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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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lagerung der Stadt, an die allgemeine Gefahr
zurück, wo die Noth alle gleich machte, und
brüderliche Eintracht herrschte; wo den üppigen
Einwohnern, statt ihrer jetzo unter der Last der
Schüsseln seufzenden Tische, Hunger und Theu¬
rung, statt ihrer Armbänder und Geschmeide,
Fesseln drohten. -- Anton glaubte einen der
Propheten zu hören, der im heiligen Eifer das
Volk Israel strafte, und die Stadt Jerusalem
wegen ihrer Verbrechen schalt. --

Anton ging aus der Kirche nach Hause, und
sagte zu August kein Wort; aber er dachte von
nun an, wo er ging und stund, nichts als den
Pastor P. . . Von diesem träumete er des
Nachts, und sprach von ihm bei Tage; sein Bild,
seine Mine, und jede seiner Bewegungen hat¬
ten sich tief in Antons Seele eingeprägt. -- Beim
Wollekratzen in der Werkstatt, und beim Hüte¬
waschen beschäftigte er sich die ganze Woche über
mit den entzückenden Gedanken an die Predigt
des Pastor P. . ., und wiederholte sich jeden
Ausdruck, der ihn erschüttert, oder zu Thränen
gerührt hatte, zu unzähligen malen. Seine
Einbildungskraft schuf sich dann die alte maje¬

stätische

lagerung der Stadt, an die allgemeine Gefahr
zuruͤck, wo die Noth alle gleich machte, und
bruͤderliche Eintracht herrſchte; wo den uͤppigen
Einwohnern, ſtatt ihrer jetzo unter der Laſt der
Schuͤſſeln ſeufzenden Tiſche, Hunger und Theu¬
rung, ſtatt ihrer Armbaͤnder und Geſchmeide,
Feſſeln drohten. — Anton glaubte einen der
Propheten zu hoͤren, der im heiligen Eifer das
Volk Iſrael ſtrafte, und die Stadt Jeruſalem
wegen ihrer Verbrechen ſchalt. —

Anton ging aus der Kirche nach Hauſe, und
ſagte zu Auguſt kein Wort; aber er dachte von
nun an, wo er ging und ſtund, nichts als den
Paſtor P. . . Von dieſem traͤumete er des
Nachts, und ſprach von ihm bei Tage; ſein Bild,
ſeine Mine, und jede ſeiner Bewegungen hat¬
ten ſich tief in Antons Seele eingepraͤgt. — Beim
Wollekratzen in der Werkſtatt, und beim Huͤte¬
waſchen beſchaͤftigte er ſich die ganze Woche uͤber
mit den entzuͤckenden Gedanken an die Predigt
des Paſtor P. . ., und wiederholte ſich jeden
Ausdruck, der ihn erſchuͤttert, oder zu Thraͤnen
geruͤhrt hatte, zu unzaͤhligen malen. Seine
Einbildungskraft ſchuf ſich dann die alte maje¬

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[116/0126] lagerung der Stadt, an die allgemeine Gefahr zuruͤck, wo die Noth alle gleich machte, und bruͤderliche Eintracht herrſchte; wo den uͤppigen Einwohnern, ſtatt ihrer jetzo unter der Laſt der Schuͤſſeln ſeufzenden Tiſche, Hunger und Theu¬ rung, ſtatt ihrer Armbaͤnder und Geſchmeide, Feſſeln drohten. — Anton glaubte einen der Propheten zu hoͤren, der im heiligen Eifer das Volk Iſrael ſtrafte, und die Stadt Jeruſalem wegen ihrer Verbrechen ſchalt. — Anton ging aus der Kirche nach Hauſe, und ſagte zu Auguſt kein Wort; aber er dachte von nun an, wo er ging und ſtund, nichts als den Paſtor P. . . Von dieſem traͤumete er des Nachts, und ſprach von ihm bei Tage; ſein Bild, ſeine Mine, und jede ſeiner Bewegungen hat¬ ten ſich tief in Antons Seele eingepraͤgt. — Beim Wollekratzen in der Werkſtatt, und beim Huͤte¬ waſchen beſchaͤftigte er ſich die ganze Woche uͤber mit den entzuͤckenden Gedanken an die Predigt des Paſtor P. . ., und wiederholte ſich jeden Ausdruck, der ihn erſchuͤttert, oder zu Thraͤnen geruͤhrt hatte, zu unzaͤhligen malen. Seine Einbildungskraft ſchuf ſich dann die alte maje¬ ſtaͤtiſche

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/126>, abgerufen am 09.11.2024.