Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite


Ausbruchs seiner Wuth war unstreitig die, daß er von seinem Schwager einen Vorschuß zu erhalten versuchte, welcher ihm auch vom letztern versprochen wurde; nachmals aber sich von der Erfüllung dieses Versprechens wieder ablenken ließ."

"Seine nunmehrige traurige Lage will ich mit des Unglücklichen eigenen Worten beschreiben. Kein Haus! keine Hülfe bei Freunden! keinen Trost! keinen Credit! da mir sonst jeder ein paar hundert Thaler zu borgen bereit war. Hierzu kamen nun noch der Drang von Gläubigern und zu fürchtende Rechtshülfe, auch die Nothwendigkeit, einen Sohn zum Handwerk zu helfen, und das Uebel, dazu kein Mittel zu wissen, und wer weis, was noch mehr, das verborgener ist? Man denke sich hier den Mann, der gewohnt war, seine Rolle mit Ansehn, ja mit einigem Glanz zu spielen, dem es der Stolz unerträglich machte, sich so weit herunter zu lassen, als ihn nun seine Umstände herabzusetzen droheten, der weder die Gründe der Vernunft, noch der Religion so gefaßt, oder im Herzen hatte, daß sie dasselbe hätten beruhigen, aufrichten und bei Muth erhalten können! Wenn er gewohnt war, so wie ers wirklich war, bei dem allem im Resultat zu denken -- und an dem allen ist dein Schwager schuld; so muß man vor dem erzittern, was bei der Unbändigkeit einer solchen Gemüthsart, wie die Simmische, von starken,


Ausbruchs seiner Wuth war unstreitig die, daß er von seinem Schwager einen Vorschuß zu erhalten versuchte, welcher ihm auch vom letztern versprochen wurde; nachmals aber sich von der Erfuͤllung dieses Versprechens wieder ablenken ließ.«

»Seine nunmehrige traurige Lage will ich mit des Ungluͤcklichen eigenen Worten beschreiben. Kein Haus! keine Huͤlfe bei Freunden! keinen Trost! keinen Credit! da mir sonst jeder ein paar hundert Thaler zu borgen bereit war. Hierzu kamen nun noch der Drang von Glaͤubigern und zu fuͤrchtende Rechtshuͤlfe, auch die Nothwendigkeit, einen Sohn zum Handwerk zu helfen, und das Uebel, dazu kein Mittel zu wissen, und wer weis, was noch mehr, das verborgener ist? Man denke sich hier den Mann, der gewohnt war, seine Rolle mit Ansehn, ja mit einigem Glanz zu spielen, dem es der Stolz unertraͤglich machte, sich so weit herunter zu lassen, als ihn nun seine Umstaͤnde herabzusetzen droheten, der weder die Gruͤnde der Vernunft, noch der Religion so gefaßt, oder im Herzen hatte, daß sie dasselbe haͤtten beruhigen, aufrichten und bei Muth erhalten koͤnnen! Wenn er gewohnt war, so wie ers wirklich war, bei dem allem im Resultat zu denken — und an dem allen ist dein Schwager schuld; so muß man vor dem erzittern, was bei der Unbaͤndigkeit einer solchen Gemuͤthsart, wie die Simmische, von starken,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0043" n="41"/><lb/>
Ausbruchs seiner Wuth                         war unstreitig die, daß er von seinem Schwager einen Vorschuß zu erhalten                         versuchte, welcher ihm auch vom letztern versprochen wurde; nachmals aber                         sich von der Erfu&#x0364;llung dieses Versprechens wieder ablenken ließ.«</p>
            <p>»Seine nunmehrige traurige Lage will ich mit des Unglu&#x0364;cklichen eigenen Worten                         beschreiben. Kein Haus! keine Hu&#x0364;lfe bei Freunden! keinen Trost! keinen                         Credit! da mir sonst jeder ein paar hundert Thaler zu borgen bereit war.                         Hierzu kamen nun noch der Drang von Gla&#x0364;ubigern und zu fu&#x0364;rchtende                         Rechtshu&#x0364;lfe, auch die Nothwendigkeit, einen Sohn zum Handwerk zu helfen, und                         das Uebel, dazu kein Mittel zu wissen, und wer weis, was noch mehr, das                         verborgener ist? Man denke sich hier den Mann, der gewohnt war, seine Rolle                         mit Ansehn, ja mit einigem Glanz zu spielen, dem es der Stolz unertra&#x0364;glich                         machte, sich so weit herunter zu lassen, als ihn nun seine Umsta&#x0364;nde                         herabzusetzen droheten, der weder die Gru&#x0364;nde der Vernunft, noch der Religion                         so gefaßt, oder im Herzen hatte, daß sie dasselbe ha&#x0364;tten beruhigen,                         aufrichten und bei Muth erhalten ko&#x0364;nnen! Wenn er gewohnt war, so wie ers                         wirklich war, bei dem allem im Resultat zu denken &#x2014; und an dem allen ist                         dein Schwager schuld; so muß man vor dem erzittern, was bei der Unba&#x0364;ndigkeit                         einer solchen Gemu&#x0364;thsart, wie die Simmische, von starken,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0043] Ausbruchs seiner Wuth war unstreitig die, daß er von seinem Schwager einen Vorschuß zu erhalten versuchte, welcher ihm auch vom letztern versprochen wurde; nachmals aber sich von der Erfuͤllung dieses Versprechens wieder ablenken ließ.« »Seine nunmehrige traurige Lage will ich mit des Ungluͤcklichen eigenen Worten beschreiben. Kein Haus! keine Huͤlfe bei Freunden! keinen Trost! keinen Credit! da mir sonst jeder ein paar hundert Thaler zu borgen bereit war. Hierzu kamen nun noch der Drang von Glaͤubigern und zu fuͤrchtende Rechtshuͤlfe, auch die Nothwendigkeit, einen Sohn zum Handwerk zu helfen, und das Uebel, dazu kein Mittel zu wissen, und wer weis, was noch mehr, das verborgener ist? Man denke sich hier den Mann, der gewohnt war, seine Rolle mit Ansehn, ja mit einigem Glanz zu spielen, dem es der Stolz unertraͤglich machte, sich so weit herunter zu lassen, als ihn nun seine Umstaͤnde herabzusetzen droheten, der weder die Gruͤnde der Vernunft, noch der Religion so gefaßt, oder im Herzen hatte, daß sie dasselbe haͤtten beruhigen, aufrichten und bei Muth erhalten koͤnnen! Wenn er gewohnt war, so wie ers wirklich war, bei dem allem im Resultat zu denken — und an dem allen ist dein Schwager schuld; so muß man vor dem erzittern, was bei der Unbaͤndigkeit einer solchen Gemuͤthsart, wie die Simmische, von starken,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/43
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/43>, abgerufen am 22.11.2024.