Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0051" n="51"/><lb/> Erloͤser nichts an, der nur wirklich gebesserte Menschen in sein Reich haben wolle; die Buße des Sterbebettes und so die Galgenbuße bei langjaͤhrig verblendeten Menschen, waͤre selten rechter Art, nach dem Spruͤchwort: wie der Kranke genas etc. Jch zeigte ihm darauf wie seine Buße oder Sinnesaͤnderung beschaffen seyn, und er von seinem vorigen Wege ganz abtreten muͤße, wenn sie rechter Art seyn sollte, eine solche traue ich ihm aber schlechterdings nach der Geschichte seines Herzens nicht zu, koͤnne ihm meiner Seits daher keine Hofnung zu einer voͤlligen Begnadigung machen. Schon mehrmalen sey er der Hand Gottes entflohen, und habe immer wieder den alten Weg betreten und jezt sey wieder der Fall da; auch jezt wuͤrde er sicher der Alte bleiben, wenn er freye Fuͤße gewinnen koͤnnte; ich muͤße also glauben, daß er auch noch unterm Galgen bei all seinem Haͤnderingen, Flehen und Weinen das alte Herz behalten wuͤrde. Gute Vorsaͤtze und Angelobungen goͤlten nur dann, wenn sie gehalten wuͤrden, und das gewiß zu wissen, dazu waͤre seine Seele schon zu verwildert und verblendet. Einem solchen Menschen, der nur die Gestalt noch uͤbrig habe, sey mit Grunde keine Hofnung zu machen. Jst denn gar keine Gnade fuͤr mich zu hoffen — und doch war seine Seele des Entwischens und dann der Alte zu bleiben voll — rief er, als ich nach zwey bei ihm zugebrachten Stunden gehen wollte. — Noch nicht Gering, es sey dann u.s.f. versezte ich. Jndeß rief der Wacht-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0051]
Erloͤser nichts an, der nur wirklich gebesserte Menschen in sein Reich haben wolle; die Buße des Sterbebettes und so die Galgenbuße bei langjaͤhrig verblendeten Menschen, waͤre selten rechter Art, nach dem Spruͤchwort: wie der Kranke genas etc. Jch zeigte ihm darauf wie seine Buße oder Sinnesaͤnderung beschaffen seyn, und er von seinem vorigen Wege ganz abtreten muͤße, wenn sie rechter Art seyn sollte, eine solche traue ich ihm aber schlechterdings nach der Geschichte seines Herzens nicht zu, koͤnne ihm meiner Seits daher keine Hofnung zu einer voͤlligen Begnadigung machen. Schon mehrmalen sey er der Hand Gottes entflohen, und habe immer wieder den alten Weg betreten und jezt sey wieder der Fall da; auch jezt wuͤrde er sicher der Alte bleiben, wenn er freye Fuͤße gewinnen koͤnnte; ich muͤße also glauben, daß er auch noch unterm Galgen bei all seinem Haͤnderingen, Flehen und Weinen das alte Herz behalten wuͤrde. Gute Vorsaͤtze und Angelobungen goͤlten nur dann, wenn sie gehalten wuͤrden, und das gewiß zu wissen, dazu waͤre seine Seele schon zu verwildert und verblendet. Einem solchen Menschen, der nur die Gestalt noch uͤbrig habe, sey mit Grunde keine Hofnung zu machen. Jst denn gar keine Gnade fuͤr mich zu hoffen — und doch war seine Seele des Entwischens und dann der Alte zu bleiben voll — rief er, als ich nach zwey bei ihm zugebrachten Stunden gehen wollte. — Noch nicht Gering, es sey dann u.s.f. versezte ich. Jndeß rief der Wacht-
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