Daß Prometheus selbst ein Schöpfer göttli- cher Bildungen wurde, darüber zürnte Jupiter, und dachte darauf, wie er die Menschen verder- ben wollte. Als daher Prometheus einst einen Stier schlachtete, und um den Jupiter zu versu- chen, das Fleisch und die Knochen jedes in eine Haut gewickelt besonders legte, damit Jupiter wählen möchte, so wählte dieser mit Fleiß den schlechtern Theil, um wegen des Betruges auf den Prometheus zürnen zu können, und seinen Zorn an den Sterblichen auszulassen, die er nun plötzlich des Feuers beraubte.
Denn an dem Prometheus selber seinen Haß auszuüben wagte Jupiter damals noch nicht; er suchte ihm nur sein Werk zu verderben; aber auch dies gelang ihm nicht; denn Prometheus, der den Jammer der Menschen nicht dulden konnte, stieg wiederum zum Sonnenwagen, und entwen- dete aufs neue den ätherischen Funken, den er in dem Marke der röhrichten Pflanze verbarg, und ihn den Sterblichen vom Himmel wiederbrachte.
Als nun Jupiter von fern den Glanz des Feuers unter den Menschen erblickte, so dachte er aufs neue, wie er sie durch ihre eigene Thorheit strafen wollte; während daß Prometheus fortfuhr die Menschen alle nützliche Künste zu lehren, welche der Gebrauch des Feuers möglich macht, und was die größte Wohlthat war, ihnen den Blick in die
Daß Prometheus ſelbſt ein Schoͤpfer goͤttli- cher Bildungen wurde, daruͤber zuͤrnte Jupiter, und dachte darauf, wie er die Menſchen verder- ben wollte. Als daher Prometheus einſt einen Stier ſchlachtete, und um den Jupiter zu verſu- chen, das Fleiſch und die Knochen jedes in eine Haut gewickelt beſonders legte, damit Jupiter waͤhlen moͤchte, ſo waͤhlte dieſer mit Fleiß den ſchlechtern Theil, um wegen des Betruges auf den Prometheus zuͤrnen zu koͤnnen, und ſeinen Zorn an den Sterblichen auszulaſſen, die er nun ploͤtzlich des Feuers beraubte.
Denn an dem Prometheus ſelber ſeinen Haß auszuuͤben wagte Jupiter damals noch nicht; er ſuchte ihm nur ſein Werk zu verderben; aber auch dies gelang ihm nicht; denn Prometheus, der den Jammer der Menſchen nicht dulden konnte, ſtieg wiederum zum Sonnenwagen, und entwen- dete aufs neue den aͤtheriſchen Funken, den er in dem Marke der roͤhrichten Pflanze verbarg, und ihn den Sterblichen vom Himmel wiederbrachte.
Als nun Jupiter von fern den Glanz des Feuers unter den Menſchen erblickte, ſo dachte er aufs neue, wie er ſie durch ihre eigene Thorheit ſtrafen wollte; waͤhrend daß Prometheus fortfuhr die Menſchen alle nuͤtzliche Kuͤnſte zu lehren, welche der Gebrauch des Feuers moͤglich macht, und was die groͤßte Wohlthat war, ihnen den Blick in die
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0056"n="34"/><p>Daß Prometheus ſelbſt ein Schoͤpfer goͤttli-<lb/>
cher Bildungen wurde, daruͤber zuͤrnte Jupiter,<lb/>
und dachte darauf, wie er die Menſchen verder-<lb/>
ben wollte. Als daher Prometheus einſt einen<lb/>
Stier ſchlachtete, und um den Jupiter zu verſu-<lb/>
chen, das Fleiſch und die Knochen jedes in eine<lb/>
Haut gewickelt beſonders legte, damit Jupiter<lb/>
waͤhlen moͤchte, ſo waͤhlte dieſer <hirendition="#fr">mit Fleiß</hi> den<lb/>ſchlechtern Theil, um wegen des Betruges auf<lb/>
den Prometheus zuͤrnen zu koͤnnen, und ſeinen<lb/>
Zorn an den Sterblichen auszulaſſen, die er nun<lb/>
ploͤtzlich des Feuers beraubte.</p><lb/><p>Denn an dem Prometheus ſelber ſeinen Haß<lb/>
auszuuͤben wagte Jupiter damals noch nicht; er<lb/>ſuchte ihm nur ſein Werk zu verderben; aber auch<lb/>
dies gelang ihm nicht; denn Prometheus, der<lb/>
den Jammer der Menſchen nicht dulden konnte,<lb/>ſtieg wiederum zum Sonnenwagen, und entwen-<lb/>
dete aufs neue den aͤtheriſchen Funken, den er in<lb/>
dem Marke der roͤhrichten Pflanze verbarg, und<lb/>
ihn den Sterblichen vom Himmel wiederbrachte.</p><lb/><p>Als nun Jupiter von fern den Glanz des<lb/>
Feuers unter den Menſchen erblickte, ſo dachte er<lb/>
aufs neue, wie er ſie durch ihre eigene Thorheit<lb/>ſtrafen wollte; waͤhrend daß Prometheus fortfuhr<lb/>
die Menſchen alle nuͤtzliche Kuͤnſte zu lehren, welche<lb/>
der Gebrauch des Feuers moͤglich macht, und was<lb/>
die groͤßte Wohlthat war, ihnen den Blick in die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[34/0056]
Daß Prometheus ſelbſt ein Schoͤpfer goͤttli-
cher Bildungen wurde, daruͤber zuͤrnte Jupiter,
und dachte darauf, wie er die Menſchen verder-
ben wollte. Als daher Prometheus einſt einen
Stier ſchlachtete, und um den Jupiter zu verſu-
chen, das Fleiſch und die Knochen jedes in eine
Haut gewickelt beſonders legte, damit Jupiter
waͤhlen moͤchte, ſo waͤhlte dieſer mit Fleiß den
ſchlechtern Theil, um wegen des Betruges auf
den Prometheus zuͤrnen zu koͤnnen, und ſeinen
Zorn an den Sterblichen auszulaſſen, die er nun
ploͤtzlich des Feuers beraubte.
Denn an dem Prometheus ſelber ſeinen Haß
auszuuͤben wagte Jupiter damals noch nicht; er
ſuchte ihm nur ſein Werk zu verderben; aber auch
dies gelang ihm nicht; denn Prometheus, der
den Jammer der Menſchen nicht dulden konnte,
ſtieg wiederum zum Sonnenwagen, und entwen-
dete aufs neue den aͤtheriſchen Funken, den er in
dem Marke der roͤhrichten Pflanze verbarg, und
ihn den Sterblichen vom Himmel wiederbrachte.
Als nun Jupiter von fern den Glanz des
Feuers unter den Menſchen erblickte, ſo dachte er
aufs neue, wie er ſie durch ihre eigene Thorheit
ſtrafen wollte; waͤhrend daß Prometheus fortfuhr
die Menſchen alle nuͤtzliche Kuͤnſte zu lehren, welche
der Gebrauch des Feuers moͤglich macht, und was
die groͤßte Wohlthat war, ihnen den Blick in die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/56>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.