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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.

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Dann macht er mahl wieder nach einer ruhigen Periode den Mönch, wo er sich dann mit weiter nichts bekleidet, als das er ein großes weißes Lacken umhängt und also den ganzen Tag baarfuß umhergeht.

Er ist gut mit den biblischen Geschichten bekannt, und seine Phantasie läßt ihn daher auch öfters eine Person dieser Geschichte seyn, so daß er sich bald für den Täufer Johannes bald für den Apostel Petrus ausgiebt.

Jn diesen Perioden läßt er sich den Bart wachsen, und im erstern Falle trägt er einen großen Tornüster mit Büchern und ermahnt das Volk auf öffentlicher Straße durch lange Reden zur Buße.

Jm andern Falle aber behängt er sich mit Schlüsseln, wodurch er öfters die Leute in Verlegenheit setzt, indem sie dann ihre Schlüssel vermissen, und sie doch nicht gerne bei ihm suchen mögen.

Solche Perioden dauern bisweilen einige Wochen, bisweilen auch einige Monate über, und ehe man es sich versieht, bleibt er wieder bei jemandem und beträgt sich vernünftig.

Wenn man ihn während der phantasirenden Perioden oder auch nachher darum befrägt, so giebt er weiter keine Antwort, als: er wäre das, was er vorstelle.

Man kann übrigens sowohl in als außer seinen phantasirenden Perioden über allerlei Gegenstände mit ihm sprechen, und bemerkt nichts Närrisches an ihm.



Dann macht er mahl wieder nach einer ruhigen Periode den Moͤnch, wo er sich dann mit weiter nichts bekleidet, als das er ein großes weißes Lacken umhaͤngt und also den ganzen Tag baarfuß umhergeht.

Er ist gut mit den biblischen Geschichten bekannt, und seine Phantasie laͤßt ihn daher auch oͤfters eine Person dieser Geschichte seyn, so daß er sich bald fuͤr den Taͤufer Johannes bald fuͤr den Apostel Petrus ausgiebt.

Jn diesen Perioden laͤßt er sich den Bart wachsen, und im erstern Falle traͤgt er einen großen Tornuͤster mit Buͤchern und ermahnt das Volk auf oͤffentlicher Straße durch lange Reden zur Buße.

Jm andern Falle aber behaͤngt er sich mit Schluͤsseln, wodurch er oͤfters die Leute in Verlegenheit setzt, indem sie dann ihre Schluͤssel vermissen, und sie doch nicht gerne bei ihm suchen moͤgen.

Solche Perioden dauern bisweilen einige Wochen, bisweilen auch einige Monate uͤber, und ehe man es sich versieht, bleibt er wieder bei jemandem und betraͤgt sich vernuͤnftig.

Wenn man ihn waͤhrend der phantasirenden Perioden oder auch nachher darum befraͤgt, so giebt er weiter keine Antwort, als: er waͤre das, was er vorstelle.

Man kann uͤbrigens sowohl in als außer seinen phantasirenden Perioden uͤber allerlei Gegenstaͤnde mit ihm sprechen, und bemerkt nichts Naͤrrisches an ihm.


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[16/0018] Dann macht er mahl wieder nach einer ruhigen Periode den Moͤnch, wo er sich dann mit weiter nichts bekleidet, als das er ein großes weißes Lacken umhaͤngt und also den ganzen Tag baarfuß umhergeht. Er ist gut mit den biblischen Geschichten bekannt, und seine Phantasie laͤßt ihn daher auch oͤfters eine Person dieser Geschichte seyn, so daß er sich bald fuͤr den Taͤufer Johannes bald fuͤr den Apostel Petrus ausgiebt. Jn diesen Perioden laͤßt er sich den Bart wachsen, und im erstern Falle traͤgt er einen großen Tornuͤster mit Buͤchern und ermahnt das Volk auf oͤffentlicher Straße durch lange Reden zur Buße. Jm andern Falle aber behaͤngt er sich mit Schluͤsseln, wodurch er oͤfters die Leute in Verlegenheit setzt, indem sie dann ihre Schluͤssel vermissen, und sie doch nicht gerne bei ihm suchen moͤgen. Solche Perioden dauern bisweilen einige Wochen, bisweilen auch einige Monate uͤber, und ehe man es sich versieht, bleibt er wieder bei jemandem und betraͤgt sich vernuͤnftig. Wenn man ihn waͤhrend der phantasirenden Perioden oder auch nachher darum befraͤgt, so giebt er weiter keine Antwort, als: er waͤre das, was er vorstelle. Man kann uͤbrigens sowohl in als außer seinen phantasirenden Perioden uͤber allerlei Gegenstaͤnde mit ihm sprechen, und bemerkt nichts Naͤrrisches an ihm.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/18>, abgerufen am 29.03.2024.