Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Standhaft, oft bis zum Schein des Eigensinns und der Fühllosigkeit bei gegenseitigen Vorstellungen, die doch vorher gedacht und überlegt waren. Muthig, herzhaft und dreist, oft in hohem Grade. Mäßig in allen Dingen, zufrieden mit Wenigem, Herr und Meister des Appetits. Jm Umgang mir selbst zu lebhaft und zu viel sprechend, also nach demselben gemeiniglich sehr unzufrieden mit mir selbst, und eben deswegen geneigt den Umgang sehr einzuschränken, und Gesellschaften zu fliehen. Von Stolz frei, aber nicht von Ruhmbegierde, doch im beständigen innern Kampf und Streite mit derselben, und bei hinlänglicher Ueberlegung vermögend, sie ganz zu unterdrücken und zu vermeiden. Der Beifall eines rechschaffenen und zur Beurtheilung tüchtigen Mannes ist mir wichtig, und gereicht mir zur Ermunterung. So arbeitsam, daß die Arbeit mit zu meinem Lebensbedürfniß gehört, und daß der Trieb zu derselben größer, als zu irgend einem sinnlichen Vergnügen ist.
Standhaft, oft bis zum Schein des Eigensinns und der Fuͤhllosigkeit bei gegenseitigen Vorstellungen, die doch vorher gedacht und uͤberlegt waren. Muthig, herzhaft und dreist, oft in hohem Grade. Maͤßig in allen Dingen, zufrieden mit Wenigem, Herr und Meister des Appetits. Jm Umgang mir selbst zu lebhaft und zu viel sprechend, also nach demselben gemeiniglich sehr unzufrieden mit mir selbst, und eben deswegen geneigt den Umgang sehr einzuschraͤnken, und Gesellschaften zu fliehen. Von Stolz frei, aber nicht von Ruhmbegierde, doch im bestaͤndigen innern Kampf und Streite mit derselben, und bei hinlaͤnglicher Ueberlegung vermoͤgend, sie ganz zu unterdruͤcken und zu vermeiden. Der Beifall eines rechschaffenen und zur Beurtheilung tuͤchtigen Mannes ist mir wichtig, und gereicht mir zur Ermunterung. So arbeitsam, daß die Arbeit mit zu meinem Lebensbeduͤrfniß gehoͤrt, und daß der Trieb zu derselben groͤßer, als zu irgend einem sinnlichen Vergnuͤgen ist. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0115" n="113"/><lb/> doch nicht so oft, als es diesem und jenem vorkommt, der nicht gewohnt ist, geschwind zu denken, sich zu entschliessen und zu handeln. </p> <p>Standhaft, oft bis zum Schein des Eigensinns und der Fuͤhllosigkeit bei gegenseitigen Vorstellungen, die doch vorher gedacht und uͤberlegt waren. Muthig, herzhaft und dreist, oft in hohem Grade.</p> <p>Maͤßig in allen Dingen, zufrieden mit Wenigem, Herr und Meister des Appetits. </p> <p>Jm Umgang mir selbst zu lebhaft und zu viel sprechend, also nach demselben gemeiniglich sehr unzufrieden mit mir selbst, und eben deswegen geneigt den Umgang sehr einzuschraͤnken, und Gesellschaften zu fliehen. </p> <p>Von Stolz frei, aber nicht von Ruhmbegierde, doch im bestaͤndigen innern Kampf und Streite mit derselben, und bei hinlaͤnglicher Ueberlegung vermoͤgend, sie ganz zu unterdruͤcken und zu vermeiden. </p> <p>Der Beifall eines rechschaffenen und zur Beurtheilung tuͤchtigen Mannes ist mir wichtig, und gereicht mir zur Ermunterung. </p> <p>So arbeitsam, daß die Arbeit mit zu meinem Lebensbeduͤrfniß gehoͤrt, und daß der Trieb zu derselben groͤßer, als zu irgend einem sinnlichen Vergnuͤgen ist. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0115]
doch nicht so oft, als es diesem und jenem vorkommt, der nicht gewohnt ist, geschwind zu denken, sich zu entschliessen und zu handeln.
Standhaft, oft bis zum Schein des Eigensinns und der Fuͤhllosigkeit bei gegenseitigen Vorstellungen, die doch vorher gedacht und uͤberlegt waren. Muthig, herzhaft und dreist, oft in hohem Grade.
Maͤßig in allen Dingen, zufrieden mit Wenigem, Herr und Meister des Appetits.
Jm Umgang mir selbst zu lebhaft und zu viel sprechend, also nach demselben gemeiniglich sehr unzufrieden mit mir selbst, und eben deswegen geneigt den Umgang sehr einzuschraͤnken, und Gesellschaften zu fliehen.
Von Stolz frei, aber nicht von Ruhmbegierde, doch im bestaͤndigen innern Kampf und Streite mit derselben, und bei hinlaͤnglicher Ueberlegung vermoͤgend, sie ganz zu unterdruͤcken und zu vermeiden.
Der Beifall eines rechschaffenen und zur Beurtheilung tuͤchtigen Mannes ist mir wichtig, und gereicht mir zur Ermunterung.
So arbeitsam, daß die Arbeit mit zu meinem Lebensbeduͤrfniß gehoͤrt, und daß der Trieb zu derselben groͤßer, als zu irgend einem sinnlichen Vergnuͤgen ist.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/115>, abgerufen am 16.02.2025. |