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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.

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Die Journale, und mich dünkt, nahmentlich das Journal etranger, sprachen damals sehr viel von diesem Arzte und seinen Erfahrungen. Die Versuche die er mit seinen Gemüthskranken machte, bestanden, wie ich mich erinnere, hauptsächlich darin, daß er die Verstopfungen im Gehirne zu heben suchte, indem er den Zufluß des Bluts und der Säfte, von dem Kopfe mehr nach den untern Theilen leitete.

Er bewerkstelligte dies entweder nach der alten Methode durch Fußbäder, Aderlässe u.s.w., oder nach einer andern sehr würksamen Methode dadurch, daß er diejenigen Theile des Körpers, die man ohne Gefahr reizen kann, als die Hinterbacken u.a., brennen oder bis aufs Blut peitschen ließ.

Wenn ich diesen Sommer, so wie ich hoffe, nach Mayland reise, so nehme ich mir vor, diesen Arzt und seine Versuche genauer kennen zu lernen. Jch habe immer geglaubt, daß wir aus allzugroßer Verzärtelung und Verfeinerung, aufgehört haben nach der Methode der Alten und der noch heutigen Wilden, eine große Menge von Krankheiten durch Schmerzen und durchs Brennen zu heilen. Jndessen fängt es bei der Gicht schon an Grundsatz zu werden, daß man sie feindseelig behandeln müsse. So verfahren die Bauern, und man findet die Gicht unter ihnen weit seltener, als unter den Städtern.



Die Journale, und mich duͤnkt, nahmentlich das Journal etranger, sprachen damals sehr viel von diesem Arzte und seinen Erfahrungen. Die Versuche die er mit seinen Gemuͤthskranken machte, bestanden, wie ich mich erinnere, hauptsaͤchlich darin, daß er die Verstopfungen im Gehirne zu heben suchte, indem er den Zufluß des Bluts und der Saͤfte, von dem Kopfe mehr nach den untern Theilen leitete.

Er bewerkstelligte dies entweder nach der alten Methode durch Fußbaͤder, Aderlaͤsse u.s.w., oder nach einer andern sehr wuͤrksamen Methode dadurch, daß er diejenigen Theile des Koͤrpers, die man ohne Gefahr reizen kann, als die Hinterbacken u.a., brennen oder bis aufs Blut peitschen ließ.

Wenn ich diesen Sommer, so wie ich hoffe, nach Mayland reise, so nehme ich mir vor, diesen Arzt und seine Versuche genauer kennen zu lernen. Jch habe immer geglaubt, daß wir aus allzugroßer Verzaͤrtelung und Verfeinerung, aufgehoͤrt haben nach der Methode der Alten und der noch heutigen Wilden, eine große Menge von Krankheiten durch Schmerzen und durchs Brennen zu heilen. Jndessen faͤngt es bei der Gicht schon an Grundsatz zu werden, daß man sie feindseelig behandeln muͤsse. So verfahren die Bauern, und man findet die Gicht unter ihnen weit seltener, als unter den Staͤdtern.


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[102/0102] Die Journale, und mich duͤnkt, nahmentlich das Journal etranger, sprachen damals sehr viel von diesem Arzte und seinen Erfahrungen. Die Versuche die er mit seinen Gemuͤthskranken machte, bestanden, wie ich mich erinnere, hauptsaͤchlich darin, daß er die Verstopfungen im Gehirne zu heben suchte, indem er den Zufluß des Bluts und der Saͤfte, von dem Kopfe mehr nach den untern Theilen leitete. Er bewerkstelligte dies entweder nach der alten Methode durch Fußbaͤder, Aderlaͤsse u.s.w., oder nach einer andern sehr wuͤrksamen Methode dadurch, daß er diejenigen Theile des Koͤrpers, die man ohne Gefahr reizen kann, als die Hinterbacken u.a., brennen oder bis aufs Blut peitschen ließ. Wenn ich diesen Sommer, so wie ich hoffe, nach Mayland reise, so nehme ich mir vor, diesen Arzt und seine Versuche genauer kennen zu lernen. Jch habe immer geglaubt, daß wir aus allzugroßer Verzaͤrtelung und Verfeinerung, aufgehoͤrt haben nach der Methode der Alten und der noch heutigen Wilden, eine große Menge von Krankheiten durch Schmerzen und durchs Brennen zu heilen. Jndessen faͤngt es bei der Gicht schon an Grundsatz zu werden, daß man sie feindseelig behandeln muͤsse. So verfahren die Bauern, und man findet die Gicht unter ihnen weit seltener, als unter den Staͤdtern.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/102>, abgerufen am 02.05.2024.