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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

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die Töne folgen, wie bei einer aufgezogenen Flötenuhr, aufeinander, sobald der erste Ton die angeregte Schwingung der Gehirnfiebern veranlaßt hat, die mit den Muskelbewegungen der Sprachorgane in Verbindung stehen. Selbst das Clavierspielen während des Schlummers läßt sich leicht erklären, indem die mechanische Muskelbewegung der Finger, die mechanische Folge von Tönen, obgleich etwas falsch, ausdrückte, die die Patientin auswendig wußte.

Die einzige Art, wodurch man den Nachtwandler in die Classe der Träumenden setzen kann, ist wohl vorzüglich die, daß er seine Handlungen nach einer imaginären Supposition, indem er sich etwas als wirklich fingirt, was nicht vorhanden ist, wenigstens nicht auf die nehmliche Weise vorhanden ist, als ers sich denkt, einrichtet. Die Handlungen folgen dann aber im Traume ganz natürlich aufeinander, und werden theils durch äußere Eindrücke, theils durch die der supponirten Hauptidee angehängten Nebenvorstellungen, wie es scheint nach freien Entschlüssen, aber eigentlich unwillkührlich dirigirt. Wovon die nächstfolgenden Beispiele zeigen.




die Toͤne folgen, wie bei einer aufgezogenen Floͤtenuhr, aufeinander, sobald der erste Ton die angeregte Schwingung der Gehirnfiebern veranlaßt hat, die mit den Muskelbewegungen der Sprachorgane in Verbindung stehen. Selbst das Clavierspielen waͤhrend des Schlummers laͤßt sich leicht erklaͤren, indem die mechanische Muskelbewegung der Finger, die mechanische Folge von Toͤnen, obgleich etwas falsch, ausdruͤckte, die die Patientin auswendig wußte.

Die einzige Art, wodurch man den Nachtwandler in die Classe der Traͤumenden setzen kann, ist wohl vorzuͤglich die, daß er seine Handlungen nach einer imaginaͤren Supposition, indem er sich etwas als wirklich fingirt, was nicht vorhanden ist, wenigstens nicht auf die nehmliche Weise vorhanden ist, als ers sich denkt, einrichtet. Die Handlungen folgen dann aber im Traume ganz natuͤrlich aufeinander, und werden theils durch aͤußere Eindruͤcke, theils durch die der supponirten Hauptidee angehaͤngten Nebenvorstellungen, wie es scheint nach freien Entschluͤssen, aber eigentlich unwillkuͤhrlich dirigirt. Wovon die naͤchstfolgenden Beispiele zeigen.



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[102/0104] die Toͤne folgen, wie bei einer aufgezogenen Floͤtenuhr, aufeinander, sobald der erste Ton die angeregte Schwingung der Gehirnfiebern veranlaßt hat, die mit den Muskelbewegungen der Sprachorgane in Verbindung stehen. Selbst das Clavierspielen waͤhrend des Schlummers laͤßt sich leicht erklaͤren, indem die mechanische Muskelbewegung der Finger, die mechanische Folge von Toͤnen, obgleich etwas falsch, ausdruͤckte, die die Patientin auswendig wußte. Die einzige Art, wodurch man den Nachtwandler in die Classe der Traͤumenden setzen kann, ist wohl vorzuͤglich die, daß er seine Handlungen nach einer imaginaͤren Supposition, indem er sich etwas als wirklich fingirt, was nicht vorhanden ist, wenigstens nicht auf die nehmliche Weise vorhanden ist, als ers sich denkt, einrichtet. Die Handlungen folgen dann aber im Traume ganz natuͤrlich aufeinander, und werden theils durch aͤußere Eindruͤcke, theils durch die der supponirten Hauptidee angehaͤngten Nebenvorstellungen, wie es scheint nach freien Entschluͤssen, aber eigentlich unwillkuͤhrlich dirigirt. Wovon die naͤchstfolgenden Beispiele zeigen.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/104>, abgerufen am 03.05.2024.