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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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Bilde zweier kleinen weiblichen Figuren, welche
Gefäße in den Händen tragen, bringen die wech-
selnden Jahreszeiten
der seegnenden Mutter ihre
Gaben dar.

Von der Göttin Cybele, unter welchem
Nahmen Rhea, eine Tochter der Erde, und des
Saturnus Vermählte, als die große Mutter
oder die Mutter aller Götter verehrt ward, be-
findet sich auf eben dieser Tafel eine Abbildung
nach einem antiken geschnittenen Steine aus der
Stoschischen Sammlung; wo die mächtige Göttin
dargestellt ist, auf einem Löwen reitend, das
leuchtende Gestirn zu ihrer Rechten; zu ihrer Lin-
ken den gehörnten Mond; die Handpauke nah
am Haupte haltend, und gleichsam auf das Ge-
töse lauschend.

Cybele.

In dieser fremden Göttergestalt, die Phry-
gischen
Ursprungs war, verjüngte sich die Dich-
tung von der Rhea, welche, da sie den Jupiter
gebohren, statt seiner einen eingewickelten Stein
dem Saturnus zu verschlingen gab, und heimlich
auf der Insel Kreta das Götterkind erziehen ließ,
um welches die Korybanten mit ihren Waffen ein
wildes Getöse machten, damit Saturnus nicht
die Stimme des weinenden Kindes hörte.

Bilde zweier kleinen weiblichen Figuren, welche
Gefaͤße in den Haͤnden tragen, bringen die wech-
ſelnden Jahreszeiten
der ſeegnenden Mutter ihre
Gaben dar.

Von der Goͤttin Cybele, unter welchem
Nahmen Rhea, eine Tochter der Erde, und des
Saturnus Vermaͤhlte, als die große Mutter
oder die Mutter aller Goͤtter verehrt ward, be-
findet ſich auf eben dieſer Tafel eine Abbildung
nach einem antiken geſchnittenen Steine aus der
Stoſchiſchen Sammlung; wo die maͤchtige Goͤttin
dargeſtellt iſt, auf einem Loͤwen reitend, das
leuchtende Geſtirn zu ihrer Rechten; zu ihrer Lin-
ken den gehoͤrnten Mond; die Handpauke nah
am Haupte haltend, und gleichſam auf das Ge-
toͤſe lauſchend.

Cybele.

In dieſer fremden Goͤttergeſtalt, die Phry-
giſchen
Urſprungs war, verjuͤngte ſich die Dich-
tung von der Rhea, welche, da ſie den Jupiter
gebohren, ſtatt ſeiner einen eingewickelten Stein
dem Saturnus zu verſchlingen gab, und heimlich
auf der Inſel Kreta das Goͤtterkind erziehen ließ,
um welches die Korybanten mit ihren Waffen ein
wildes Getoͤſe machten, damit Saturnus nicht
die Stimme des weinenden Kindes hoͤrte.

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[164/0210] Bilde zweier kleinen weiblichen Figuren, welche Gefaͤße in den Haͤnden tragen, bringen die wech- ſelnden Jahreszeiten der ſeegnenden Mutter ihre Gaben dar. Von der Goͤttin Cybele, unter welchem Nahmen Rhea, eine Tochter der Erde, und des Saturnus Vermaͤhlte, als die große Mutter oder die Mutter aller Goͤtter verehrt ward, be- findet ſich auf eben dieſer Tafel eine Abbildung nach einem antiken geſchnittenen Steine aus der Stoſchiſchen Sammlung; wo die maͤchtige Goͤttin dargeſtellt iſt, auf einem Loͤwen reitend, das leuchtende Geſtirn zu ihrer Rechten; zu ihrer Lin- ken den gehoͤrnten Mond; die Handpauke nah am Haupte haltend, und gleichſam auf das Ge- toͤſe lauſchend. Cybele. In dieſer fremden Goͤttergeſtalt, die Phry- giſchen Urſprungs war, verjuͤngte ſich die Dich- tung von der Rhea, welche, da ſie den Jupiter gebohren, ſtatt ſeiner einen eingewickelten Stein dem Saturnus zu verſchlingen gab, und heimlich auf der Inſel Kreta das Goͤtterkind erziehen ließ, um welches die Korybanten mit ihren Waffen ein wildes Getoͤſe machten, damit Saturnus nicht die Stimme des weinenden Kindes hoͤrte.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/210>, abgerufen am 24.11.2024.