Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite


versehens wurde er auf öffentlichem Markte, wo er Frucht handelte, eingezogen, wobei sogleich die Verändrung der Farbe und starkes Zittern sein böses Gewissen den Zuschauern merklich verrathen haben soll. Zugleich wurde aber auch zu einer Haussuchung bei dem Arretirten geschritten. Bei derselben fand sich ein blutiges Oberhemd, an dem die Flecken nur halb ausgewaschen waren, so wie auch Beinkleider, an denen Blutflecken zu bemerken waren; ein Beweis, daß den Mörder damals seine Geistesgegenwart und sein Scharfsinn größtentheils verlassen gehabt, da er nicht bedachte, daß ihn diese Anzeigen noch immer verrathen könnten."

"Jm ersten Verhör schien es anfangs, er werde sich aufs Läugnen und auf seine Verstellungskunst verlassen. Bewegliche und überführende Vorstellungen wollten lang nichts bei ihm verfangen, bis ihm, mit einem Feuer und ernstlichen Anrede, von seinem, sich hier vortreflich zeigenden Richter, das blutige Hemd unter die Augen gehalten wurde. Dieses machte ihn bestürzt, und, nun außer Fassung, gab er gute Worte, ergriff die Hand des Richters, versprach alles zu gestehen, und that es auch wirklich, unterwarf sich der Strafe, und bat nur um Beschleinigung seines Processes."

"Wo war nun der Mann, der noch vor drei Tagen so geschwind über die Schrecken seines Herzens Herr werden, und mit eben so viel Selbstbe


versehens wurde er auf oͤffentlichem Markte, wo er Frucht handelte, eingezogen, wobei sogleich die Veraͤndrung der Farbe und starkes Zittern sein boͤses Gewissen den Zuschauern merklich verrathen haben soll. Zugleich wurde aber auch zu einer Haussuchung bei dem Arretirten geschritten. Bei derselben fand sich ein blutiges Oberhemd, an dem die Flecken nur halb ausgewaschen waren, so wie auch Beinkleider, an denen Blutflecken zu bemerken waren; ein Beweis, daß den Moͤrder damals seine Geistesgegenwart und sein Scharfsinn groͤßtentheils verlassen gehabt, da er nicht bedachte, daß ihn diese Anzeigen noch immer verrathen koͤnnten.«

»Jm ersten Verhoͤr schien es anfangs, er werde sich aufs Laͤugnen und auf seine Verstellungskunst verlassen. Bewegliche und uͤberfuͤhrende Vorstellungen wollten lang nichts bei ihm verfangen, bis ihm, mit einem Feuer und ernstlichen Anrede, von seinem, sich hier vortreflich zeigenden Richter, das blutige Hemd unter die Augen gehalten wurde. Dieses machte ihn bestuͤrzt, und, nun außer Fassung, gab er gute Worte, ergriff die Hand des Richters, versprach alles zu gestehen, und that es auch wirklich, unterwarf sich der Strafe, und bat nur um Beschleinigung seines Processes.«

»Wo war nun der Mann, der noch vor drei Tagen so geschwind uͤber die Schrecken seines Herzens Herr werden, und mit eben so viel Selbstbe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0055" n="53"/><lb/>
versehens wurde er auf o&#x0364;ffentlichem Markte, wo er Frucht                         handelte, eingezogen, wobei sogleich die Vera&#x0364;ndrung der Farbe und starkes                         Zittern sein bo&#x0364;ses Gewissen den Zuschauern merklich verrathen haben soll.                         Zugleich wurde aber auch zu einer Haussuchung bei dem Arretirten                         geschritten. Bei derselben fand sich ein blutiges Oberhemd, an dem die                         Flecken nur halb ausgewaschen waren, so wie auch Beinkleider, an denen                         Blutflecken zu bemerken waren; ein Beweis, daß den Mo&#x0364;rder damals seine                         Geistesgegenwart und sein Scharfsinn gro&#x0364;ßtentheils verlassen gehabt, da er                         nicht bedachte, daß ihn diese Anzeigen noch immer verrathen ko&#x0364;nnten.«</p>
            <p>»Jm ersten Verho&#x0364;r schien es anfangs, er werde sich aufs La&#x0364;ugnen und auf seine                         Verstellungskunst verlassen. Bewegliche und u&#x0364;berfu&#x0364;hrende Vorstellungen                         wollten lang nichts bei ihm verfangen, bis ihm, mit einem Feuer und                         ernstlichen Anrede, von seinem, sich hier vortreflich zeigenden Richter, das                         blutige Hemd unter die Augen gehalten wurde. Dieses machte ihn bestu&#x0364;rzt,                         und, nun außer Fassung, gab er gute Worte, ergriff die Hand des Richters,                         versprach alles zu gestehen, und that es auch wirklich, unterwarf sich der                         Strafe, und bat nur um Beschleinigung seines Processes.«</p>
            <p>»Wo war nun der Mann, der noch vor drei Tagen so geschwind u&#x0364;ber die Schrecken                         seines Herzens Herr werden, und mit eben so viel Selbstbe<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0055] versehens wurde er auf oͤffentlichem Markte, wo er Frucht handelte, eingezogen, wobei sogleich die Veraͤndrung der Farbe und starkes Zittern sein boͤses Gewissen den Zuschauern merklich verrathen haben soll. Zugleich wurde aber auch zu einer Haussuchung bei dem Arretirten geschritten. Bei derselben fand sich ein blutiges Oberhemd, an dem die Flecken nur halb ausgewaschen waren, so wie auch Beinkleider, an denen Blutflecken zu bemerken waren; ein Beweis, daß den Moͤrder damals seine Geistesgegenwart und sein Scharfsinn groͤßtentheils verlassen gehabt, da er nicht bedachte, daß ihn diese Anzeigen noch immer verrathen koͤnnten.« »Jm ersten Verhoͤr schien es anfangs, er werde sich aufs Laͤugnen und auf seine Verstellungskunst verlassen. Bewegliche und uͤberfuͤhrende Vorstellungen wollten lang nichts bei ihm verfangen, bis ihm, mit einem Feuer und ernstlichen Anrede, von seinem, sich hier vortreflich zeigenden Richter, das blutige Hemd unter die Augen gehalten wurde. Dieses machte ihn bestuͤrzt, und, nun außer Fassung, gab er gute Worte, ergriff die Hand des Richters, versprach alles zu gestehen, und that es auch wirklich, unterwarf sich der Strafe, und bat nur um Beschleinigung seines Processes.« »Wo war nun der Mann, der noch vor drei Tagen so geschwind uͤber die Schrecken seines Herzens Herr werden, und mit eben so viel Selbstbe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/55
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/55>, abgerufen am 06.05.2024.