Das war wirklich ein Donnerschlag für An¬ tou -- aber er prüfte sich, und verglich seinen jetzigen Zustand mit dem vorhergehenden, und es war ihm unmöglich, irgend einen Unterschied dazwischen zu entdecken; er hatte noch eben so oft, eingebildete göttliche Rührungen und Em¬ pfindungen, wie sonst; er konnte sich nicht über¬ zeugen, daß er ganz aus der Gnade gefallen, und von Gott verworfen seyn sollte. Er fing an der Wahrheit des Orakelspruchs von dem Hrn. v. F. an zu zweifeln.
Dadurch verlohr sich seine Niedergeschlagen¬ heit wieder, die ihm sonst vielleicht aufs neue den Weg zu der Gunst des Hrn. L. . . würde gebahnt haben, dessen Freundschaft er nun durch seine fortgesetzten vergnügten Mienen vollends ver¬ scherzte.
Die erste Folge davon war, daß ihn L. . . aus seiner Kammer entfernte, und er wieder bei dem andern Lehrburschen schlafen mußte, der nun anfing wieder sein Freund zu werden, weil er ihn nicht mehr beneidete; die andre, daß er wie¬
er ſchwerlich wieder zerſtoͤrt werden koͤnnen. —
Das war wirklich ein Donnerſchlag fuͤr An¬ tou — aber er pruͤfte ſich, und verglich ſeinen jetzigen Zuſtand mit dem vorhergehenden, und es war ihm unmoͤglich, irgend einen Unterſchied dazwiſchen zu entdecken; er hatte noch eben ſo oft, eingebildete goͤttliche Ruͤhrungen und Em¬ pfindungen, wie ſonſt; er konnte ſich nicht uͤber¬ zeugen, daß er ganz aus der Gnade gefallen, und von Gott verworfen ſeyn ſollte. Er fing an der Wahrheit des Orakelſpruchs von dem Hrn. v. F. an zu zweifeln.
Dadurch verlohr ſich ſeine Niedergeſchlagen¬ heit wieder, die ihm ſonſt vielleicht aufs neue den Weg zu der Gunſt des Hrn. L. . . wuͤrde gebahnt haben, deſſen Freundſchaft er nun durch ſeine fortgeſetzten vergnuͤgten Mienen vollends ver¬ ſcherzte.
Die erſte Folge davon war, daß ihn L. . . aus ſeiner Kammer entfernte, und er wieder bei dem andern Lehrburſchen ſchlafen mußte, der nun anfing wieder ſein Freund zu werden, weil er ihn nicht mehr beneidete; die andre, daß er wie¬
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0116"n="106"/><hirendition="#fr">er ſchwerlich wieder zerſtoͤrt werden<lb/>
koͤnnen</hi>. —</p><lb/><p>Das war wirklich ein Donnerſchlag fuͤr An¬<lb/>
tou — aber er pruͤfte ſich, und verglich ſeinen<lb/>
jetzigen Zuſtand mit dem vorhergehenden, und<lb/>
es war ihm unmoͤglich, irgend einen Unterſchied<lb/>
dazwiſchen zu entdecken; er hatte noch eben ſo<lb/>
oft, eingebildete goͤttliche Ruͤhrungen und Em¬<lb/>
pfindungen, wie ſonſt; er konnte ſich nicht uͤber¬<lb/>
zeugen, daß er ganz aus der Gnade gefallen,<lb/>
und von Gott verworfen ſeyn ſollte. Er fing an<lb/>
der Wahrheit des Orakelſpruchs von dem Hrn.<lb/>
v. F. an zu zweifeln.</p><lb/><p>Dadurch verlohr ſich ſeine Niedergeſchlagen¬<lb/>
heit wieder, die ihm ſonſt vielleicht aufs neue den<lb/>
Weg zu der Gunſt des Hrn. L. . . wuͤrde gebahnt<lb/>
haben, deſſen Freundſchaft er nun durch ſeine<lb/>
fortgeſetzten vergnuͤgten Mienen vollends ver¬<lb/>ſcherzte.</p><lb/><p>Die erſte Folge davon war, daß ihn L. . . aus<lb/>ſeiner Kammer entfernte, und er wieder bei dem<lb/>
andern Lehrburſchen ſchlafen mußte, der nun<lb/>
anfing wieder ſein Freund zu werden, weil er<lb/>
ihn nicht mehr beneidete; die andre, daß er wie¬<lb/></p></body></text></TEI>
[106/0116]
er ſchwerlich wieder zerſtoͤrt werden
koͤnnen. —
Das war wirklich ein Donnerſchlag fuͤr An¬
tou — aber er pruͤfte ſich, und verglich ſeinen
jetzigen Zuſtand mit dem vorhergehenden, und
es war ihm unmoͤglich, irgend einen Unterſchied
dazwiſchen zu entdecken; er hatte noch eben ſo
oft, eingebildete goͤttliche Ruͤhrungen und Em¬
pfindungen, wie ſonſt; er konnte ſich nicht uͤber¬
zeugen, daß er ganz aus der Gnade gefallen,
und von Gott verworfen ſeyn ſollte. Er fing an
der Wahrheit des Orakelſpruchs von dem Hrn.
v. F. an zu zweifeln.
Dadurch verlohr ſich ſeine Niedergeſchlagen¬
heit wieder, die ihm ſonſt vielleicht aufs neue den
Weg zu der Gunſt des Hrn. L. . . wuͤrde gebahnt
haben, deſſen Freundſchaft er nun durch ſeine
fortgeſetzten vergnuͤgten Mienen vollends ver¬
ſcherzte.
Die erſte Folge davon war, daß ihn L. . . aus
ſeiner Kammer entfernte, und er wieder bei dem
andern Lehrburſchen ſchlafen mußte, der nun
anfing wieder ſein Freund zu werden, weil er
ihn nicht mehr beneidete; die andre, daß er wie¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/116>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.