Aether nicht, und widerstrebte dem Begriff von Klarheit, Schönheit, und hoher Götterwürde. -- Die Häßlichkeit Vulkans ist ihm ein bittrer Vor- wurf.
Und dennoch nahm die Phantasie auch diese Götterbildung unter den Glanz des Hohen und Himmlischen, durch den Weg des Komischen wieder auf. -- Die seeligen Götter gerathen in ein unendliches Lachen, wenn der hinkende Vul- kan das Amt des Ganymed verwaltend, und selbst über sein Gebrechen scherzend, den mit Nektar gefüllten Becher in der Versammlung der Götter umherreicht. --
Die kühne Einbildungskraft der Alten aber wußte das Komische selber wieder mit Götter- macht und Hoheit, und einer über alles Mensch- liche erhabnen Würde zu umkleiden, wodurch sie eine Schattirung mehr erhielten, die ihren Dich- tungen einen unnachahmlichen Reitz giebt.
Der Hinkende, wegen seiner Häßlichkeit vom Himmel geschleuderte Sohn der Juno, welcher unbehülflich das Amt des zarten Ganymed verrich- tet, ist in der mechanischen Kunst vortreflich; bei dieser schaden ihm die gelähmten Füße nicht; auch schmälert sein Sturtz vom Himmel die Macht und Hoheit nicht, wodurch er ein Gegenstand der Ver- ehrung der Völker wird.
Aether nicht, und widerſtrebte dem Begriff von Klarheit, Schoͤnheit, und hoher Goͤtterwuͤrde. — Die Haͤßlichkeit Vulkans iſt ihm ein bittrer Vor- wurf.
Und dennoch nahm die Phantaſie auch dieſe Goͤtterbildung unter den Glanz des Hohen und Himmliſchen, durch den Weg des Komiſchen wieder auf. — Die ſeeligen Goͤtter gerathen in ein unendliches Lachen, wenn der hinkende Vul- kan das Amt des Ganymed verwaltend, und ſelbſt uͤber ſein Gebrechen ſcherzend, den mit Nektar gefuͤllten Becher in der Verſammlung der Goͤtter umherreicht. —
Die kuͤhne Einbildungskraft der Alten aber wußte das Komiſche ſelber wieder mit Goͤtter- macht und Hoheit, und einer uͤber alles Menſch- liche erhabnen Wuͤrde zu umkleiden, wodurch ſie eine Schattirung mehr erhielten, die ihren Dich- tungen einen unnachahmlichen Reitz giebt.
Der Hinkende, wegen ſeiner Haͤßlichkeit vom Himmel geſchleuderte Sohn der Juno, welcher unbehuͤlflich das Amt des zarten Ganymed verrich- tet, iſt in der mechaniſchen Kunſt vortreflich; bei dieſer ſchaden ihm die gelaͤhmten Fuͤße nicht; auch ſchmaͤlert ſein Sturtz vom Himmel die Macht und Hoheit nicht, wodurch er ein Gegenſtand der Ver- ehrung der Voͤlker wird.
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Aether nicht, und widerſtrebte dem Begriff von
Klarheit, Schoͤnheit, und hoher Goͤtterwuͤrde. —
Die Haͤßlichkeit Vulkans iſt ihm ein bittrer Vor-
wurf.
Und dennoch nahm die Phantaſie auch dieſe
Goͤtterbildung unter den Glanz des Hohen und
Himmliſchen, durch den Weg des Komiſchen
wieder auf. — Die ſeeligen Goͤtter gerathen in
ein unendliches Lachen, wenn der hinkende Vul-
kan das Amt des Ganymed verwaltend, und ſelbſt
uͤber ſein Gebrechen ſcherzend, den mit Nektar
gefuͤllten Becher in der Verſammlung der Goͤtter
umherreicht. —
Die kuͤhne Einbildungskraft der Alten aber
wußte das Komiſche ſelber wieder mit Goͤtter-
macht und Hoheit, und einer uͤber alles Menſch-
liche erhabnen Wuͤrde zu umkleiden, wodurch ſie
eine Schattirung mehr erhielten, die ihren Dich-
tungen einen unnachahmlichen Reitz giebt.
Der Hinkende, wegen ſeiner Haͤßlichkeit vom
Himmel geſchleuderte Sohn der Juno, welcher
unbehuͤlflich das Amt des zarten Ganymed verrich-
tet, iſt in der mechaniſchen Kunſt vortreflich; bei
dieſer ſchaden ihm die gelaͤhmten Fuͤße nicht; auch
ſchmaͤlert ſein Sturtz vom Himmel die Macht und
Hoheit nicht, wodurch er ein Gegenſtand der Ver-
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/186>, abgerufen am 27.11.2024.
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