Streitkolben hohnsprechend aufzufordern pflegte, im Zweikampf schlug.
Auch sahe man einst auf dieser Fahrt, bei ei- nem schrecklichen Sturme, zwei Flammen über den Häuptern des Kastor und Pollux lodern, als der Sturm sich legte; -- worauf man diese beiden Feuer, so oft sie nachher den Schiffern auf dem Meere im Sturm erschienen, Kastor und Pollux nannte, und von ihnen Rettung und Hülfe sich versprach.
Ueberhaupt richtete man in den größten Ge- fahren, sowohl zu Wasser als zu Lande, an den Kastor und Pollux sein Gebet, welche man beide unter dem Nahmen der Dioskuren oder der Söhne des Jupiters, als den Nothleidenden zu jeder Zeit gewärtige, hülfleistende Wesen, vor allen andern ehrte.
Da sie von dem Argonautenzuge wiederkehr- ten, hatte Theseus ihre Schwester die Helena, welche nachher dem Paris folgte, entführt, und sie seiner Mutter Aethra in Aphidnä zur Aufsicht übergeben. -- Kastor und Pollux eroberten die Stadt, befreieten ihre Schwester, und nahmen die Mutter des Theseus als Gefangene mit; ver- übten aber nicht die mindeste Gewaltthätigkeit in der Stadt noch in dem Attischen Gebiete. -- Diese schonende Großmuth war es, weswegen die Athenienser sie vorzüglich ehrten. -- Die scho-
Streitkolben hohnſprechend aufzufordern pflegte, im Zweikampf ſchlug.
Auch ſahe man einſt auf dieſer Fahrt, bei ei- nem ſchrecklichen Sturme, zwei Flammen uͤber den Haͤuptern des Kaſtor und Pollux lodern, als der Sturm ſich legte; — worauf man dieſe beiden Feuer, ſo oft ſie nachher den Schiffern auf dem Meere im Sturm erſchienen, Kaſtor und Pollux nannte, und von ihnen Rettung und Huͤlfe ſich verſprach.
Ueberhaupt richtete man in den groͤßten Ge- fahren, ſowohl zu Waſſer als zu Lande, an den Kaſtor und Pollux ſein Gebet, welche man beide unter dem Nahmen der Dioskuren oder der Soͤhne des Jupiters, als den Nothleidenden zu jeder Zeit gewaͤrtige, huͤlfleiſtende Weſen, vor allen andern ehrte.
Da ſie von dem Argonautenzuge wiederkehr- ten, hatte Theſeus ihre Schweſter die Helena, welche nachher dem Paris folgte, entfuͤhrt, und ſie ſeiner Mutter Aethra in Aphidnaͤ zur Aufſicht uͤbergeben. — Kaſtor und Pollux eroberten die Stadt, befreieten ihre Schweſter, und nahmen die Mutter des Theſeus als Gefangene mit; ver- uͤbten aber nicht die mindeſte Gewaltthaͤtigkeit in der Stadt noch in dem Attiſchen Gebiete. — Dieſe ſchonende Großmuth war es, weswegen die Athenienſer ſie vorzuͤglich ehrten. — Die ſcho-
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Streitkolben hohnſprechend aufzufordern pflegte,
im Zweikampf ſchlug.
Auch ſahe man einſt auf dieſer Fahrt, bei ei-
nem ſchrecklichen Sturme, zwei Flammen uͤber den
Haͤuptern des Kaſtor und Pollux lodern, als der
Sturm ſich legte; — worauf man dieſe beiden
Feuer, ſo oft ſie nachher den Schiffern auf dem
Meere im Sturm erſchienen, Kaſtor und Pollux
nannte, und von ihnen Rettung und Huͤlfe ſich
verſprach.
Ueberhaupt richtete man in den groͤßten Ge-
fahren, ſowohl zu Waſſer als zu Lande, an den
Kaſtor und Pollux ſein Gebet, welche man beide
unter dem Nahmen der Dioskuren oder der Soͤhne
des Jupiters, als den Nothleidenden zu jeder Zeit
gewaͤrtige, huͤlfleiſtende Weſen, vor allen andern
ehrte.
Da ſie von dem Argonautenzuge wiederkehr-
ten, hatte Theſeus ihre Schweſter die Helena,
welche nachher dem Paris folgte, entfuͤhrt, und
ſie ſeiner Mutter Aethra in Aphidnaͤ zur Aufſicht
uͤbergeben. — Kaſtor und Pollux eroberten die
Stadt, befreieten ihre Schweſter, und nahmen
die Mutter des Theſeus als Gefangene mit; ver-
uͤbten aber nicht die mindeſte Gewaltthaͤtigkeit in
der Stadt noch in dem Attiſchen Gebiete. — Dieſe
ſchonende Großmuth war es, weswegen die
Athenienſer ſie vorzuͤglich ehrten. — Die ſcho-
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/307>, abgerufen am 25.11.2024.
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