Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Der einzige wirklich merkwürdige, obgleich gar nicht ausserordentliche Punkt, und im Grunde dem Mediziner wichtiger als dem Psychologen, ist die unerwartete Krisis der Krankheit aus der S. 69. 70. angegebenen anscheinenden Ursache. Es fehlt jedoch ein höchst wichtiger Umstand, den Hr. Herz als Arzt doch hätte erwägen sollen, indem in ihm wahrscheinlicherweise die physische Ursache zur Krisis gelegen hat. Die Frage ist nehmlich: um wie viel war die Luft der Stube, in welcher Hr. Herz die ganze Zeit wider seinen Willen liegen mußte unreiner, als die der andern Stube, in welche ihn seine Schwiegermutter, zwar wider die Meinung der Aerzte, aber zu ihrer eigenen Zufriedenheit, und mit dem glücklichsten Erfolg für die Krankheit, legen ließ? Es ist aus vielen Ursachen, die ich der Kürze halber hier nicht anführen kann, sehr wahrscheinlich, daß die Luft in seinem Zimmer äusserst unrein und verderbt war, das heißt, daß man nach der alten Methode die Vorsicht welche man (besonders in faulen Krankheiten) als hauptsächlich betrachten sollte, nicht beobachtet hat, nehmlich den Kranken oft zu lüften, ihn eher zu kalt, als zu warm, und hauptsächlich äusserst reinlich zu halten. Diese Methode haben die Engländer zuerst aufgebracht, und die Erfahrung zeigt täglich, daß sie äusserst nützlich, oder vielmehr nothwendig ist.

Eine andre eben so gewöhnliche aber nicht minder wichtige Erfahrung, sowohl für den Psychologen


Der einzige wirklich merkwuͤrdige, obgleich gar nicht ausserordentliche Punkt, und im Grunde dem Mediziner wichtiger als dem Psychologen, ist die unerwartete Krisis der Krankheit aus der S. 69. 70. angegebenen anscheinenden Ursache. Es fehlt jedoch ein hoͤchst wichtiger Umstand, den Hr. Herz als Arzt doch haͤtte erwaͤgen sollen, indem in ihm wahrscheinlicherweise die physische Ursache zur Krisis gelegen hat. Die Frage ist nehmlich: um wie viel war die Luft der Stube, in welcher Hr. Herz die ganze Zeit wider seinen Willen liegen mußte unreiner, als die der andern Stube, in welche ihn seine Schwiegermutter, zwar wider die Meinung der Aerzte, aber zu ihrer eigenen Zufriedenheit, und mit dem gluͤcklichsten Erfolg fuͤr die Krankheit, legen ließ? Es ist aus vielen Ursachen, die ich der Kuͤrze halber hier nicht anfuͤhren kann, sehr wahrscheinlich, daß die Luft in seinem Zimmer aͤusserst unrein und verderbt war, das heißt, daß man nach der alten Methode die Vorsicht welche man (besonders in faulen Krankheiten) als hauptsaͤchlich betrachten sollte, nicht beobachtet hat, nehmlich den Kranken oft zu luͤften, ihn eher zu kalt, als zu warm, und hauptsaͤchlich aͤusserst reinlich zu halten. Diese Methode haben die Englaͤnder zuerst aufgebracht, und die Erfahrung zeigt taͤglich, daß sie aͤusserst nuͤtzlich, oder vielmehr nothwendig ist.

Eine andre eben so gewoͤhnliche aber nicht minder wichtige Erfahrung, sowohl fuͤr den Psychologen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0077" n="77"/><lb/>
            <p>Der einzige wirklich merkwu&#x0364;rdige, obgleich gar nicht ausserordentliche Punkt,                         und im Grunde dem <choice><corr>Mediziner</corr><sic>Medeziner</sic></choice> wichtiger als dem Psychologen, ist die unerwartete Krisis der                         Krankheit aus der <choice><corr>S. 69. 70.</corr><sic>S. 69. 70.</sic></choice> angegebenen anscheinenden Ursache. Es fehlt jedoch ein ho&#x0364;chst                         wichtiger Umstand, den <hi rendition="#b">Hr. Herz</hi> als Arzt doch ha&#x0364;tte                         erwa&#x0364;gen sollen, indem in ihm wahrscheinlicherweise die physische Ursache zur                         Krisis gelegen hat. Die Frage ist nehmlich: um wie viel war die Luft der                         Stube, in welcher <hi rendition="#b">Hr. Herz</hi> die ganze Zeit wider                         seinen Willen liegen mußte unreiner, als die der andern Stube, in welche ihn                         seine Schwiegermutter, zwar wider die Meinung der Aerzte, aber zu ihrer                         eigenen Zufriedenheit, und mit dem glu&#x0364;cklichsten Erfolg fu&#x0364;r die Krankheit,                         legen ließ? Es ist aus vielen Ursachen, die ich der Ku&#x0364;rze halber hier nicht                         anfu&#x0364;hren kann, sehr wahrscheinlich, daß die Luft in seinem Zimmer a&#x0364;usserst                         unrein und verderbt war, das heißt, daß man nach der alten Methode die                         Vorsicht welche man (besonders in faulen Krankheiten) als hauptsa&#x0364;chlich                         betrachten sollte, nicht beobachtet hat, nehmlich den Kranken oft zu lu&#x0364;ften,                         ihn eher zu kalt, als zu warm, und hauptsa&#x0364;chlich a&#x0364;usserst reinlich zu                         halten. Diese Methode haben die Engla&#x0364;nder zuerst aufgebracht, und die                         Erfahrung zeigt ta&#x0364;glich, daß sie a&#x0364;usserst nu&#x0364;tzlich, oder vielmehr nothwendig                         ist. </p>
            <p>Eine andre eben so gewo&#x0364;hnliche aber nicht minder wichtige Erfahrung, sowohl                         fu&#x0364;r den Psychologen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0077] Der einzige wirklich merkwuͤrdige, obgleich gar nicht ausserordentliche Punkt, und im Grunde dem Mediziner wichtiger als dem Psychologen, ist die unerwartete Krisis der Krankheit aus der S. 69. 70. angegebenen anscheinenden Ursache. Es fehlt jedoch ein hoͤchst wichtiger Umstand, den Hr. Herz als Arzt doch haͤtte erwaͤgen sollen, indem in ihm wahrscheinlicherweise die physische Ursache zur Krisis gelegen hat. Die Frage ist nehmlich: um wie viel war die Luft der Stube, in welcher Hr. Herz die ganze Zeit wider seinen Willen liegen mußte unreiner, als die der andern Stube, in welche ihn seine Schwiegermutter, zwar wider die Meinung der Aerzte, aber zu ihrer eigenen Zufriedenheit, und mit dem gluͤcklichsten Erfolg fuͤr die Krankheit, legen ließ? Es ist aus vielen Ursachen, die ich der Kuͤrze halber hier nicht anfuͤhren kann, sehr wahrscheinlich, daß die Luft in seinem Zimmer aͤusserst unrein und verderbt war, das heißt, daß man nach der alten Methode die Vorsicht welche man (besonders in faulen Krankheiten) als hauptsaͤchlich betrachten sollte, nicht beobachtet hat, nehmlich den Kranken oft zu luͤften, ihn eher zu kalt, als zu warm, und hauptsaͤchlich aͤusserst reinlich zu halten. Diese Methode haben die Englaͤnder zuerst aufgebracht, und die Erfahrung zeigt taͤglich, daß sie aͤusserst nuͤtzlich, oder vielmehr nothwendig ist. Eine andre eben so gewoͤhnliche aber nicht minder wichtige Erfahrung, sowohl fuͤr den Psychologen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/77
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/77>, abgerufen am 03.05.2024.