Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
Die Religion, alles was Heilig und Tugend heißt, ist ihm ein Gegenstand des lautesten Gespötts; seine Zunge stößt mit einer Art von Nattergift, die seltsamsten Verwünschungen und gräßlichsten Flüche von sich, mit einer Manier und Schnelligkeit, die eine große Fertigkeit anzeigt, seine Wege wiederhallen gemeiniglich wenn er getrunken hat von einem wildtobenden Gebrüll weit umher bei schäumenden Maule, und jeder eilt bei Seite -- sein Geist scheint in dem Zustande ihm eine quälende Marter zu seyn. Die unschuldigsten Menschen werden oft, wenn die Gelegenheit es will, der Gegenstand seiner tigerischen Wuth, die er mit einer List mörderisch anzufallen weiß, die oft einzig in ihrer Art ist; nur die waltende Vorsicht rettete bereits manchen ihr Leben, frolockendes Triumphgebrüll verkündigt dann laut umher seinen erfochtenen Sieg. Kein einziges Gesetz ist seiner Befolgung werth, und er scheint ohne Gesetz ungebunden leben zu müssen. Seine Verstellung, Freundlichkeit, Dienstfertigkeit, verständige Reden, einnehmender Ausdruck, anständige Dreustigkeit sind die Zauberkünste, wodurch er sich ausnehmend glüklich einzuschmeicheln,
Die Religion, alles was Heilig und Tugend heißt, ist ihm ein Gegenstand des lautesten Gespoͤtts; seine Zunge stoͤßt mit einer Art von Nattergift, die seltsamsten Verwuͤnschungen und graͤßlichsten Fluͤche von sich, mit einer Manier und Schnelligkeit, die eine große Fertigkeit anzeigt, seine Wege wiederhallen gemeiniglich wenn er getrunken hat von einem wildtobenden Gebruͤll weit umher bei schaͤumenden Maule, und jeder eilt bei Seite — sein Geist scheint in dem Zustande ihm eine quaͤlende Marter zu seyn. Die unschuldigsten Menschen werden oft, wenn die Gelegenheit es will, der Gegenstand seiner tigerischen Wuth, die er mit einer List moͤrderisch anzufallen weiß, die oft einzig in ihrer Art ist; nur die waltende Vorsicht rettete bereits manchen ihr Leben, frolockendes Triumphgebruͤll verkuͤndigt dann laut umher seinen erfochtenen Sieg. Kein einziges Gesetz ist seiner Befolgung werth, und er scheint ohne Gesetz ungebunden leben zu muͤssen. Seine Verstellung, Freundlichkeit, Dienstfertigkeit, verstaͤndige Reden, einnehmender Ausdruck, anstaͤndige Dreustigkeit sind die Zauberkuͤnste, wodurch er sich ausnehmend gluͤklich einzuschmeicheln, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0034" n="34"/><lb/> zu fesseln schien, (denn er hat schon mehrere Weiber und Koncubinen im Besiz gehabt) wird unter viehischer Art barbarisch behandelt, wie ein Block zerpeitschet, und wie ein Ball hin und her gestoßen, nur gluͤklicher Zufall und Flucht rettete schon mehreren derselben das Leben.</p> <p>Die Religion, alles was Heilig und Tugend heißt, ist ihm ein Gegenstand des lautesten Gespoͤtts; seine Zunge stoͤßt mit einer Art von Nattergift, die seltsamsten Verwuͤnschungen und graͤßlichsten Fluͤche von sich, mit einer Manier und Schnelligkeit, die eine große Fertigkeit anzeigt, seine Wege wiederhallen gemeiniglich wenn er getrunken hat von einem wildtobenden Gebruͤll weit umher bei schaͤumenden Maule, und jeder eilt bei Seite — sein Geist scheint in dem Zustande ihm eine quaͤlende Marter zu seyn. Die unschuldigsten Menschen werden oft, wenn die Gelegenheit es will, der Gegenstand seiner tigerischen Wuth, die er mit einer List moͤrderisch anzufallen weiß, die oft einzig in ihrer Art ist; nur die waltende Vorsicht rettete bereits manchen ihr Leben, frolockendes Triumphgebruͤll verkuͤndigt dann laut umher seinen erfochtenen Sieg. Kein einziges Gesetz ist seiner Befolgung werth, und er scheint ohne Gesetz ungebunden leben zu muͤssen. Seine Verstellung, Freundlichkeit, Dienstfertigkeit, verstaͤndige Reden, einnehmender Ausdruck, anstaͤndige Dreustigkeit sind die Zauberkuͤnste, wodurch er sich ausnehmend gluͤklich einzuschmeicheln,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0034]
zu fesseln schien, (denn er hat schon mehrere Weiber und Koncubinen im Besiz gehabt) wird unter viehischer Art barbarisch behandelt, wie ein Block zerpeitschet, und wie ein Ball hin und her gestoßen, nur gluͤklicher Zufall und Flucht rettete schon mehreren derselben das Leben.
Die Religion, alles was Heilig und Tugend heißt, ist ihm ein Gegenstand des lautesten Gespoͤtts; seine Zunge stoͤßt mit einer Art von Nattergift, die seltsamsten Verwuͤnschungen und graͤßlichsten Fluͤche von sich, mit einer Manier und Schnelligkeit, die eine große Fertigkeit anzeigt, seine Wege wiederhallen gemeiniglich wenn er getrunken hat von einem wildtobenden Gebruͤll weit umher bei schaͤumenden Maule, und jeder eilt bei Seite — sein Geist scheint in dem Zustande ihm eine quaͤlende Marter zu seyn. Die unschuldigsten Menschen werden oft, wenn die Gelegenheit es will, der Gegenstand seiner tigerischen Wuth, die er mit einer List moͤrderisch anzufallen weiß, die oft einzig in ihrer Art ist; nur die waltende Vorsicht rettete bereits manchen ihr Leben, frolockendes Triumphgebruͤll verkuͤndigt dann laut umher seinen erfochtenen Sieg. Kein einziges Gesetz ist seiner Befolgung werth, und er scheint ohne Gesetz ungebunden leben zu muͤssen. Seine Verstellung, Freundlichkeit, Dienstfertigkeit, verstaͤndige Reden, einnehmender Ausdruck, anstaͤndige Dreustigkeit sind die Zauberkuͤnste, wodurch er sich ausnehmend gluͤklich einzuschmeicheln,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |