Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.
S. 28. Ein sehr interessantes Stück. Die unvermuthete Entwicklung hat mich überrascht. Es wäre der Mühe werth, diesem jungen Menschen nachzuspüren, der auf dem besten Wege war, ein Heuchler und ein durchtriebner Betrüger zu werden. Wäre er es geworden, so würde die üble Erziehung seiner Eltern einzig und allein Schuld daran gewesen seyn. S. 38. III. Was wäre nicht ein psychologisches Magazin werth, das aus lauter Beiträgen eines Spaldings, eines Sulzers, oder eines Mendelssohns bestände. Das einzige Mittel solche Männer zu bewegen, daß sie gern und oft ihre Beiträge liefern, ist wohl dieß, das Magazin selbst so vollkommen als möglich zu machen, indem man nichts als wirklich wichtige Fakta aufnimmt, alle unnütze Umständlichkeit vermeidet, jedes zweideutige Faktum daraus verbannt, und was noch mehr ist, sich eines unreifen und schielenden Raisonnements enthält. Der Fall des Herrn Spalding war vorübergehend, und dauerte nur wenige Augenblicke, und ich finde ihn deshalb keinesweges so ausserordentlich. Wenn man in einem Zimmer schreibt, wo mehrere
S. 28. Ein sehr interessantes Stuͤck. Die unvermuthete Entwicklung hat mich uͤberrascht. Es waͤre der Muͤhe werth, diesem jungen Menschen nachzuspuͤren, der auf dem besten Wege war, ein Heuchler und ein durchtriebner Betruͤger zu werden. Waͤre er es geworden, so wuͤrde die uͤble Erziehung seiner Eltern einzig und allein Schuld daran gewesen seyn. S. 38. III. Was waͤre nicht ein psychologisches Magazin werth, das aus lauter Beitraͤgen eines Spaldings, eines Sulzers, oder eines Mendelssohns bestaͤnde. Das einzige Mittel solche Maͤnner zu bewegen, daß sie gern und oft ihre Beitraͤge liefern, ist wohl dieß, das Magazin selbst so vollkommen als moͤglich zu machen, indem man nichts als wirklich wichtige Fakta aufnimmt, alle unnuͤtze Umstaͤndlichkeit vermeidet, jedes zweideutige Faktum daraus verbannt, und was noch mehr ist, sich eines unreifen und schielenden Raisonnements enthaͤlt. Der Fall des Herrn Spalding war voruͤbergehend, und dauerte nur wenige Augenblicke, und ich finde ihn deshalb keinesweges so ausserordentlich. Wenn man in einem Zimmer schreibt, wo mehrere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0073" n="73"/><lb/> Wahrheit: daß wenn auch alle Menschen zusammentraͤten, sie dennoch in fuͤnftausend Faͤllen unrichtig urtheilen wuͤrden, und freut sich daher der letzten Urquelle die uns immer noch uͤbrig bleibt. Doch es ist wahr! auch dieses alles haͤtte ich unterdruͤcken sollen; es ist nicht die Philosophie unsers Zeitalters. </p> <p>S. 28. Ein sehr interessantes Stuͤck. Die unvermuthete Entwicklung hat mich uͤberrascht. Es waͤre der Muͤhe werth, diesem jungen Menschen nachzuspuͤren, der auf dem besten Wege war, ein Heuchler und ein durchtriebner Betruͤger zu werden. Waͤre er es geworden, so wuͤrde die uͤble Erziehung seiner Eltern einzig und allein Schuld daran gewesen seyn. </p> <p>S. 38. <hi rendition="#aq">III.</hi> Was waͤre nicht ein psychologisches Magazin werth, das aus lauter Beitraͤgen eines Spaldings, eines Sulzers, oder eines Mendelssohns bestaͤnde. Das einzige Mittel solche Maͤnner zu bewegen, daß sie gern und oft ihre Beitraͤge liefern, ist wohl dieß, das Magazin selbst so vollkommen als moͤglich zu machen, indem man nichts als wirklich wichtige Fakta aufnimmt, alle unnuͤtze Umstaͤndlichkeit vermeidet, jedes zweideutige Faktum daraus verbannt, und was noch mehr ist, sich eines unreifen und schielenden Raisonnements enthaͤlt. </p> <p>Der Fall des Herrn Spalding war voruͤbergehend, und dauerte nur wenige Augenblicke, und ich finde ihn deshalb keinesweges so ausserordentlich. Wenn man in einem Zimmer schreibt, wo mehrere<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0073]
Wahrheit: daß wenn auch alle Menschen zusammentraͤten, sie dennoch in fuͤnftausend Faͤllen unrichtig urtheilen wuͤrden, und freut sich daher der letzten Urquelle die uns immer noch uͤbrig bleibt. Doch es ist wahr! auch dieses alles haͤtte ich unterdruͤcken sollen; es ist nicht die Philosophie unsers Zeitalters.
S. 28. Ein sehr interessantes Stuͤck. Die unvermuthete Entwicklung hat mich uͤberrascht. Es waͤre der Muͤhe werth, diesem jungen Menschen nachzuspuͤren, der auf dem besten Wege war, ein Heuchler und ein durchtriebner Betruͤger zu werden. Waͤre er es geworden, so wuͤrde die uͤble Erziehung seiner Eltern einzig und allein Schuld daran gewesen seyn.
S. 38. III. Was waͤre nicht ein psychologisches Magazin werth, das aus lauter Beitraͤgen eines Spaldings, eines Sulzers, oder eines Mendelssohns bestaͤnde. Das einzige Mittel solche Maͤnner zu bewegen, daß sie gern und oft ihre Beitraͤge liefern, ist wohl dieß, das Magazin selbst so vollkommen als moͤglich zu machen, indem man nichts als wirklich wichtige Fakta aufnimmt, alle unnuͤtze Umstaͤndlichkeit vermeidet, jedes zweideutige Faktum daraus verbannt, und was noch mehr ist, sich eines unreifen und schielenden Raisonnements enthaͤlt.
Der Fall des Herrn Spalding war voruͤbergehend, und dauerte nur wenige Augenblicke, und ich finde ihn deshalb keinesweges so ausserordentlich. Wenn man in einem Zimmer schreibt, wo mehrere
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/73>, abgerufen am 24.07.2024. |