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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.

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Oft scheint es, als ob wir die Traurigkeit selbst dadurch lindern können, wenn wir den Traurenden ihre weibische Schwachheit vorwerfen, und hingegen die Standhaftigkeit und Seelengröße dererjenigen loben, die gegen die Schicksale, denen der Mensch ausgesetzt ist, nicht murren.

Wir wollen, daß derjenige, den wir einen weisen und edeln Mann nennen sollen, standhaft, ruhig und gesetzt sey.

Ein solcher aber darf weder traurig noch furchtsam seyn, er darf weder etwas zu heftig wünschen, noch sich zu heftig freuen, wenn er das Gewünschte erlangt hat, denn das thun nur diejenigen, welche glauben, daß ihre Seelen nicht über die menschlichen Schicksale erhaben sind.

Die sicherste Heilart der Seele ist die, daß man, ohne darauf zu sehen, woher die Unordnung in ihr entstehe, von dieser Unordnung selbst, als von etwas Verwerflichem rede, und ihr einen Abscheu dagegen beizubringen suche.

Zusatz.

Woher kann aber der Seele ein Abscheu vor der Unordnung, welche in ihr herrscht, bei-


Oft scheint es, als ob wir die Traurigkeit selbst dadurch lindern koͤnnen, wenn wir den Traurenden ihre weibische Schwachheit vorwerfen, und hingegen die Standhaftigkeit und Seelengroͤße dererjenigen loben, die gegen die Schicksale, denen der Mensch ausgesetzt ist, nicht murren.

Wir wollen, daß derjenige, den wir einen weisen und edeln Mann nennen sollen, standhaft, ruhig und gesetzt sey.

Ein solcher aber darf weder traurig noch furchtsam seyn, er darf weder etwas zu heftig wuͤnschen, noch sich zu heftig freuen, wenn er das Gewuͤnschte erlangt hat, denn das thun nur diejenigen, welche glauben, daß ihre Seelen nicht uͤber die menschlichen Schicksale erhaben sind.

Die sicherste Heilart der Seele ist die, daß man, ohne darauf zu sehen, woher die Unordnung in ihr entstehe, von dieser Unordnung selbst, als von etwas Verwerflichem rede, und ihr einen Abscheu dagegen beizubringen suche.

Zusatz.

Woher kann aber der Seele ein Abscheu vor der Unordnung, welche in ihr herrscht, bei-

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[123/0123] Oft scheint es, als ob wir die Traurigkeit selbst dadurch lindern koͤnnen, wenn wir den Traurenden ihre weibische Schwachheit vorwerfen, und hingegen die Standhaftigkeit und Seelengroͤße dererjenigen loben, die gegen die Schicksale, denen der Mensch ausgesetzt ist, nicht murren. Wir wollen, daß derjenige, den wir einen weisen und edeln Mann nennen sollen, standhaft, ruhig und gesetzt sey. Ein solcher aber darf weder traurig noch furchtsam seyn, er darf weder etwas zu heftig wuͤnschen, noch sich zu heftig freuen, wenn er das Gewuͤnschte erlangt hat, denn das thun nur diejenigen, welche glauben, daß ihre Seelen nicht uͤber die menschlichen Schicksale erhaben sind. Die sicherste Heilart der Seele ist die, daß man, ohne darauf zu sehen, woher die Unordnung in ihr entstehe, von dieser Unordnung selbst, als von etwas Verwerflichem rede, und ihr einen Abscheu dagegen beizubringen suche. Zusatz. Woher kann aber der Seele ein Abscheu vor der Unordnung, welche in ihr herrscht, bei-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/123>, abgerufen am 22.11.2024.