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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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heit waren sogleich bei der Bildung und Entste-
hung des Menschen miteinander im Kampfe.

Prometheus duldete nun an den Felsen ge-
schmiedet, in seiner Person, die Qualen des
Menschengeschlechts, das ihm seine Bildung dank-
te; die immerwährende Unruhe, und die rastlose
stets unbefriedigte Begier der Sterblichen. -- Es
ist der vom Jupiter gesandte Geier, der dem Pro-
metheus an der immer wieder wachsenden Leber,
dem Sitz der Begierden, nagt.

So ist dieser Dulder für die Menschheit abge-
bildet, die Hände auf den Rücken gefesselt,
sitzend, an den Felsen geschmiedet mit dem Geier
auf dem Knie. --

Die vier Abbildungen auf der hier beigefügten
Kupfertafel, geben einen vollständigen Ueberblick
von dieser Dichtung der Alten: Prometheus bil-
det den Menschen; er raubt die ätherische Flam-
me; Pandora, sitzend, eröfnet die Büchse, wor-
aus das Unglück über die Menschen kömmt; und
Prometheus duldet an den Felsen geschmiedet.

Nachdem aus der Büchse der Pandora sich
das Unglück über die Menschen verbreitet hatte,
schickte Jupiter eine Sündfluth, welche das Men-
schengeschlecht vollends vertilgte, so daß niemand
übrig blieb, als ein einziges Paar, Deukalion,
ein Sohn des Prometheus, und Pyrrha, eine
Tochter des Epimetheus, deren schwimmender Na-

heit waren ſogleich bei der Bildung und Entſte-
hung des Menſchen miteinander im Kampfe.

Prometheus duldete nun an den Felſen ge-
ſchmiedet, in ſeiner Perſon, die Qualen des
Menſchengeſchlechts, das ihm ſeine Bildung dank-
te; die immerwaͤhrende Unruhe, und die raſtloſe
ſtets unbefriedigte Begier der Sterblichen. — Es
iſt der vom Jupiter geſandte Geier, der dem Pro-
metheus an der immer wieder wachſenden Leber,
dem Sitz der Begierden, nagt.

So iſt dieſer Dulder fuͤr die Menſchheit abge-
bildet, die Haͤnde auf den Ruͤcken gefeſſelt,
ſitzend, an den Felſen geſchmiedet mit dem Geier
auf dem Knie. —

Die vier Abbildungen auf der hier beigefuͤgten
Kupfertafel, geben einen vollſtaͤndigen Ueberblick
von dieſer Dichtung der Alten: Prometheus bil-
det den Menſchen; er raubt die aͤtheriſche Flam-
me; Pandora, ſitzend, eroͤfnet die Buͤchſe, wor-
aus das Ungluͤck uͤber die Menſchen koͤmmt; und
Prometheus duldet an den Felſen geſchmiedet.

Nachdem aus der Buͤchſe der Pandora ſich
das Ungluͤck uͤber die Menſchen verbreitet hatte,
ſchickte Jupiter eine Suͤndfluth, welche das Men-
ſchengeſchlecht vollends vertilgte, ſo daß niemand
uͤbrig blieb, als ein einziges Paar, Deukalion,
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[39/0061] heit waren ſogleich bei der Bildung und Entſte- hung des Menſchen miteinander im Kampfe. Prometheus duldete nun an den Felſen ge- ſchmiedet, in ſeiner Perſon, die Qualen des Menſchengeſchlechts, das ihm ſeine Bildung dank- te; die immerwaͤhrende Unruhe, und die raſtloſe ſtets unbefriedigte Begier der Sterblichen. — Es iſt der vom Jupiter geſandte Geier, der dem Pro- metheus an der immer wieder wachſenden Leber, dem Sitz der Begierden, nagt. So iſt dieſer Dulder fuͤr die Menſchheit abge- bildet, die Haͤnde auf den Ruͤcken gefeſſelt, ſitzend, an den Felſen geſchmiedet mit dem Geier auf dem Knie. — Die vier Abbildungen auf der hier beigefuͤgten Kupfertafel, geben einen vollſtaͤndigen Ueberblick von dieſer Dichtung der Alten: Prometheus bil- det den Menſchen; er raubt die aͤtheriſche Flam- me; Pandora, ſitzend, eroͤfnet die Buͤchſe, wor- aus das Ungluͤck uͤber die Menſchen koͤmmt; und Prometheus duldet an den Felſen geſchmiedet. Nachdem aus der Buͤchſe der Pandora ſich das Ungluͤck uͤber die Menſchen verbreitet hatte, ſchickte Jupiter eine Suͤndfluth, welche das Men- ſchengeſchlecht vollends vertilgte, ſo daß niemand uͤbrig blieb, als ein einziges Paar, Deukalion, ein Sohn des Prometheus, und Pyrrha, eine Tochter des Epimetheus, deren ſchwimmender Na-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/61>, abgerufen am 01.05.2024.