Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0093" n="93"/><lb/> die Folge hat, daß sein Hofmeistere seine juͤngern Geschwister nicht viel bekuͤmmert. — Die Anlage seines Herzens ist gut, nur hat er zu wenig Offenheit, und zu viel verstecktes Wesen, welches oͤfters verursacht, daß man ihn, wenn man nicht seinen Charakter ausdruͤcklich studirt, leicht fuͤr falsch und heimtuͤckisch halten kann, besonders, da er aus Ehrgeiz seine gemachten Fehler sehr sorgfaͤltig zu verbergen sucht. Doch habe ich ganz sichere Erfahrungen, daß er bei Gelegenheiten, wo ich die Guͤte seines Herzens, ohne daß er es merken konnte, auf die Probe stellte, unwiderlegliche Beweise davon gegeben hat. — Jn seinen Handlungen herrscht viele Bedaͤchtlichkeit, und von der bei Kindern von diesem Alter sonst anzutreffenden Hastigkeit, zeigt sich nicht viel bei ihm. Besonders aber wird er beinahe in allen seinen Handlungen von dem Bestreben bestimmt, das Wohlgefallen seines Vaters zu verdienen; denn dessen Befehle sind ihm fast die einzige Richtschnur seiner Handlungen, und er ruͤgt die Uebertretungen derselben an seinen Geschwistern ploͤtzlich; dies laͤßt hoffen, daß, wenn er diese Anhaͤnglichkeit an das, was ihm sein Vater sagt, behaͤlt, er auch den Grundsaͤtzen, die ihm jetzt von ihm eingefloͤßt werden, getreu bleiben, und dadurch zu einem gluͤcklichen Manne reifen werde. — Kuͤhnheit und Entschlossenheit ist ihm nicht eigen, sondern er besitzt vielmehr einen gewissen Grad von Furchtsamkeit, der ihn oͤfters, auch seinen Geschwi-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0093]
die Folge hat, daß sein Hofmeistere seine juͤngern Geschwister nicht viel bekuͤmmert. — Die Anlage seines Herzens ist gut, nur hat er zu wenig Offenheit, und zu viel verstecktes Wesen, welches oͤfters verursacht, daß man ihn, wenn man nicht seinen Charakter ausdruͤcklich studirt, leicht fuͤr falsch und heimtuͤckisch halten kann, besonders, da er aus Ehrgeiz seine gemachten Fehler sehr sorgfaͤltig zu verbergen sucht. Doch habe ich ganz sichere Erfahrungen, daß er bei Gelegenheiten, wo ich die Guͤte seines Herzens, ohne daß er es merken konnte, auf die Probe stellte, unwiderlegliche Beweise davon gegeben hat. — Jn seinen Handlungen herrscht viele Bedaͤchtlichkeit, und von der bei Kindern von diesem Alter sonst anzutreffenden Hastigkeit, zeigt sich nicht viel bei ihm. Besonders aber wird er beinahe in allen seinen Handlungen von dem Bestreben bestimmt, das Wohlgefallen seines Vaters zu verdienen; denn dessen Befehle sind ihm fast die einzige Richtschnur seiner Handlungen, und er ruͤgt die Uebertretungen derselben an seinen Geschwistern ploͤtzlich; dies laͤßt hoffen, daß, wenn er diese Anhaͤnglichkeit an das, was ihm sein Vater sagt, behaͤlt, er auch den Grundsaͤtzen, die ihm jetzt von ihm eingefloͤßt werden, getreu bleiben, und dadurch zu einem gluͤcklichen Manne reifen werde. — Kuͤhnheit und Entschlossenheit ist ihm nicht eigen, sondern er besitzt vielmehr einen gewissen Grad von Furchtsamkeit, der ihn oͤfters, auch seinen Geschwi-
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