Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.
B. J. dem dieses nicht in den Kopf wollte, lachte darüber; und, indem er einst mit andern Juden aus dieser Stadt vor diesem Hirschhorn vorbeigieng, sagte er zu ihnen: Jhr poser Narren, die ihr glaubt, daß derjenige, der dieses Horn berühre, auf der Stelle sterben müsse; seht, ich wage es, dasselbe zu berühren. Diese erwarteten voller Entsetzen auf der Stelle B. J. Tod; da aber dieser nicht erfolgte, so verwandelte sich ihre Bangigkeit für ihn in Haß. Sie betrachten ihn als einen der das Heiligthum entweihet habe. B. J. bei dem dieser Fanatismus das Verlangen rege gemacht hatte, nach B. zu reisen, und den Rest des Aberglaubens durch Aufklärung in sich zu vernichten, forderte von seinem Herrn den Abschied. Dieser hingegen äußerte den Wunsch, daß B. J. noch länger in seinem Hause bleiben möchte, und versicherte ihn seines Schutzes wider alle Verfolgung. B. J. aber der einmal seinen Entschluß gefaßt hatte, wollte denselben nicht ändern; nahm also von seinem Herrn und seiner ganzen Familie Abschied, setzte sich auf die Frankfurter Post, und reisete nach B. -- --
B. J. dem dieses nicht in den Kopf wollte, lachte daruͤber; und, indem er einst mit andern Juden aus dieser Stadt vor diesem Hirschhorn vorbeigieng, sagte er zu ihnen: Jhr poser Narren, die ihr glaubt, daß derjenige, der dieses Horn beruͤhre, auf der Stelle sterben muͤsse; seht, ich wage es, dasselbe zu beruͤhren. Diese erwarteten voller Entsetzen auf der Stelle B. J. Tod; da aber dieser nicht erfolgte, so verwandelte sich ihre Bangigkeit fuͤr ihn in Haß. Sie betrachten ihn als einen der das Heiligthum entweihet habe. B. J. bei dem dieser Fanatismus das Verlangen rege gemacht hatte, nach B. zu reisen, und den Rest des Aberglaubens durch Aufklaͤrung in sich zu vernichten, forderte von seinem Herrn den Abschied. Dieser hingegen aͤußerte den Wunsch, daß B. J. noch laͤnger in seinem Hause bleiben moͤchte, und versicherte ihn seines Schutzes wider alle Verfolgung. B. J. aber der einmal seinen Entschluß gefaßt hatte, wollte denselben nicht aͤndern; nahm also von seinem Herrn und seiner ganzen Familie Abschied, setzte sich auf die Frankfurter Post, und reisete nach B. — — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0071" n="69"/><lb/> dieses Hirschhorn beruͤhre, auf der Stelle sterben muͤsse, und erzaͤhlen eine Menge Beispiele diese Art.</p> <p><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> dem dieses nicht in den Kopf wollte, lachte daruͤber; und, indem er einst mit andern Juden aus dieser Stadt vor diesem Hirschhorn vorbeigieng, sagte er zu ihnen: Jhr poser Narren, die ihr glaubt, daß derjenige, der dieses Horn beruͤhre, auf der Stelle sterben muͤsse; seht, ich wage es, dasselbe zu beruͤhren.</p> <p>Diese erwarteten voller Entsetzen auf der Stelle <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> Tod; da aber dieser nicht erfolgte, so verwandelte sich ihre Bangigkeit fuͤr ihn in Haß. Sie betrachten ihn als einen der das Heiligthum entweihet habe.</p> <p><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> bei dem dieser Fanatismus das Verlangen rege gemacht hatte, nach B. zu reisen, und den Rest des Aberglaubens durch Aufklaͤrung in sich zu vernichten, forderte von seinem Herrn den Abschied. Dieser hingegen aͤußerte den Wunsch, daß <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> noch laͤnger in seinem Hause bleiben moͤchte, und versicherte ihn seines Schutzes wider alle Verfolgung.</p> <p><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> aber der einmal seinen Entschluß gefaßt hatte, wollte denselben nicht aͤndern; nahm also von seinem Herrn und seiner ganzen Familie Abschied, setzte sich auf die Frankfurter Post, und reisete nach B. — —</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0071]
dieses Hirschhorn beruͤhre, auf der Stelle sterben muͤsse, und erzaͤhlen eine Menge Beispiele diese Art.
B. J. dem dieses nicht in den Kopf wollte, lachte daruͤber; und, indem er einst mit andern Juden aus dieser Stadt vor diesem Hirschhorn vorbeigieng, sagte er zu ihnen: Jhr poser Narren, die ihr glaubt, daß derjenige, der dieses Horn beruͤhre, auf der Stelle sterben muͤsse; seht, ich wage es, dasselbe zu beruͤhren.
Diese erwarteten voller Entsetzen auf der Stelle B. J. Tod; da aber dieser nicht erfolgte, so verwandelte sich ihre Bangigkeit fuͤr ihn in Haß. Sie betrachten ihn als einen der das Heiligthum entweihet habe.
B. J. bei dem dieser Fanatismus das Verlangen rege gemacht hatte, nach B. zu reisen, und den Rest des Aberglaubens durch Aufklaͤrung in sich zu vernichten, forderte von seinem Herrn den Abschied. Dieser hingegen aͤußerte den Wunsch, daß B. J. noch laͤnger in seinem Hause bleiben moͤchte, und versicherte ihn seines Schutzes wider alle Verfolgung.
B. J. aber der einmal seinen Entschluß gefaßt hatte, wollte denselben nicht aͤndern; nahm also von seinem Herrn und seiner ganzen Familie Abschied, setzte sich auf die Frankfurter Post, und reisete nach B. — —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |