des Nemäischen Löwen, und der vielköpfigten Hydra, war es ein Leichtes, den Eber zu fangen, welchen er gebunden dem Eurystheus brachte, der vor Schrecken über den Anblick des Ungeheu- ers sich in ein ehernes Faß verkroch.
In dieser lächerlichen Stellung ist Eurystheus auf einem antiken geschnittenen Steine abgebil- det. -- Der auffallende Kontrast zwischen der Stärke und dem Heldenmuth des Gehorchen- den, und der Schwäche und Verzagtheit des Be- fehlenden, welcher durch diese ganze Dichtung herrscht, giebt ihr ein desto lebhafteres Interesse. -- Dadurch, daß der Held sich überwindet, nach dem Schluß des Schicksals dem Schwächern zu gehorchen, erhalten seine kühnsten Thaten einen doppelten Werth, weil er erst sich selber zum Ge- horsam, und dann die Ungeheuer zum Weichen zwingt.
Der Hirsch der Diana.
Um nicht nur die Stärke, sondern auch die Geschwindigkeit und Behendigkeit des Herkules zu prüfen, mußte eine neue wunderbare Erscheinung sich ereignen. Auf dem Berge Mänelus ließ nem- lich ein Hirsch mit goldenem Geweih sich sehen, welcher, obgleich der Diana geheiligt, den Wunsch eines jeden, ihn zu besitzen, auf sich zog.
des Nemaͤiſchen Loͤwen, und der vielkoͤpfigten Hydra, war es ein Leichtes, den Eber zu fangen, welchen er gebunden dem Euryſtheus brachte, der vor Schrecken uͤber den Anblick des Ungeheu- ers ſich in ein ehernes Faß verkroch.
In dieſer laͤcherlichen Stellung iſt Euryſtheus auf einem antiken geſchnittenen Steine abgebil- det. — Der auffallende Kontraſt zwiſchen der Staͤrke und dem Heldenmuth des Gehorchen- den, und der Schwaͤche und Verzagtheit des Be- fehlenden, welcher durch dieſe ganze Dichtung herrſcht, giebt ihr ein deſto lebhafteres Intereſſe. — Dadurch, daß der Held ſich uͤberwindet, nach dem Schluß des Schickſals dem Schwaͤchern zu gehorchen, erhalten ſeine kuͤhnſten Thaten einen doppelten Werth, weil er erſt ſich ſelber zum Ge- horſam, und dann die Ungeheuer zum Weichen zwingt.
Der Hirſch der Diana.
Um nicht nur die Staͤrke, ſondern auch die Geſchwindigkeit und Behendigkeit des Herkules zu pruͤfen, mußte eine neue wunderbare Erſcheinung ſich ereignen. Auf dem Berge Maͤnelus ließ nem- lich ein Hirſch mit goldenem Geweih ſich ſehen, welcher, obgleich der Diana geheiligt, den Wunſch eines jeden, ihn zu beſitzen, auf ſich zog.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0278"n="228"/>
des Nemaͤiſchen Loͤwen, und der vielkoͤpfigten<lb/>
Hydra, war es ein Leichtes, den Eber zu fangen,<lb/>
welchen er gebunden dem Euryſtheus brachte,<lb/>
der vor Schrecken uͤber den Anblick des Ungeheu-<lb/>
ers ſich in ein ehernes Faß verkroch.</p><lb/><p>In dieſer laͤcherlichen Stellung iſt Euryſtheus<lb/>
auf einem antiken geſchnittenen Steine abgebil-<lb/>
det. — Der auffallende Kontraſt zwiſchen der<lb/>
Staͤrke und dem Heldenmuth des Gehorchen-<lb/>
den, und der Schwaͤche und Verzagtheit des Be-<lb/>
fehlenden, welcher durch dieſe ganze Dichtung<lb/>
herrſcht, giebt ihr ein deſto lebhafteres Intereſſe. —<lb/>
Dadurch, daß der Held <hirendition="#fr">ſich uͤberwindet,</hi> nach<lb/>
dem Schluß des Schickſals dem Schwaͤchern zu<lb/>
gehorchen, erhalten ſeine kuͤhnſten Thaten einen<lb/>
doppelten Werth, weil er erſt ſich ſelber zum Ge-<lb/>
horſam, und dann die Ungeheuer zum Weichen<lb/>
zwingt.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Der Hirſch der Diana</hi>.</hi></head><lb/><p>Um nicht nur die Staͤrke, ſondern auch die<lb/>
Geſchwindigkeit und Behendigkeit des Herkules zu<lb/>
pruͤfen, mußte eine neue wunderbare Erſcheinung<lb/>ſich ereignen. Auf dem Berge Maͤnelus ließ nem-<lb/>
lich ein Hirſch mit goldenem Geweih ſich ſehen,<lb/>
welcher, obgleich der Diana geheiligt, den Wunſch<lb/>
eines jeden, ihn zu beſitzen, auf ſich zog.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[228/0278]
des Nemaͤiſchen Loͤwen, und der vielkoͤpfigten
Hydra, war es ein Leichtes, den Eber zu fangen,
welchen er gebunden dem Euryſtheus brachte,
der vor Schrecken uͤber den Anblick des Ungeheu-
ers ſich in ein ehernes Faß verkroch.
In dieſer laͤcherlichen Stellung iſt Euryſtheus
auf einem antiken geſchnittenen Steine abgebil-
det. — Der auffallende Kontraſt zwiſchen der
Staͤrke und dem Heldenmuth des Gehorchen-
den, und der Schwaͤche und Verzagtheit des Be-
fehlenden, welcher durch dieſe ganze Dichtung
herrſcht, giebt ihr ein deſto lebhafteres Intereſſe. —
Dadurch, daß der Held ſich uͤberwindet, nach
dem Schluß des Schickſals dem Schwaͤchern zu
gehorchen, erhalten ſeine kuͤhnſten Thaten einen
doppelten Werth, weil er erſt ſich ſelber zum Ge-
horſam, und dann die Ungeheuer zum Weichen
zwingt.
Der Hirſch der Diana.
Um nicht nur die Staͤrke, ſondern auch die
Geſchwindigkeit und Behendigkeit des Herkules zu
pruͤfen, mußte eine neue wunderbare Erſcheinung
ſich ereignen. Auf dem Berge Maͤnelus ließ nem-
lich ein Hirſch mit goldenem Geweih ſich ſehen,
welcher, obgleich der Diana geheiligt, den Wunſch
eines jeden, ihn zu beſitzen, auf ſich zog.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/278>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.