Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
"Es kann ihm keine einzige Art öffentlicher, habitueller Ausschweifungen schuld gegeben werden. Er trank wohl eine Zeche mit, und konnte sie vertragen; aber er war kein Schlemmer von Profession, er wußte sich nicht nur vor Unordnungen in Acht zu nehmen, die beim Trunk vorzufallen pflegen, sondern hielt bei solchen Gelegenheiten immer selbst auf Ordnung, wehrte Händeln, stiftete Frieden, und ich habe rühmen gehört, daß wenn auch mehrere volle Tische mit einander in Zwist geriethen, er sie, wie der gemeine Mann sich ausdrückt, durch seine Redensarten zu befriedigen gewußt habe." "Eben so frei ist er von dem Verdacht geblieben, mit Personen andern Geschlechts ausgeschweift zu haben, seit der Zeit, da er den Säbel abgelegt und sich verheirathet hat. Er versicherte selbst, vor lüderlichen Personen dieses Geschlechts allezeit einen Abscheu gehabt zu haben." "Verschiedne Jahre ging es glücklich mit seinem Viehhandel, und seine Vermögensumstände schienen auf einem guten Fuße zu seyn. Allmälig aber wurde seine Familie zahlreicher. Er war schon ein Vater von drei Kindern, als die bekannten theuren Jahre einfielen. Diese traurige Zeit wurde eine Ursach von dem ersten Verfall seines Vermögens und seiner Nahrung; -- er mußte zusetzen,
»Es kann ihm keine einzige Art oͤffentlicher, habitueller Ausschweifungen schuld gegeben werden. Er trank wohl eine Zeche mit, und konnte sie vertragen; aber er war kein Schlemmer von Profession, er wußte sich nicht nur vor Unordnungen in Acht zu nehmen, die beim Trunk vorzufallen pflegen, sondern hielt bei solchen Gelegenheiten immer selbst auf Ordnung, wehrte Haͤndeln, stiftete Frieden, und ich habe ruͤhmen gehoͤrt, daß wenn auch mehrere volle Tische mit einander in Zwist geriethen, er sie, wie der gemeine Mann sich ausdruͤckt, durch seine Redensarten zu befriedigen gewußt habe.« »Eben so frei ist er von dem Verdacht geblieben, mit Personen andern Geschlechts ausgeschweift zu haben, seit der Zeit, da er den Saͤbel abgelegt und sich verheirathet hat. Er versicherte selbst, vor luͤderlichen Personen dieses Geschlechts allezeit einen Abscheu gehabt zu haben.« »Verschiedne Jahre ging es gluͤcklich mit seinem Viehhandel, und seine Vermoͤgensumstaͤnde schienen auf einem guten Fuße zu seyn. Allmaͤlig aber wurde seine Familie zahlreicher. Er war schon ein Vater von drei Kindern, als die bekannten theuren Jahre einfielen. Diese traurige Zeit wurde eine Ursach von dem ersten Verfall seines Vermoͤgens und seiner Nahrung; — er mußte zusetzen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0038" n="36"/><lb/> Verbindung alle Obliegenheiten und Auftraͤge gut ausgerichtet haben.«</p> <p>»Es kann ihm keine einzige Art oͤffentlicher, habitueller Ausschweifungen schuld gegeben werden. Er trank wohl eine Zeche mit, und konnte sie vertragen; aber er war kein Schlemmer von Profession, er wußte sich nicht nur vor Unordnungen in Acht zu nehmen, die beim Trunk vorzufallen pflegen, sondern hielt bei solchen Gelegenheiten immer selbst auf Ordnung, wehrte Haͤndeln, stiftete Frieden, und ich habe ruͤhmen gehoͤrt, daß wenn auch mehrere volle Tische mit einander in Zwist geriethen, er sie, wie der gemeine Mann sich ausdruͤckt, durch seine Redensarten zu befriedigen gewußt habe.«</p> <p>»Eben so frei ist er von dem Verdacht geblieben, mit Personen andern Geschlechts ausgeschweift zu haben, seit der Zeit, da er den Saͤbel abgelegt und sich verheirathet hat. Er versicherte selbst, vor luͤderlichen Personen dieses Geschlechts allezeit einen Abscheu gehabt zu haben.«</p> <p>»Verschiedne Jahre ging es gluͤcklich mit seinem Viehhandel, und seine Vermoͤgensumstaͤnde schienen auf einem guten Fuße zu seyn. Allmaͤlig aber wurde seine Familie zahlreicher. Er war schon ein Vater von drei Kindern, als die bekannten theuren Jahre einfielen. Diese traurige Zeit wurde eine Ursach von dem ersten Verfall seines Vermoͤgens und seiner Nahrung; — er mußte zusetzen,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [36/0038]
Verbindung alle Obliegenheiten und Auftraͤge gut ausgerichtet haben.«
»Es kann ihm keine einzige Art oͤffentlicher, habitueller Ausschweifungen schuld gegeben werden. Er trank wohl eine Zeche mit, und konnte sie vertragen; aber er war kein Schlemmer von Profession, er wußte sich nicht nur vor Unordnungen in Acht zu nehmen, die beim Trunk vorzufallen pflegen, sondern hielt bei solchen Gelegenheiten immer selbst auf Ordnung, wehrte Haͤndeln, stiftete Frieden, und ich habe ruͤhmen gehoͤrt, daß wenn auch mehrere volle Tische mit einander in Zwist geriethen, er sie, wie der gemeine Mann sich ausdruͤckt, durch seine Redensarten zu befriedigen gewußt habe.«
»Eben so frei ist er von dem Verdacht geblieben, mit Personen andern Geschlechts ausgeschweift zu haben, seit der Zeit, da er den Saͤbel abgelegt und sich verheirathet hat. Er versicherte selbst, vor luͤderlichen Personen dieses Geschlechts allezeit einen Abscheu gehabt zu haben.«
»Verschiedne Jahre ging es gluͤcklich mit seinem Viehhandel, und seine Vermoͤgensumstaͤnde schienen auf einem guten Fuße zu seyn. Allmaͤlig aber wurde seine Familie zahlreicher. Er war schon ein Vater von drei Kindern, als die bekannten theuren Jahre einfielen. Diese traurige Zeit wurde eine Ursach von dem ersten Verfall seines Vermoͤgens und seiner Nahrung; — er mußte zusetzen,
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/38>, abgerufen am 27.07.2024. |