fen, und zu seiner Marter und Hinrichtung die grausamen Werkzeuge bringen. --
Plötzlich stürzte das Gefängniß ein, der Gott schüttelte seine Banden ab; und Pentheus, der voll rasender Wuth, auf dem Berge Cythäron, die Priesterinnen des Bachus verfolgte, ward von seiner eigenen Mutter und ihren Schwestern, die in der wilden Begeisterung, ihn für einen Löwen ansahen, in Stücken zerrissen, und sein Haupt im Triumph emporgetragen.
Der Zug des Bachus in Indien ist eine schö- ne und erhabne Dichtung. -- Mit einem Krie- gesheer von Männern und Weibern, das mit freudigem Getümmel einherzog, breitete er seine wohlthätigen Eroberungen bis an den Ganges aus. -- Er lehrte die besiegten Völker höhern Lebensgenuß, den Weinbau, und Gesetze. --
In seiner Götterbildung verehrten die Sterb- lichen das Hohe, Freudenreiche des Genusses, was in die menschliche Natur verwebt ist, als ein für sich bestehendes hohes Wesen, das in der Gestalt des ewig blühenden Knaben, Löwen und Tyger bändigt, die seinen Wagen ziehen, und im göttlich süßen Taumel, unter dem Schall der Flöten und Trommeln, vom Aufgange bis zum Niedergange durch die Länder aller Nationen tri- umphierend seinen Einzug hält.
fen, und zu ſeiner Marter und Hinrichtung die grauſamen Werkzeuge bringen. —
Ploͤtzlich ſtuͤrzte das Gefaͤngniß ein, der Gott ſchuͤttelte ſeine Banden ab; und Pentheus, der voll raſender Wuth, auf dem Berge Cythaͤron, die Prieſterinnen des Bachus verfolgte, ward von ſeiner eigenen Mutter und ihren Schweſtern, die in der wilden Begeiſterung, ihn fuͤr einen Loͤwen anſahen, in Stuͤcken zerriſſen, und ſein Haupt im Triumph emporgetragen.
Der Zug des Bachus in Indien iſt eine ſchoͤ- ne und erhabne Dichtung. — Mit einem Krie- gesheer von Maͤnnern und Weibern, das mit freudigem Getuͤmmel einherzog, breitete er ſeine wohlthaͤtigen Eroberungen bis an den Ganges aus. — Er lehrte die beſiegten Voͤlker hoͤhern Lebensgenuß, den Weinbau, und Geſetze. —
In ſeiner Goͤtterbildung verehrten die Sterb- lichen das Hohe, Freudenreiche des Genuſſes, was in die menſchliche Natur verwebt iſt, als ein fuͤr ſich beſtehendes hohes Weſen, das in der Geſtalt des ewig bluͤhenden Knaben, Loͤwen und Tyger baͤndigt, die ſeinen Wagen ziehen, und im goͤttlich ſuͤßen Taumel, unter dem Schall der Floͤten und Trommeln, vom Aufgange bis zum Niedergange durch die Laͤnder aller Nationen tri- umphierend ſeinen Einzug haͤlt.
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[171/0217]
fen, und zu ſeiner Marter und Hinrichtung die
grauſamen Werkzeuge bringen. —
Ploͤtzlich ſtuͤrzte das Gefaͤngniß ein, der Gott
ſchuͤttelte ſeine Banden ab; und Pentheus, der
voll raſender Wuth, auf dem Berge Cythaͤron,
die Prieſterinnen des Bachus verfolgte, ward von
ſeiner eigenen Mutter und ihren Schweſtern, die
in der wilden Begeiſterung, ihn fuͤr einen Loͤwen
anſahen, in Stuͤcken zerriſſen, und ſein Haupt
im Triumph emporgetragen.
Der Zug des Bachus in Indien iſt eine ſchoͤ-
ne und erhabne Dichtung. — Mit einem Krie-
gesheer von Maͤnnern und Weibern, das mit
freudigem Getuͤmmel einherzog, breitete er ſeine
wohlthaͤtigen Eroberungen bis an den Ganges
aus. — Er lehrte die beſiegten Voͤlker hoͤhern
Lebensgenuß, den Weinbau, und Geſetze. —
In ſeiner Goͤtterbildung verehrten die Sterb-
lichen das Hohe, Freudenreiche des Genuſſes,
was in die menſchliche Natur verwebt iſt, als
ein fuͤr ſich beſtehendes hohes Weſen, das in der
Geſtalt des ewig bluͤhenden Knaben, Loͤwen und
Tyger baͤndigt, die ſeinen Wagen ziehen, und im
goͤttlich ſuͤßen Taumel, unter dem Schall der
Floͤten und Trommeln, vom Aufgange bis zum
Niedergange durch die Laͤnder aller Nationen tri-
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/217>, abgerufen am 23.11.2024.
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