Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
Ein andermal ging er im Schlafe aus der Stube, stieg im Hofe aufs Dach und ritte auf der Dachrinne, als auf einem Pferde mit Erstaunen der Umstehenden, und als er eine Weile auf dem Dache herumgeklettert, kam er unbeschädigt wieder herunter, und man hat besonders angemerkt, daß er im Steigen mit Fühlen forschte, ob auch die Ziegel loß oder feste waren. Waren sie loß, so unterließ er, darüber zu steigen. Da nun die Frau des Hauses von allem diesen benachrichtigt wurde, so war sie besorgt, es möchte dieser Bediente einmal verunglücken, daher befahl sie, ihn in eine andre Kammer zu betten, und dieselbe wohl zu verwahren, damit er des Nachts nicht herauskönnte, und ließ ihn dabei wohl beobachten. Als er nun im Schlafe zu gewöhnlicher Stunde seine Nachtwanderschaft antre-
Ein andermal ging er im Schlafe aus der Stube, stieg im Hofe aufs Dach und ritte auf der Dachrinne, als auf einem Pferde mit Erstaunen der Umstehenden, und als er eine Weile auf dem Dache herumgeklettert, kam er unbeschaͤdigt wieder herunter, und man hat besonders angemerkt, daß er im Steigen mit Fuͤhlen forschte, ob auch die Ziegel loß oder feste waren. Waren sie loß, so unterließ er, daruͤber zu steigen. Da nun die Frau des Hauses von allem diesen benachrichtigt wurde, so war sie besorgt, es moͤchte dieser Bediente einmal verungluͤcken, daher befahl sie, ihn in eine andre Kammer zu betten, und dieselbe wohl zu verwahren, damit er des Nachts nicht herauskoͤnnte, und ließ ihn dabei wohl beobachten. Als er nun im Schlafe zu gewoͤhnlicher Stunde seine Nachtwanderschaft antre- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0111" n="109"/><lb/> herzubeten, worauf er aufstand, zur Thuͤr hinaus ging, einmal im Garten uͤber eine ziemlich hohe Blanke kletterte und hinten die hohe Mauer ohne Verletzung hinunterstieg, ging schlafend etliche Gassen und zwar ohne Hut fort, bis ihm ungefaͤhr ein Diener, der ihn kannte, begegnete, und weil er keinen Hut aufhatte, denselben anredete und so lange schuͤttelte, bis er munter wurde, da er denn zuruͤckging, an der Thuͤr klingelte und wiederum eingelassen war, von allem aber, was er gemacht, nichts wußte.</p> <p>Ein andermal ging er im Schlafe aus der Stube, stieg im Hofe aufs Dach und ritte auf der Dachrinne, als auf einem Pferde mit Erstaunen der Umstehenden, und als er eine Weile auf dem Dache herumgeklettert, kam er unbeschaͤdigt wieder herunter, und man hat besonders angemerkt, <hi rendition="#b">daß er im Steigen mit Fuͤhlen forschte, ob auch die Ziegel loß oder feste waren. Waren sie loß, so unterließ er, daruͤber zu steigen.</hi> </p> <p>Da nun die Frau des Hauses von allem diesen benachrichtigt wurde, so war sie besorgt, es moͤchte dieser Bediente einmal verungluͤcken, daher befahl sie, ihn in eine andre Kammer zu betten, und dieselbe wohl zu verwahren, damit er des Nachts nicht herauskoͤnnte, und ließ ihn dabei wohl beobachten. Als er nun im Schlafe zu gewoͤhnlicher Stunde seine Nachtwanderschaft antre-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0111]
herzubeten, worauf er aufstand, zur Thuͤr hinaus ging, einmal im Garten uͤber eine ziemlich hohe Blanke kletterte und hinten die hohe Mauer ohne Verletzung hinunterstieg, ging schlafend etliche Gassen und zwar ohne Hut fort, bis ihm ungefaͤhr ein Diener, der ihn kannte, begegnete, und weil er keinen Hut aufhatte, denselben anredete und so lange schuͤttelte, bis er munter wurde, da er denn zuruͤckging, an der Thuͤr klingelte und wiederum eingelassen war, von allem aber, was er gemacht, nichts wußte.
Ein andermal ging er im Schlafe aus der Stube, stieg im Hofe aufs Dach und ritte auf der Dachrinne, als auf einem Pferde mit Erstaunen der Umstehenden, und als er eine Weile auf dem Dache herumgeklettert, kam er unbeschaͤdigt wieder herunter, und man hat besonders angemerkt, daß er im Steigen mit Fuͤhlen forschte, ob auch die Ziegel loß oder feste waren. Waren sie loß, so unterließ er, daruͤber zu steigen.
Da nun die Frau des Hauses von allem diesen benachrichtigt wurde, so war sie besorgt, es moͤchte dieser Bediente einmal verungluͤcken, daher befahl sie, ihn in eine andre Kammer zu betten, und dieselbe wohl zu verwahren, damit er des Nachts nicht herauskoͤnnte, und ließ ihn dabei wohl beobachten. Als er nun im Schlafe zu gewoͤhnlicher Stunde seine Nachtwanderschaft antre-
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