Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0092" n="90"/><lb/> von diesem Gebet aufgestanden war, fing er das zuvor angefangene Morgenlied bei dem <hi rendition="#b">zweiten</hi> Vers in eben demselben Ton wieder an, und sang solches voͤllig aus. Hierauf redete er mit seiner Frau unterschiedenes, vertroͤstete dieselbe den andern Abend wiederzukommen, machte allerlei Abschiedszeichen, und that, als wenn er in des Nachbars Haus ginge, denselben gruͤßte, das Pferd aus dem Stalle hohlte, sich darauf setzte und zum Thore hinausritte. Worauf er denn ungefaͤhr eine halbe Stunde lang auf einer Stelle stehen blieb, und mit der linken Hand und dem Leibe die Bewegungen eines Reitenden machte. Waͤhrend der Zeit, als er einen Reiter vorstellte, nahm er verschiedenemal die Muͤtze ab, und gruͤßte jemand, der ihm begegnete. Als er eine Weile geritten hatte, fing er an zu singen: Von Gott will ich nicht lassen etc. und sang solches Lied unverstuͤmmelt ganz bis ans Ende aus, doch so, daß er zuweilen ganz laut und zuweilen leise sang; von welchem letzten die Ursach mag gewesen seyn, daß ihm etlichemal unterwegs Leute begegnet sind, weshalb er leise gesungen. Als er das Lied ausgesungen hatte, beschaͤftigte er sich den ganzen uͤbrigen Weg mit lauter guten Gedanken und Gespraͤchen, die er im Schlafe alle hersagte. Er hielt auch einmal stille, und forderte ein Maaß Bier, trank zweimal davon, und gab den Krug wieder zuruͤck, mit dem Befragen, ob das Bier einen Dreier gelte? Grif<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0092]
von diesem Gebet aufgestanden war, fing er das zuvor angefangene Morgenlied bei dem zweiten Vers in eben demselben Ton wieder an, und sang solches voͤllig aus. Hierauf redete er mit seiner Frau unterschiedenes, vertroͤstete dieselbe den andern Abend wiederzukommen, machte allerlei Abschiedszeichen, und that, als wenn er in des Nachbars Haus ginge, denselben gruͤßte, das Pferd aus dem Stalle hohlte, sich darauf setzte und zum Thore hinausritte. Worauf er denn ungefaͤhr eine halbe Stunde lang auf einer Stelle stehen blieb, und mit der linken Hand und dem Leibe die Bewegungen eines Reitenden machte. Waͤhrend der Zeit, als er einen Reiter vorstellte, nahm er verschiedenemal die Muͤtze ab, und gruͤßte jemand, der ihm begegnete. Als er eine Weile geritten hatte, fing er an zu singen: Von Gott will ich nicht lassen etc. und sang solches Lied unverstuͤmmelt ganz bis ans Ende aus, doch so, daß er zuweilen ganz laut und zuweilen leise sang; von welchem letzten die Ursach mag gewesen seyn, daß ihm etlichemal unterwegs Leute begegnet sind, weshalb er leise gesungen. Als er das Lied ausgesungen hatte, beschaͤftigte er sich den ganzen uͤbrigen Weg mit lauter guten Gedanken und Gespraͤchen, die er im Schlafe alle hersagte. Er hielt auch einmal stille, und forderte ein Maaß Bier, trank zweimal davon, und gab den Krug wieder zuruͤck, mit dem Befragen, ob das Bier einen Dreier gelte? Grif
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