Stirne blos,
Die ſchwarzer Meineid zeichnet? —
Mit dieſer Stirne logſt du Gott,
Sein heilger Nahme war dir Spott,
Wie tief biſt du gefallen!
Weh dir, vor Gottes Angeſicht
Tritſt du — er kennet deiner nicht —
Ungluͤcklichſter von allen,
Die einer Mutter Bruſt geſaͤugt —
Verzweifle nicht — vielleicht, vielleicht,
Daß einſt nach deiner Thraͤnen Menge.
Die Flamm' in deinem Buſen loͤſcht,
Und Reue, mit der Jahre Laͤnge,
Die Schuld von deiner Seele waͤſcht.
Der du die Frevelthat begannſt,
O gieb, wenn du noch weinen kannſt,
Die Hoffnung nicht verlohren —
Gott wendet noch ſein Angeſicht,
Er will den Tod des Suͤnders nicht,
Sein Mund hat es geſchworen. —

Dieſe Worte, mit oͤftern Pauſen, und
dem erhabenſten Pathos geſprochen, thaten
eine unglaubliche Wirkung. — Man athmete,

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[119/0129] Weh dir, der du gewiſſenlos Gott, deinen Herrn verlaͤugnet! Was traͤgſt du deine Stirne blos, Die ſchwarzer Meineid zeichnet? — Mit dieſer Stirne logſt du Gott, Sein heilger Nahme war dir Spott, Wie tief biſt du gefallen! Weh dir, vor Gottes Angeſicht Tritſt du — er kennet deiner nicht — Ungluͤcklichſter von allen, Die einer Mutter Bruſt geſaͤugt — Verzweifle nicht — vielleicht, vielleicht, Daß einſt nach deiner Thraͤnen Menge. Die Flamm' in deinem Buſen loͤſcht, Und Reue, mit der Jahre Laͤnge, Die Schuld von deiner Seele waͤſcht. Der du die Frevelthat begannſt, O gieb, wenn du noch weinen kannſt, Die Hoffnung nicht verlohren — Gott wendet noch ſein Angeſicht, Er will den Tod des Suͤnders nicht, Sein Mund hat es geſchworen. — Dieſe Worte, mit oͤftern Pauſen, und dem erhabenſten Pathos geſprochen, thaten eine unglaubliche Wirkung. — Man athmete, da H 4

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/129>, abgerufen am 23.11.2024.