und dem Willen zu vollziehen aufträgt, oder bei äußern reizenden Vorfällen seine Regeln und Vorschriften mit dem Neuvorkommenden vergleicht und dieses darnach regulirt und beurtheilt; sondern umgekehrt, die Gefühle tragen den Mitgefühlen die Miterkenntniß auf. Sie unter sich müssen die Sachen abmachen und executiren, beides, die potestas legislativa et executiva, können nicht getrennt werden. Da wo man sie zu trennen genöthigt ist, erweckt man Verdacht, sich mehr aufgeladen zu haben, als man beschicken kann, welches, so gewöhnlich es ist, so lächerlich ist. Gefühle müssen einander selbst balanziren und kontrebalanziren, das ist das wahre Reciprokum im jure publico animi humani. Die ganze Kraft des Geistes besteht überhaupt im Anziehen der gefühlten Genüge, und ist also pur Fühlen und Anziehen, d.i. Wollen das, was ihn konvenirt. Dies schließt von selbst das Abweisen des Gegentheils in sich. Es genüget ihm aber nichts, als worauf er vom Urheber gestellet, oder dagegen er in ein solches Verhältniß, gleichsam Gefuge, gesetzt ist. Ueberdem aber kann er sich auch selbst noch ex post stellen, und hat er das auf die größere Genüge gethan, so verschmähet er die kleinere, zieht sie nicht an."
Ferner S. 39: "Es müssen einige ganz von einander abgehende Empfindungen bei einem Anfänger sich gleichsam aneinander zu reiben Gelegenheit haben, ehe Klarheit oder Entwickelung, so ge-
und dem Willen zu vollziehen auftraͤgt, oder bei aͤußern reizenden Vorfaͤllen seine Regeln und Vorschriften mit dem Neuvorkommenden vergleicht und dieses darnach regulirt und beurtheilt; sondern umgekehrt, die Gefuͤhle tragen den Mitgefuͤhlen die Miterkenntniß auf. Sie unter sich muͤssen die Sachen abmachen und executiren, beides, die potestas legislativa et executiva, koͤnnen nicht getrennt werden. Da wo man sie zu trennen genoͤthigt ist, erweckt man Verdacht, sich mehr aufgeladen zu haben, als man beschicken kann, welches, so gewoͤhnlich es ist, so laͤcherlich ist. Gefuͤhle muͤssen einander selbst balanziren und kontrebalanziren, das ist das wahre Reciprokum im jure publico animi humani. Die ganze Kraft des Geistes besteht uͤberhaupt im Anziehen der gefuͤhlten Genuͤge, und ist also pur Fuͤhlen und Anziehen, d.i. Wollen das, was ihn konvenirt. Dies schließt von selbst das Abweisen des Gegentheils in sich. Es genuͤget ihm aber nichts, als worauf er vom Urheber gestellet, oder dagegen er in ein solches Verhaͤltniß, gleichsam Gefuge, gesetzt ist. Ueberdem aber kann er sich auch selbst noch ex post stellen, und hat er das auf die groͤßere Genuͤge gethan, so verschmaͤhet er die kleinere, zieht sie nicht an.«
Ferner S. 39: »Es muͤssen einige ganz von einander abgehende Empfindungen bei einem Anfaͤnger sich gleichsam aneinander zu reiben Gelegenheit haben, ehe Klarheit oder Entwickelung, so ge-
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und dem Willen zu vollziehen auftraͤgt, oder bei aͤußern reizenden Vorfaͤllen seine Regeln und Vorschriften mit dem Neuvorkommenden vergleicht und dieses darnach regulirt und beurtheilt; sondern umgekehrt, die Gefuͤhle tragen den Mitgefuͤhlen die Miterkenntniß auf. Sie unter sich muͤssen die Sachen abmachen und executiren, beides, die <hirendition="#aq">potestas <choice><corr>legislativa</corr><sic>legistativa</sic></choice> et executiva,</hi> koͤnnen nicht getrennt werden. Da wo man sie zu trennen genoͤthigt ist, erweckt man Verdacht, sich mehr aufgeladen zu haben, als man beschicken kann, welches, so gewoͤhnlich es ist, so laͤcherlich ist. Gefuͤhle muͤssen einander selbst balanziren und kontrebalanziren, das ist das wahre Reciprokum im <hirendition="#aq">jure publico animi humani.</hi> Die ganze Kraft des Geistes besteht uͤberhaupt im Anziehen der gefuͤhlten Genuͤge, und ist also pur Fuͤhlen und Anziehen, d.i. Wollen das, was ihn konvenirt. Dies schließt von selbst das Abweisen des Gegentheils in sich. Es genuͤget ihm aber nichts, als worauf er vom Urheber gestellet, oder dagegen er in ein solches Verhaͤltniß, gleichsam Gefuge, gesetzt ist. Ueberdem aber kann er sich auch selbst noch <hirendition="#aq">ex post</hi> stellen, und hat er das auf die groͤßere Genuͤge gethan, so verschmaͤhet er die kleinere, zieht sie nicht an.«</p><p>Ferner S. 39: »Es muͤssen einige ganz von einander abgehende Empfindungen bei einem Anfaͤnger sich gleichsam aneinander zu reiben Gelegenheit haben, ehe Klarheit oder Entwickelung, so ge-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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und dem Willen zu vollziehen auftraͤgt, oder bei aͤußern reizenden Vorfaͤllen seine Regeln und Vorschriften mit dem Neuvorkommenden vergleicht und dieses darnach regulirt und beurtheilt; sondern umgekehrt, die Gefuͤhle tragen den Mitgefuͤhlen die Miterkenntniß auf. Sie unter sich muͤssen die Sachen abmachen und executiren, beides, die potestas legislativa et executiva, koͤnnen nicht getrennt werden. Da wo man sie zu trennen genoͤthigt ist, erweckt man Verdacht, sich mehr aufgeladen zu haben, als man beschicken kann, welches, so gewoͤhnlich es ist, so laͤcherlich ist. Gefuͤhle muͤssen einander selbst balanziren und kontrebalanziren, das ist das wahre Reciprokum im jure publico animi humani. Die ganze Kraft des Geistes besteht uͤberhaupt im Anziehen der gefuͤhlten Genuͤge, und ist also pur Fuͤhlen und Anziehen, d.i. Wollen das, was ihn konvenirt. Dies schließt von selbst das Abweisen des Gegentheils in sich. Es genuͤget ihm aber nichts, als worauf er vom Urheber gestellet, oder dagegen er in ein solches Verhaͤltniß, gleichsam Gefuge, gesetzt ist. Ueberdem aber kann er sich auch selbst noch ex post stellen, und hat er das auf die groͤßere Genuͤge gethan, so verschmaͤhet er die kleinere, zieht sie nicht an.«
Ferner S. 39: »Es muͤssen einige ganz von einander abgehende Empfindungen bei einem Anfaͤnger sich gleichsam aneinander zu reiben Gelegenheit haben, ehe Klarheit oder Entwickelung, so ge-
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/95>, abgerufen am 27.07.2024.
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