Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0065" n="63"/><lb/> seiner Frau und Kindern einen Abschied, der nicht zaͤrtlicher und ruͤhrender seyn konnte. Die Worte flossen ihm jetzt nicht, weil sein Herz zu beklemmt war und zu viel litte; seine Frau aber, die zu wiederholtenmalen bezeugte, daß er ihr niemals etwas zu leide gethan habe, konnte sich kaum von ihm losreissen, und sein juͤngstes Kind nahm er auf den Schoos, und druͤckte es so weich an seine Brust, daß alle Anwesenden mit ihm weinen mußten. Diese ruͤhrende Scene bestaͤtigte feierlichst alles gute, was ich von seiner Ehe geschrieben habe. Von allen nahm er einzeln Abschied, aber seine Minen redeten mehr, als sein Mund. Er versicherte den Morgen darauf, daß er in diesen Empfindungen zu vaͤterlichen Vermahnungen unvermoͤgend gewesen waͤre, durch eine Tochter aber, die unterdessen wieder bei ihm gewesen, es nachzuholen gesucht habe. Er hat auch an demselben Abend, nachdem er sich wieder gefaßt hatte, einen Knaben, seinen Paten, der Abschied zu nehmen kam, beweglich ermahnet, Gott vor Augen zu haben und sich fuͤr Suͤnden zu huͤten. Aus Vorsorge fuͤr die Seinigen, denen etwa Mildthaͤtigkeit dadurch erweckt werden koͤnnte, verlangte er bei seiner Ausfuͤhrung von seinem juͤngsten Sohne begleitet zu werden, weil er aber selbst empfand, daß ihn der Anblick leichtlich stoͤren und zu weich machen koͤnnte, stand er davon ab; seinem Begehren aber geschahe doch, auf eine ihm unmerkliche Art, Gnuͤge.«</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0065]
seiner Frau und Kindern einen Abschied, der nicht zaͤrtlicher und ruͤhrender seyn konnte. Die Worte flossen ihm jetzt nicht, weil sein Herz zu beklemmt war und zu viel litte; seine Frau aber, die zu wiederholtenmalen bezeugte, daß er ihr niemals etwas zu leide gethan habe, konnte sich kaum von ihm losreissen, und sein juͤngstes Kind nahm er auf den Schoos, und druͤckte es so weich an seine Brust, daß alle Anwesenden mit ihm weinen mußten. Diese ruͤhrende Scene bestaͤtigte feierlichst alles gute, was ich von seiner Ehe geschrieben habe. Von allen nahm er einzeln Abschied, aber seine Minen redeten mehr, als sein Mund. Er versicherte den Morgen darauf, daß er in diesen Empfindungen zu vaͤterlichen Vermahnungen unvermoͤgend gewesen waͤre, durch eine Tochter aber, die unterdessen wieder bei ihm gewesen, es nachzuholen gesucht habe. Er hat auch an demselben Abend, nachdem er sich wieder gefaßt hatte, einen Knaben, seinen Paten, der Abschied zu nehmen kam, beweglich ermahnet, Gott vor Augen zu haben und sich fuͤr Suͤnden zu huͤten. Aus Vorsorge fuͤr die Seinigen, denen etwa Mildthaͤtigkeit dadurch erweckt werden koͤnnte, verlangte er bei seiner Ausfuͤhrung von seinem juͤngsten Sohne begleitet zu werden, weil er aber selbst empfand, daß ihn der Anblick leichtlich stoͤren und zu weich machen koͤnnte, stand er davon ab; seinem Begehren aber geschahe doch, auf eine ihm unmerkliche Art, Gnuͤge.«
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