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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.

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physische Behandlung gebessert werden. -- Bei weitem von diesen unterscheiden sich die Narren der andern Art. Jhre Krankheit ist, wenn wir nehmlich zwischen beiden eine ganz scharfe Grenzlinie ziehen (und das müssen wir, wenn wir sie vorläufig, genau unterscheiden wollen), ihre Krankheit sage ich ist blos Seelenkrankheit. Es sind diejenigen Menschen, die in allem richtig denken und handeln, bis auf irgend einen gewissen Punkt, da stimmen sie mit andern Menschen nicht überein, da schwindet bei ihnen logische Wahrheit, da scheinen sie der gesunden Vernunft entsagt zu haben. Zu dieser Klasse gehören wir Menschen alle, so auffallend, so widersprechend das auch klingen mag; wer sollte wohl nicht in irgend einer Sache seine ganz besondern, selbst mit seinen eignen, sogar nach ausführlich deutlichen Begriffen abgeleiteten Grundsätzen, streitende Meinungen haben? -- Das Sprichwort: jeder hat sein Gran Narrheit, ist unleugbar ein wahrer Satz, und jeder wird ihn bestätigt finden, der nur Lust hat, seine Wahrnehmungen zu Beobachtungen zu erhöhen, und vom Auffallendern und Deutlichern aufs Verstecktere und weniger Bemerkte zu schließen, und hier im Stillen ruhig zu forschen. Wüßte man diesem Satze den Gehalt eines Grundsatzes zu geben, das heißt entwickelte man diejenigen Folgerungen aus ihm, die nothwendig in ihm liegen; wahrhaftig wir lebten um einen Theil glücklicher, würden sanfter gegen


physische Behandlung gebessert werden. — Bei weitem von diesen unterscheiden sich die Narren der andern Art. Jhre Krankheit ist, wenn wir nehmlich zwischen beiden eine ganz scharfe Grenzlinie ziehen (und das muͤssen wir, wenn wir sie vorlaͤufig, genau unterscheiden wollen), ihre Krankheit sage ich ist blos Seelenkrankheit. Es sind diejenigen Menschen, die in allem richtig denken und handeln, bis auf irgend einen gewissen Punkt, da stimmen sie mit andern Menschen nicht uͤberein, da schwindet bei ihnen logische Wahrheit, da scheinen sie der gesunden Vernunft entsagt zu haben. Zu dieser Klasse gehoͤren wir Menschen alle, so auffallend, so widersprechend das auch klingen mag; wer sollte wohl nicht in irgend einer Sache seine ganz besondern, selbst mit seinen eignen, sogar nach ausfuͤhrlich deutlichen Begriffen abgeleiteten Grundsaͤtzen, streitende Meinungen haben? — Das Sprichwort: jeder hat sein Gran Narrheit, ist unleugbar ein wahrer Satz, und jeder wird ihn bestaͤtigt finden, der nur Lust hat, seine Wahrnehmungen zu Beobachtungen zu erhoͤhen, und vom Auffallendern und Deutlichern aufs Verstecktere und weniger Bemerkte zu schließen, und hier im Stillen ruhig zu forschen. Wuͤßte man diesem Satze den Gehalt eines Grundsatzes zu geben, das heißt entwickelte man diejenigen Folgerungen aus ihm, die nothwendig in ihm liegen; wahrhaftig wir lebten um einen Theil gluͤcklicher, wuͤrden sanfter gegen

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[112/0114] physische Behandlung gebessert werden. — Bei weitem von diesen unterscheiden sich die Narren der andern Art. Jhre Krankheit ist, wenn wir nehmlich zwischen beiden eine ganz scharfe Grenzlinie ziehen (und das muͤssen wir, wenn wir sie vorlaͤufig, genau unterscheiden wollen), ihre Krankheit sage ich ist blos Seelenkrankheit. Es sind diejenigen Menschen, die in allem richtig denken und handeln, bis auf irgend einen gewissen Punkt, da stimmen sie mit andern Menschen nicht uͤberein, da schwindet bei ihnen logische Wahrheit, da scheinen sie der gesunden Vernunft entsagt zu haben. Zu dieser Klasse gehoͤren wir Menschen alle, so auffallend, so widersprechend das auch klingen mag; wer sollte wohl nicht in irgend einer Sache seine ganz besondern, selbst mit seinen eignen, sogar nach ausfuͤhrlich deutlichen Begriffen abgeleiteten Grundsaͤtzen, streitende Meinungen haben? — Das Sprichwort: jeder hat sein Gran Narrheit, ist unleugbar ein wahrer Satz, und jeder wird ihn bestaͤtigt finden, der nur Lust hat, seine Wahrnehmungen zu Beobachtungen zu erhoͤhen, und vom Auffallendern und Deutlichern aufs Verstecktere und weniger Bemerkte zu schließen, und hier im Stillen ruhig zu forschen. Wuͤßte man diesem Satze den Gehalt eines Grundsatzes zu geben, das heißt entwickelte man diejenigen Folgerungen aus ihm, die nothwendig in ihm liegen; wahrhaftig wir lebten um einen Theil gluͤcklicher, wuͤrden sanfter gegen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/114>, abgerufen am 24.11.2024.