Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

2.

Hr. v. Br***, ehemals Abgesandter zu Madrid, nachher zu Petersburg, ein sehr ernsthafter, jedoch gar nicht hypochondrischer Mann, geht des Morgens aus, um einige Besuche zu machen.

Sein Besuch traf unter andern ein Haus, wo er Ursach hatte zu glauben, daß die Domestiken ihn nicht kennen würden.

Also mußte er seinen Namen sagen, aber diesen Namen, seinen eigenen Namen, hatte er vergessen.

Er glaubte närrisch geworden zu seyn, unterdessen bemerkte er doch keine andere Verwirrung; allein seinen Namen konnte er auf keine Weise wieder finden.

Er wendet sich zu einem hinter ihm herkommenden Freund: Sagen Sie mir um Gotteswillen, wie nenne ich mich?

Man belacht ihn, er aber besteht darauf, und versichert sehr ernsthaft, daß er wirklich seinen Namen vergessen habe. Man sagt ihm den Namen, und er macht seinen Besuch.

Jch habe diese Anekdote von dem Freunde selbst, welcher ihn aus dem Handel gezogen.

3.

Die Frau des Hrn. Hennert, sehr berühmten Professors der Mathematik zu Utrecht, welche selbst


2.

Hr. v. Br***, ehemals Abgesandter zu Madrid, nachher zu Petersburg, ein sehr ernsthafter, jedoch gar nicht hypochondrischer Mann, geht des Morgens aus, um einige Besuche zu machen.

Sein Besuch traf unter andern ein Haus, wo er Ursach hatte zu glauben, daß die Domestiken ihn nicht kennen wuͤrden.

Also mußte er seinen Namen sagen, aber diesen Namen, seinen eigenen Namen, hatte er vergessen.

Er glaubte naͤrrisch geworden zu seyn, unterdessen bemerkte er doch keine andere Verwirrung; allein seinen Namen konnte er auf keine Weise wieder finden.

Er wendet sich zu einem hinter ihm herkommenden Freund: Sagen Sie mir um Gotteswillen, wie nenne ich mich?

Man belacht ihn, er aber besteht darauf, und versichert sehr ernsthaft, daß er wirklich seinen Namen vergessen habe. Man sagt ihm den Namen, und er macht seinen Besuch.

Jch habe diese Anekdote von dem Freunde selbst, welcher ihn aus dem Handel gezogen.

3.

Die Frau des Hrn. Hennert, sehr beruͤhmten Professors der Mathematik zu Utrecht, welche selbst

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0078" n="78"/><lb/>
              <div n="5">
                <head>2.</head><lb/>
                <p>Hr. v. Br***, ehemals Abgesandter zu Madrid, nachher zu                         Petersburg, ein sehr ernsthafter, jedoch gar nicht hypochondrischer Mann,                         geht des Morgens aus, um einige Besuche zu machen.</p>
                <p>Sein Besuch traf unter andern ein Haus, wo er Ursach hatte zu glauben, daß                         die Domestiken ihn nicht kennen wu&#x0364;rden.</p>
                <p>Also mußte er seinen Namen sagen, aber diesen Namen, <hi rendition="#b">seinen                             eigenen Namen,</hi> hatte er vergessen.</p>
                <p>Er glaubte na&#x0364;rrisch geworden zu seyn, unterdessen bemerkte er doch keine                         andere Verwirrung; allein seinen Namen konnte er auf keine Weise wieder                         finden.</p>
                <p>Er wendet sich zu einem hinter ihm herkommenden Freund: Sagen Sie mir um                         Gotteswillen, wie nenne ich mich?</p>
                <p>Man belacht ihn, er aber besteht darauf, und versichert sehr ernsthaft, daß                         er wirklich seinen Namen vergessen habe. Man sagt ihm den Namen, und er                         macht seinen Besuch.</p>
                <p>Jch habe diese Anekdote von dem Freunde selbst, welcher ihn aus dem Handel                         gezogen.</p>
              </div>
              <div n="5">
                <head>3.</head><lb/>
                <p>Die Frau des Hrn. Hennert, sehr beru&#x0364;hmten Professors der                         Mathematik zu Utrecht, welche selbst<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0078] 2. Hr. v. Br***, ehemals Abgesandter zu Madrid, nachher zu Petersburg, ein sehr ernsthafter, jedoch gar nicht hypochondrischer Mann, geht des Morgens aus, um einige Besuche zu machen. Sein Besuch traf unter andern ein Haus, wo er Ursach hatte zu glauben, daß die Domestiken ihn nicht kennen wuͤrden. Also mußte er seinen Namen sagen, aber diesen Namen, seinen eigenen Namen, hatte er vergessen. Er glaubte naͤrrisch geworden zu seyn, unterdessen bemerkte er doch keine andere Verwirrung; allein seinen Namen konnte er auf keine Weise wieder finden. Er wendet sich zu einem hinter ihm herkommenden Freund: Sagen Sie mir um Gotteswillen, wie nenne ich mich? Man belacht ihn, er aber besteht darauf, und versichert sehr ernsthaft, daß er wirklich seinen Namen vergessen habe. Man sagt ihm den Namen, und er macht seinen Besuch. Jch habe diese Anekdote von dem Freunde selbst, welcher ihn aus dem Handel gezogen. 3. Die Frau des Hrn. Hennert, sehr beruͤhmten Professors der Mathematik zu Utrecht, welche selbst

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/78
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/78>, abgerufen am 22.11.2024.