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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.

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gar keine Grenzen, und kann also nicht zu weit getrieben werden. Eine gemahlte Eidexe gefällt uns blos als Nachahmung der Natur, indem sie unsern Witz in Thätigkeit setzt, eine Vergleichung zwischen dem Gegenstande selbst und seiner Vorstellung anzustellen, und ihre Aehnlichkeiten ausfindig zu machen. Der Gegenstand selbst aber mißfällt uns. Hier hat also die Täuschung in Ansehung ihrer Wirkung Grenzen, sie darf nicht zu weit getrieben werden, so daß wir die gemahlte Eidexe für eine wirkliche halten sollten, weil sie uns alsdann mißfallen mußte. Aber dafür ist auch schon gesorgt; die Mahlerkunst wird es schwerlich so weit bringen, daß man ihre Vorstellungen für die Gegenstände selbst halten wird.

Der Künstler kann daher getrost die Täuschung so weit treiben, so weit es nur immer in seinem Vermögen ist, ohne zu besorgen, daß er ihre Grenzen überschreiten werde. Hingegen ist es mit der Vorstellung eines Jdeals des Schönen, Großen, Erhabnen und Edlen ganz anders beschaffen. Hier kann die Täuschung in Ansehung ihrer Wirkung nicht zuweit getrieben werden. Sie ist hier nicht durch den Gegenstand selbst begrenzt, indem sie keine Nachahmung der wirklichen, sondern blos der möglichen Natur ist. Es lassen sich Grade des Schönen u.s.w. bis ins Unendliche denken. Sie ist auch nicht durch den Grund des Gefallens begrenzt, weil dieser hier auf der Vorzüglichkeit der Sache selbst beruht.



gar keine Grenzen, und kann also nicht zu weit getrieben werden. Eine gemahlte Eidexe gefaͤllt uns blos als Nachahmung der Natur, indem sie unsern Witz in Thaͤtigkeit setzt, eine Vergleichung zwischen dem Gegenstande selbst und seiner Vorstellung anzustellen, und ihre Aehnlichkeiten ausfindig zu machen. Der Gegenstand selbst aber mißfaͤllt uns. Hier hat also die Taͤuschung in Ansehung ihrer Wirkung Grenzen, sie darf nicht zu weit getrieben werden, so daß wir die gemahlte Eidexe fuͤr eine wirkliche halten sollten, weil sie uns alsdann mißfallen mußte. Aber dafuͤr ist auch schon gesorgt; die Mahlerkunst wird es schwerlich so weit bringen, daß man ihre Vorstellungen fuͤr die Gegenstaͤnde selbst halten wird.

Der Kuͤnstler kann daher getrost die Taͤuschung so weit treiben, so weit es nur immer in seinem Vermoͤgen ist, ohne zu besorgen, daß er ihre Grenzen uͤberschreiten werde. Hingegen ist es mit der Vorstellung eines Jdeals des Schoͤnen, Großen, Erhabnen und Edlen ganz anders beschaffen. Hier kann die Taͤuschung in Ansehung ihrer Wirkung nicht zuweit getrieben werden. Sie ist hier nicht durch den Gegenstand selbst begrenzt, indem sie keine Nachahmung der wirklichen, sondern blos der moͤglichen Natur ist. Es lassen sich Grade des Schoͤnen u.s.w. bis ins Unendliche denken. Sie ist auch nicht durch den Grund des Gefallens begrenzt, weil dieser hier auf der Vorzuͤglichkeit der Sache selbst beruht.


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[45/0045] gar keine Grenzen, und kann also nicht zu weit getrieben werden. Eine gemahlte Eidexe gefaͤllt uns blos als Nachahmung der Natur, indem sie unsern Witz in Thaͤtigkeit setzt, eine Vergleichung zwischen dem Gegenstande selbst und seiner Vorstellung anzustellen, und ihre Aehnlichkeiten ausfindig zu machen. Der Gegenstand selbst aber mißfaͤllt uns. Hier hat also die Taͤuschung in Ansehung ihrer Wirkung Grenzen, sie darf nicht zu weit getrieben werden, so daß wir die gemahlte Eidexe fuͤr eine wirkliche halten sollten, weil sie uns alsdann mißfallen mußte. Aber dafuͤr ist auch schon gesorgt; die Mahlerkunst wird es schwerlich so weit bringen, daß man ihre Vorstellungen fuͤr die Gegenstaͤnde selbst halten wird. Der Kuͤnstler kann daher getrost die Taͤuschung so weit treiben, so weit es nur immer in seinem Vermoͤgen ist, ohne zu besorgen, daß er ihre Grenzen uͤberschreiten werde. Hingegen ist es mit der Vorstellung eines Jdeals des Schoͤnen, Großen, Erhabnen und Edlen ganz anders beschaffen. Hier kann die Taͤuschung in Ansehung ihrer Wirkung nicht zuweit getrieben werden. Sie ist hier nicht durch den Gegenstand selbst begrenzt, indem sie keine Nachahmung der wirklichen, sondern blos der moͤglichen Natur ist. Es lassen sich Grade des Schoͤnen u.s.w. bis ins Unendliche denken. Sie ist auch nicht durch den Grund des Gefallens begrenzt, weil dieser hier auf der Vorzuͤglichkeit der Sache selbst beruht.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/45>, abgerufen am 23.11.2024.