Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.Dieser Seelenzustand scheint mir Seelenkrankheit zu seyn, weil eine solche Seele niemals durch physische Mittel in den vorigen Zustand der Gesundheit wieder zu bringen ist. -- Nun die Geschichte selbst die mich zu diesen unvollständigen Bemerkungen veranlaßte. Vor etwa neun bis zehn Jahren zerstreute der damalige Richter in Bielefeld jetziger Regierungs- und Tribunalrath von Hellen in Königsberg eine starke Diebesbande, die die hiesige Gegend, besonders die Dörfer äusserst beunruhigte, und weit bis in die Grafschaft Mark umherstreifte. Der verdienstvolle Richter war auch bei seinen eifrigen patriotischen Bemühungen so glüklich, einige Anführer dieser Bande und einen Theil des Anhanges gefänglich einzuziehen. Einige Räuber als Soldaten wurden vom Regiment gezüchtigt, andere zur Vestung nach Wesel transportirt, der Hauptanführer Namens Schnell aber wurde zum Strange verdammet. Der zweite Hauptanführer Joh. Phil. Gering war damals theils unbekannt, theils noch auf flüchtigem Fuß. Dieses mein Subject Gering sezte indeß als Anführer der noch übrigen Bande die Räubereien im Paderbornischen und der Grafschaft Mark fort. Einige von seiner Bande wurden ertappt, und bei Werl einem katholischen Städtchen zwischen Soest und Unna aufgeknüpft. Vier bis sechs dieser Räuber paradierten nach dortiger Sitte in neuer weisser Monti- Dieser Seelenzustand scheint mir Seelenkrankheit zu seyn, weil eine solche Seele niemals durch physische Mittel in den vorigen Zustand der Gesundheit wieder zu bringen ist. — Nun die Geschichte selbst die mich zu diesen unvollstaͤndigen Bemerkungen veranlaßte. Vor etwa neun bis zehn Jahren zerstreute der damalige Richter in Bielefeld jetziger Regierungs- und Tribunalrath von Hellen in Koͤnigsberg eine starke Diebesbande, die die hiesige Gegend, besonders die Doͤrfer aͤusserst beunruhigte, und weit bis in die Grafschaft Mark umherstreifte. Der verdienstvolle Richter war auch bei seinen eifrigen patriotischen Bemuͤhungen so gluͤklich, einige Anfuͤhrer dieser Bande und einen Theil des Anhanges gefaͤnglich einzuziehen. Einige Raͤuber als Soldaten wurden vom Regiment gezuͤchtigt, andere zur Vestung nach Wesel transportirt, der Hauptanfuͤhrer Namens Schnell aber wurde zum Strange verdammet. Der zweite Hauptanfuͤhrer Joh. Phil. Gering war damals theils unbekannt, theils noch auf fluͤchtigem Fuß. Dieses mein Subject Gering sezte indeß als Anfuͤhrer der noch uͤbrigen Bande die Raͤubereien im Paderbornischen und der Grafschaft Mark fort. Einige von seiner Bande wurden ertappt, und bei Werl einem katholischen Staͤdtchen zwischen Soest und Unna aufgeknuͤpft. Vier bis sechs dieser Raͤuber paradierten nach dortiger Sitte in neuer weisser Monti- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0044" n="44"/><lb/> <p>Dieser Seelenzustand scheint mir Seelenkrankheit zu seyn, weil eine solche Seele niemals durch physische Mittel in den vorigen Zustand der Gesundheit wieder zu bringen ist. — Nun die Geschichte selbst die mich zu diesen unvollstaͤndigen Bemerkungen veranlaßte.</p> <p>Vor etwa neun bis zehn Jahren zerstreute der damalige Richter in <choice><corr>Bielefeld</corr><sic>Bilefeld</sic></choice> jetziger Regierungs- und Tribunalrath von Hellen in Koͤnigsberg eine starke Diebesbande, die die hiesige Gegend, besonders die Doͤrfer aͤusserst beunruhigte, und weit bis in die Grafschaft Mark umherstreifte. Der verdienstvolle Richter war auch bei seinen eifrigen patriotischen Bemuͤhungen so gluͤklich, einige Anfuͤhrer dieser Bande und einen Theil des Anhanges gefaͤnglich einzuziehen. Einige Raͤuber als Soldaten wurden vom Regiment gezuͤchtigt, andere zur Vestung nach Wesel transportirt, der Hauptanfuͤhrer Namens Schnell aber wurde zum Strange verdammet. Der zweite Hauptanfuͤhrer Joh. Phil. Gering war damals theils unbekannt, theils noch auf fluͤchtigem Fuß. Dieses mein Subject Gering sezte indeß als Anfuͤhrer der noch uͤbrigen Bande die Raͤubereien im Paderbornischen und der Grafschaft Mark fort. Einige von seiner Bande wurden ertappt, und bei Werl einem katholischen Staͤdtchen zwischen Soest und Unna aufgeknuͤpft. Vier bis sechs dieser Raͤuber paradierten nach dortiger Sitte in neuer weisser Monti-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0044]
Dieser Seelenzustand scheint mir Seelenkrankheit zu seyn, weil eine solche Seele niemals durch physische Mittel in den vorigen Zustand der Gesundheit wieder zu bringen ist. — Nun die Geschichte selbst die mich zu diesen unvollstaͤndigen Bemerkungen veranlaßte.
Vor etwa neun bis zehn Jahren zerstreute der damalige Richter in Bielefeld jetziger Regierungs- und Tribunalrath von Hellen in Koͤnigsberg eine starke Diebesbande, die die hiesige Gegend, besonders die Doͤrfer aͤusserst beunruhigte, und weit bis in die Grafschaft Mark umherstreifte. Der verdienstvolle Richter war auch bei seinen eifrigen patriotischen Bemuͤhungen so gluͤklich, einige Anfuͤhrer dieser Bande und einen Theil des Anhanges gefaͤnglich einzuziehen. Einige Raͤuber als Soldaten wurden vom Regiment gezuͤchtigt, andere zur Vestung nach Wesel transportirt, der Hauptanfuͤhrer Namens Schnell aber wurde zum Strange verdammet. Der zweite Hauptanfuͤhrer Joh. Phil. Gering war damals theils unbekannt, theils noch auf fluͤchtigem Fuß. Dieses mein Subject Gering sezte indeß als Anfuͤhrer der noch uͤbrigen Bande die Raͤubereien im Paderbornischen und der Grafschaft Mark fort. Einige von seiner Bande wurden ertappt, und bei Werl einem katholischen Staͤdtchen zwischen Soest und Unna aufgeknuͤpft. Vier bis sechs dieser Raͤuber paradierten nach dortiger Sitte in neuer weisser Monti-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/44>, abgerufen am 16.02.2025. |