konnte, was es für eine Nummer sey: und wenn er denn eben so, und oft noch geschwinder, als die erwachsenen Leute, diese Nummer in seinem Gesangbuche aufschlagen, und nun mitsingen konnte. --
Die Zuneigung des Hrn. L. . . gegen Anton schien itzt immer größer zu werden, jemehr die¬ ser nach seiner geistlichen Führung ein Verlan¬ gen bezeigte. -- Er ließ ihn oft bis um Mitter¬ nacht an den Gesprächen mit seinen vertraute¬ sten Freunden Theil nehmen, mit denen er sich gemeiniglich über seine und anderer Erscheinun¬ gen zu unterhalten pflegte, welche zuweilen so schaudervoll waren, daß Anton mit berganstehen¬ dem Haare zuhorchte. Gemeiniglich wurde erst spät zu Bett gegangen. Und wenn der Abend mit solchen Gesprächen zugebracht war, so pflegte L. . . am folgenden Morgen beim Aufstehen wohl zu fragen, ob Anton die Nacht nichts vernom¬ men, nichts in der Kammer gehen gehört habe?
Manchmal unterhielt sich auch L. . . des Abends mit Anton allein, und sie lasen dann zusammen etwa in den Schriften des Taulerus, Johan¬ nes vom Kreuz, und ähnlichen Büchern. --
G 2
konnte, was es fuͤr eine Nummer ſey: und wenn er denn eben ſo, und oft noch geſchwinder, als die erwachſenen Leute, dieſe Nummer in ſeinem Geſangbuche aufſchlagen, und nun mitſingen konnte. —
Die Zuneigung des Hrn. L. . . gegen Anton ſchien itzt immer groͤßer zu werden, jemehr die¬ ſer nach ſeiner geiſtlichen Fuͤhrung ein Verlan¬ gen bezeigte. — Er ließ ihn oft bis um Mitter¬ nacht an den Geſpraͤchen mit ſeinen vertraute¬ ſten Freunden Theil nehmen, mit denen er ſich gemeiniglich uͤber ſeine und anderer Erſcheinun¬ gen zu unterhalten pflegte, welche zuweilen ſo ſchaudervoll waren, daß Anton mit berganſtehen¬ dem Haare zuhorchte. Gemeiniglich wurde erſt ſpaͤt zu Bett gegangen. Und wenn der Abend mit ſolchen Geſpraͤchen zugebracht war, ſo pflegte L. . . am folgenden Morgen beim Aufſtehen wohl zu fragen, ob Anton die Nacht nichts vernom¬ men, nichts in der Kammer gehen gehoͤrt habe?
Manchmal unterhielt ſich auch L. . . des Abends mit Anton allein, und ſie laſen dann zuſammen etwa in den Schriften des Taulerus, Johan¬ nes vom Kreuz, und aͤhnlichen Buͤchern. —
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konnte, was es fuͤr eine Nummer ſey: und wenn
er denn eben ſo, und oft noch geſchwinder, als
die erwachſenen Leute, dieſe Nummer in ſeinem
Geſangbuche aufſchlagen, und nun mitſingen
konnte. —
Die Zuneigung des Hrn. L. . . gegen Anton
ſchien itzt immer groͤßer zu werden, jemehr die¬
ſer nach ſeiner geiſtlichen Fuͤhrung ein Verlan¬
gen bezeigte. — Er ließ ihn oft bis um Mitter¬
nacht an den Geſpraͤchen mit ſeinen vertraute¬
ſten Freunden Theil nehmen, mit denen er ſich
gemeiniglich uͤber ſeine und anderer Erſcheinun¬
gen zu unterhalten pflegte, welche zuweilen ſo
ſchaudervoll waren, daß Anton mit berganſtehen¬
dem Haare zuhorchte. Gemeiniglich wurde erſt
ſpaͤt zu Bett gegangen. Und wenn der Abend
mit ſolchen Geſpraͤchen zugebracht war, ſo pflegte
L. . . am folgenden Morgen beim Aufſtehen wohl
zu fragen, ob Anton die Nacht nichts vernom¬
men, nichts in der Kammer gehen gehoͤrt habe?
Manchmal unterhielt ſich auch L. . . des Abends
mit Anton allein, und ſie laſen dann zuſammen
etwa in den Schriften des Taulerus, Johan¬
nes vom Kreuz, und aͤhnlichen Buͤchern. —
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/109>, abgerufen am 17.06.2024.
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