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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.

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seiner Seele nach und nach zergliedert und gleichsam kleiner macht. Der Melancholische, der immer auf eine Jdee hingerichtet ist, liest Federn von seinem Rocke, auch wo er sie nicht findet. Der Hypochondrist umfast in den ängstlichen Sorgen der Zukunft mit der rechten die linke Hand über dem Gelenkbein. -- --

Die Hand also so voll Ausdruck der Seele -- sollte in ihrer Bewegung des Schreibens, dem Zeichnen des Buchstabens so ganz ohne Charakteristik seyn? -- die Handschrift nichts von der eigenthümlichen Modifikazion ihres Pinsels, der Hand und des Nervens enthalten? --

Wie ist dieses möglich, wirft man ein, da erstlich das Schreiben eine nach Regeln bestimmte mechanische Bewegung der Feder und mechanischer Zug des Buchstabens ist? -- Wie ist es möglich, da jeder sich nach seinem Schreibemeister bildet? -- Da endlich jeder Buchstabe seine bestimmten Gränzen hat, die unveränderlich sind? Wie viel kommt nicht auf die Feder an, wie sie geschnitten ist, wie ich selbst habe schreiben wollen? u.s.w.

"Das Schreiben ist eine nach Regeln bestimmte Bewegung der Feder!" Dieser Einwurf schränkt sich vors erste gleich dahin ein, daß


seiner Seele nach und nach zergliedert und gleichsam kleiner macht. Der Melancholische, der immer auf eine Jdee hingerichtet ist, liest Federn von seinem Rocke, auch wo er sie nicht findet. Der Hypochondrist umfast in den aͤngstlichen Sorgen der Zukunft mit der rechten die linke Hand uͤber dem Gelenkbein. — —

Die Hand also so voll Ausdruck der Seele — sollte in ihrer Bewegung des Schreibens, dem Zeichnen des Buchstabens so ganz ohne Charakteristik seyn? — die Handschrift nichts von der eigenthuͤmlichen Modifikazion ihres Pinsels, der Hand und des Nervens enthalten? —

Wie ist dieses moͤglich, wirft man ein, da erstlich das Schreiben eine nach Regeln bestimmte mechanische Bewegung der Feder und mechanischer Zug des Buchstabens ist? — Wie ist es moͤglich, da jeder sich nach seinem Schreibemeister bildet? — Da endlich jeder Buchstabe seine bestimmten Graͤnzen hat, die unveraͤnderlich sind? Wie viel kommt nicht auf die Feder an, wie sie geschnitten ist, wie ich selbst habe schreiben wollen? u.s.w.

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[49/0049] seiner Seele nach und nach zergliedert und gleichsam kleiner macht. Der Melancholische, der immer auf eine Jdee hingerichtet ist, liest Federn von seinem Rocke, auch wo er sie nicht findet. Der Hypochondrist umfast in den aͤngstlichen Sorgen der Zukunft mit der rechten die linke Hand uͤber dem Gelenkbein. — — Die Hand also so voll Ausdruck der Seele — sollte in ihrer Bewegung des Schreibens, dem Zeichnen des Buchstabens so ganz ohne Charakteristik seyn? — die Handschrift nichts von der eigenthuͤmlichen Modifikazion ihres Pinsels, der Hand und des Nervens enthalten? — Wie ist dieses moͤglich, wirft man ein, da erstlich das Schreiben eine nach Regeln bestimmte mechanische Bewegung der Feder und mechanischer Zug des Buchstabens ist? — Wie ist es moͤglich, da jeder sich nach seinem Schreibemeister bildet? — Da endlich jeder Buchstabe seine bestimmten Graͤnzen hat, die unveraͤnderlich sind? Wie viel kommt nicht auf die Feder an, wie sie geschnitten ist, wie ich selbst habe schreiben wollen? u.s.w. »Das Schreiben ist eine nach Regeln bestimmte Bewegung der Feder!« Dieser Einwurf schraͤnkt sich vors erste gleich dahin ein, daß

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/49>, abgerufen am 25.11.2024.