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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

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sen Anstoßes die Jdeenreihe anzuheben, die sich auf die Folge der vorhergegangenen Handlungen gründete. Jst der Schlummer des Nachtwandrers sehr leise, desto ähnlicher werden alle seine Handlungen den Handlungen eines Wachenden werden. Sein Gedächtniß zeichnet ihm die Ordnung der vorigen Geschäfte deutlich vor. Sein Morgenseegen, sein Ankleiden, alle seine Arbeiten folgen, wie im Wachen, aufeinander. Er geht, macht Bewegungen mit den Händen, weil er nicht wirklich schläft, weil er noch einigen freien Gebrauch seiner Glieder übrig hat, was der Fall im Schlaf nicht ist. Er wendet sich, vermöge seiner Zurückerinnerungen nach der Lage äußerer Gegenstände; er weiß, vermöge jener Kraft, die Hindernisse, die ihn im Wege liegen; er weicht ihnen aus. Ohne Zurückerinnerung würde er dieses nicht können, wenn ihn nicht anders sein Gefühl leitet, oder seine Augen ihm wenigstens dunkle Vorstellungen von außen gewähren. Vermöge jener Erinnerungskraft macht er nun auch einen rechten Gebrauch von den Objecten, die ihn umgeben. Er weiß, ein Pferd zu reiten, und findet den rechten Weg, (vielleicht wurde in gegenwärtigem Fall zufällig selbst das Pferd der Führer des Nachtwandrers) weil er ihn schon mehrmals gemacht hat, und in seiner Seele eine deutliche Vorstellung von der Länge und Art des Weges vorhanden ist, -- weil die Seele die Momente gezählt hat, die zur Voll-


sen Anstoßes die Jdeenreihe anzuheben, die sich auf die Folge der vorhergegangenen Handlungen gruͤndete. Jst der Schlummer des Nachtwandrers sehr leise, desto aͤhnlicher werden alle seine Handlungen den Handlungen eines Wachenden werden. Sein Gedaͤchtniß zeichnet ihm die Ordnung der vorigen Geschaͤfte deutlich vor. Sein Morgenseegen, sein Ankleiden, alle seine Arbeiten folgen, wie im Wachen, aufeinander. Er geht, macht Bewegungen mit den Haͤnden, weil er nicht wirklich schlaͤft, weil er noch einigen freien Gebrauch seiner Glieder uͤbrig hat, was der Fall im Schlaf nicht ist. Er wendet sich, vermoͤge seiner Zuruͤckerinnerungen nach der Lage aͤußerer Gegenstaͤnde; er weiß, vermoͤge jener Kraft, die Hindernisse, die ihn im Wege liegen; er weicht ihnen aus. Ohne Zuruͤckerinnerung wuͤrde er dieses nicht koͤnnen, wenn ihn nicht anders sein Gefuͤhl leitet, oder seine Augen ihm wenigstens dunkle Vorstellungen von außen gewaͤhren. Vermoͤge jener Erinnerungskraft macht er nun auch einen rechten Gebrauch von den Objecten, die ihn umgeben. Er weiß, ein Pferd zu reiten, und findet den rechten Weg, (vielleicht wurde in gegenwaͤrtigem Fall zufaͤllig selbst das Pferd der Fuͤhrer des Nachtwandrers) weil er ihn schon mehrmals gemacht hat, und in seiner Seele eine deutliche Vorstellung von der Laͤnge und Art des Weges vorhanden ist, — weil die Seele die Momente gezaͤhlt hat, die zur Voll-

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[95/0097] sen Anstoßes die Jdeenreihe anzuheben, die sich auf die Folge der vorhergegangenen Handlungen gruͤndete. Jst der Schlummer des Nachtwandrers sehr leise, desto aͤhnlicher werden alle seine Handlungen den Handlungen eines Wachenden werden. Sein Gedaͤchtniß zeichnet ihm die Ordnung der vorigen Geschaͤfte deutlich vor. Sein Morgenseegen, sein Ankleiden, alle seine Arbeiten folgen, wie im Wachen, aufeinander. Er geht, macht Bewegungen mit den Haͤnden, weil er nicht wirklich schlaͤft, weil er noch einigen freien Gebrauch seiner Glieder uͤbrig hat, was der Fall im Schlaf nicht ist. Er wendet sich, vermoͤge seiner Zuruͤckerinnerungen nach der Lage aͤußerer Gegenstaͤnde; er weiß, vermoͤge jener Kraft, die Hindernisse, die ihn im Wege liegen; er weicht ihnen aus. Ohne Zuruͤckerinnerung wuͤrde er dieses nicht koͤnnen, wenn ihn nicht anders sein Gefuͤhl leitet, oder seine Augen ihm wenigstens dunkle Vorstellungen von außen gewaͤhren. Vermoͤge jener Erinnerungskraft macht er nun auch einen rechten Gebrauch von den Objecten, die ihn umgeben. Er weiß, ein Pferd zu reiten, und findet den rechten Weg, (vielleicht wurde in gegenwaͤrtigem Fall zufaͤllig selbst das Pferd der Fuͤhrer des Nachtwandrers) weil er ihn schon mehrmals gemacht hat, und in seiner Seele eine deutliche Vorstellung von der Laͤnge und Art des Weges vorhanden ist, — weil die Seele die Momente gezaͤhlt hat, die zur Voll-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/97>, abgerufen am 06.05.2024.