würde wohl z. B. bei dem Anblick der Bildsäule des Jupiter von Phidias Meisterhand, zuerst an die öbere Luft gedacht haben, die durch den Jupiter bezeichnet werden soll, als wer alles Gefühl für Erhabenheit und Schönheit ver- läugnet hätte, und im Stande gewesen wäre, das höchste Werk der Kunst, wie eine Hierogly- phe oder einen todten Buchstaben zu betrach- ten, der seinen ganzen Werth nur dadurch hat, weil er etwas außer sich bedeutet.
Ein wahres Kunstwerk, eine schöne Dich- tung ist etwas in sich Fertiges und Vollende- tes, das um sein selbst willen da ist, und des- sen Werth in ihm selber, und in dem wohlge- ordneten Verhältniß seiner Theile liegt; da hingegen die bloßen Hiroglyphen oder Buchsta- ben an sich so ungestaltet seyn können, wie sie wollen, wenn sie nur das bezeichnen, was man sich dabei denken soll.
Der müßte wenig von den hohen Dichter- schönheiten des Homer gerührt seyn, der nach Durchlesung desselben noch fragen könnte: was bedeutet die Iliade? was bedeutet die Odyssee?
wuͤrde wohl z. B. bei dem Anblick der Bildſaͤule des Jupiter von Phidias Meiſterhand, zuerſt an die oͤbere Luft gedacht haben, die durch den Jupiter bezeichnet werden ſoll, als wer alles Gefuͤhl fuͤr Erhabenheit und Schoͤnheit ver- laͤugnet haͤtte, und im Stande geweſen waͤre, das hoͤchſte Werk der Kunſt, wie eine Hierogly- phe oder einen todten Buchſtaben zu betrach- ten, der ſeinen ganzen Werth nur dadurch hat, weil er etwas außer ſich bedeutet.
Ein wahres Kunſtwerk, eine ſchoͤne Dich- tung iſt etwas in ſich Fertiges und Vollende- tes, das um ſein ſelbſt willen da iſt, und deſ- ſen Werth in ihm ſelber, und in dem wohlge- ordneten Verhaͤltniß ſeiner Theile liegt; da hingegen die bloßen Hiroglyphen oder Buchſta- ben an ſich ſo ungeſtaltet ſeyn koͤnnen, wie ſie wollen, wenn ſie nur das bezeichnen, was man ſich dabei denken ſoll.
Der muͤßte wenig von den hohen Dichter- ſchoͤnheiten des Homer geruͤhrt ſeyn, der nach Durchleſung deſſelben noch fragen koͤnnte: was bedeutet die Iliade? was bedeutet die Odyſſee?
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wuͤrde wohl z. B. bei dem Anblick der Bildſaͤule
des Jupiter von Phidias Meiſterhand, zuerſt
an die oͤbere Luft gedacht haben, die durch den
Jupiter bezeichnet werden ſoll, als wer alles
Gefuͤhl fuͤr Erhabenheit und Schoͤnheit ver-
laͤugnet haͤtte, und im Stande geweſen waͤre,
das hoͤchſte Werk der Kunſt, wie eine Hierogly-
phe oder einen todten Buchſtaben zu betrach-
ten, der ſeinen ganzen Werth nur dadurch
hat, weil er etwas außer ſich bedeutet.
Ein wahres Kunſtwerk, eine ſchoͤne Dich-
tung iſt etwas in ſich Fertiges und Vollende-
tes, das um ſein ſelbſt willen da iſt, und deſ-
ſen Werth in ihm ſelber, und in dem wohlge-
ordneten Verhaͤltniß ſeiner Theile liegt; da
hingegen die bloßen Hiroglyphen oder Buchſta-
ben an ſich ſo ungeſtaltet ſeyn koͤnnen, wie ſie
wollen, wenn ſie nur das bezeichnen, was
man ſich dabei denken ſoll.
Der muͤßte wenig von den hohen Dichter-
ſchoͤnheiten des Homer geruͤhrt ſeyn, der nach
Durchleſung deſſelben noch fragen koͤnnte:
was bedeutet die Iliade? was bedeutet die
Odyſſee?
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/25>, abgerufen am 23.11.2024.
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