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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.

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einen Tisch, um zu essen. Man nahm ihm die Schüssel weg, und setzte ihm ein Kohlgerüchte vor, daß er statt des Salats aß; während dem Essen nahm man ihm auch den Kohl weg, und setzte ihm einen Kuchen vor, den er eben so verzehrte, ohne daß er einen Unterschied in dem, was er aß, zu bemerken schien; woraus man sehen kann, daß die Werkzeuge des Geschmacks nicht mitwirkten, sondern bloß die Seele ohne Zuthun des Körpers geschäftig war. Ueber dem Essen horchte er bisweilen, weil es ihm vorkam, als ob er gerufen würde. Er glaubte einmal wirklich, daß er wäre gerufen worden; er stieg geschwind die Treppe hinab, um sich in den Saal zu begeben, und da er sahe, daß man ihm nichts zu sagen hatte, gieng er in die Antichambre, und fragte die Bedienten: ob er nicht wäre gerufen worden? worauf er sich ziemlich verdrüßlich wieder an seinen Tisch in die Küche setzte. Nachdem er gegessen hatte, sagte er, daß er gerne ins Wirthshaus gehen möchte, um einmal zu trinken, wenn er nur Geld hätte, er suchte in allen Schubsäcken, und fand nichts. Endlich gieng er doch, und sagte: er wolle Morgen bezahlen, man werde ihm schon so lange Credit geben. Er eilte die Treppe hinunter, und lief ins Wirthshaus, das zwei Büchsenschüsse weit vom Schlosse war. Er klopfte an die Thüre, ohne erst zu untersuchen ob sie verschlossen sey, gleich als ob er es wußte, daß sie um diese Zeit nicht offen seyn würde.


einen Tisch, um zu essen. Man nahm ihm die Schuͤssel weg, und setzte ihm ein Kohlgeruͤchte vor, daß er statt des Salats aß; waͤhrend dem Essen nahm man ihm auch den Kohl weg, und setzte ihm einen Kuchen vor, den er eben so verzehrte, ohne daß er einen Unterschied in dem, was er aß, zu bemerken schien; woraus man sehen kann, daß die Werkzeuge des Geschmacks nicht mitwirkten, sondern bloß die Seele ohne Zuthun des Koͤrpers geschaͤftig war. Ueber dem Essen horchte er bisweilen, weil es ihm vorkam, als ob er gerufen wuͤrde. Er glaubte einmal wirklich, daß er waͤre gerufen worden; er stieg geschwind die Treppe hinab, um sich in den Saal zu begeben, und da er sahe, daß man ihm nichts zu sagen hatte, gieng er in die Antichambre, und fragte die Bedienten: ob er nicht waͤre gerufen worden? worauf er sich ziemlich verdruͤßlich wieder an seinen Tisch in die Kuͤche setzte. Nachdem er gegessen hatte, sagte er, daß er gerne ins Wirthshaus gehen moͤchte, um einmal zu trinken, wenn er nur Geld haͤtte, er suchte in allen Schubsaͤcken, und fand nichts. Endlich gieng er doch, und sagte: er wolle Morgen bezahlen, man werde ihm schon so lange Credit geben. Er eilte die Treppe hinunter, und lief ins Wirthshaus, das zwei Buͤchsenschuͤsse weit vom Schlosse war. Er klopfte an die Thuͤre, ohne erst zu untersuchen ob sie verschlossen sey, gleich als ob er es wußte, daß sie um diese Zeit nicht offen seyn wuͤrde.

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[75/0075] einen Tisch, um zu essen. Man nahm ihm die Schuͤssel weg, und setzte ihm ein Kohlgeruͤchte vor, daß er statt des Salats aß; waͤhrend dem Essen nahm man ihm auch den Kohl weg, und setzte ihm einen Kuchen vor, den er eben so verzehrte, ohne daß er einen Unterschied in dem, was er aß, zu bemerken schien; woraus man sehen kann, daß die Werkzeuge des Geschmacks nicht mitwirkten, sondern bloß die Seele ohne Zuthun des Koͤrpers geschaͤftig war. Ueber dem Essen horchte er bisweilen, weil es ihm vorkam, als ob er gerufen wuͤrde. Er glaubte einmal wirklich, daß er waͤre gerufen worden; er stieg geschwind die Treppe hinab, um sich in den Saal zu begeben, und da er sahe, daß man ihm nichts zu sagen hatte, gieng er in die Antichambre, und fragte die Bedienten: ob er nicht waͤre gerufen worden? worauf er sich ziemlich verdruͤßlich wieder an seinen Tisch in die Kuͤche setzte. Nachdem er gegessen hatte, sagte er, daß er gerne ins Wirthshaus gehen moͤchte, um einmal zu trinken, wenn er nur Geld haͤtte, er suchte in allen Schubsaͤcken, und fand nichts. Endlich gieng er doch, und sagte: er wolle Morgen bezahlen, man werde ihm schon so lange Credit geben. Er eilte die Treppe hinunter, und lief ins Wirthshaus, das zwei Buͤchsenschuͤsse weit vom Schlosse war. Er klopfte an die Thuͤre, ohne erst zu untersuchen ob sie verschlossen sey, gleich als ob er es wußte, daß sie um diese Zeit nicht offen seyn wuͤrde.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/75>, abgerufen am 05.12.2024.