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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.

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die diesen Zusammenhang bewürken, anatomisch zu zergliedern, da nur die geringste Kenntniß von der physischen körperlichen Beschaffenheit des Menschen einen jeden leicht davon überzeugen kann. -- Schon der Wachsthum und die Entwickelung des Embryo beweisen uns die Vereinigung dieser Theile, da jenes ohne Zufluß von Nahrungssäften unmöglich, und diese aus keiner andern Quelle, als von den Säften der Mutter auf natürliche Wege, die den Foetus mit der Mutter verbinden müssen, sich ableiten können. Doch dieses ist zu ausgemacht, als daß es noch mehrerer Beweise bedürfe. Wir wollen daher zu der Frage: was das thierische und empfindende Leben des Embryo ist, fortgehen. --

Es ist ganz gewiß, daß man sinnliche Erfahrung zur Führerin in diesen Untersuchungen nehmen muß: doch aber glaube ich, daß das zu grosse Vertrauen auf ihre Sicherheit eine Ursache der vielen Verirrungen, Hypothesen und Meinungen ist, die in der Lehre von der thierischen Erzeugung obwalten. Sinnliche Erfahrung ist viel zu eingeschränkt, und anatomische Zergliederung noch zu grob, als daraus das Werk der Erzeugung, die geheimen Geschäfte und Zubereitungen derselben deutlich sehen zu können. Blosse Analogie, Schlusart vom Gröbern aufs Kleinere kann uns in solchen Untersuchungen sicher leiten und führen.

Die Natur bleibt sich überall gleich, so wohl im Großen als im Kleinen, immer würkt sie nach


die diesen Zusammenhang bewuͤrken, anatomisch zu zergliedern, da nur die geringste Kenntniß von der physischen koͤrperlichen Beschaffenheit des Menschen einen jeden leicht davon uͤberzeugen kann. — Schon der Wachsthum und die Entwickelung des Embryo beweisen uns die Vereinigung dieser Theile, da jenes ohne Zufluß von Nahrungssaͤften unmoͤglich, und diese aus keiner andern Quelle, als von den Saͤften der Mutter auf natuͤrliche Wege, die den Foetus mit der Mutter verbinden muͤssen, sich ableiten koͤnnen. Doch dieses ist zu ausgemacht, als daß es noch mehrerer Beweise beduͤrfe. Wir wollen daher zu der Frage: was das thierische und empfindende Leben des Embryo ist, fortgehen. —

Es ist ganz gewiß, daß man sinnliche Erfahrung zur Fuͤhrerin in diesen Untersuchungen nehmen muß: doch aber glaube ich, daß das zu grosse Vertrauen auf ihre Sicherheit eine Ursache der vielen Verirrungen, Hypothesen und Meinungen ist, die in der Lehre von der thierischen Erzeugung obwalten. Sinnliche Erfahrung ist viel zu eingeschraͤnkt, und anatomische Zergliederung noch zu grob, als daraus das Werk der Erzeugung, die geheimen Geschaͤfte und Zubereitungen derselben deutlich sehen zu koͤnnen. Blosse Analogie, Schlusart vom Groͤbern aufs Kleinere kann uns in solchen Untersuchungen sicher leiten und fuͤhren.

Die Natur bleibt sich uͤberall gleich, so wohl im Großen als im Kleinen, immer wuͤrkt sie nach

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[33/0035] die diesen Zusammenhang bewuͤrken, anatomisch zu zergliedern, da nur die geringste Kenntniß von der physischen koͤrperlichen Beschaffenheit des Menschen einen jeden leicht davon uͤberzeugen kann. — Schon der Wachsthum und die Entwickelung des Embryo beweisen uns die Vereinigung dieser Theile, da jenes ohne Zufluß von Nahrungssaͤften unmoͤglich, und diese aus keiner andern Quelle, als von den Saͤften der Mutter auf natuͤrliche Wege, die den Foetus mit der Mutter verbinden muͤssen, sich ableiten koͤnnen. Doch dieses ist zu ausgemacht, als daß es noch mehrerer Beweise beduͤrfe. Wir wollen daher zu der Frage: was das thierische und empfindende Leben des Embryo ist, fortgehen. — Es ist ganz gewiß, daß man sinnliche Erfahrung zur Fuͤhrerin in diesen Untersuchungen nehmen muß: doch aber glaube ich, daß das zu grosse Vertrauen auf ihre Sicherheit eine Ursache der vielen Verirrungen, Hypothesen und Meinungen ist, die in der Lehre von der thierischen Erzeugung obwalten. Sinnliche Erfahrung ist viel zu eingeschraͤnkt, und anatomische Zergliederung noch zu grob, als daraus das Werk der Erzeugung, die geheimen Geschaͤfte und Zubereitungen derselben deutlich sehen zu koͤnnen. Blosse Analogie, Schlusart vom Groͤbern aufs Kleinere kann uns in solchen Untersuchungen sicher leiten und fuͤhren. Die Natur bleibt sich uͤberall gleich, so wohl im Großen als im Kleinen, immer wuͤrkt sie nach

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/35>, abgerufen am 26.04.2024.