Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.
Als man sie fragte, was sie denn aber zu der abscheulichen That, ihre Mitgefangene umzubringen, bewogen habe? antwortete sie: Furcht vor der Qual und scharfen Schlägen, die sie im Zuchthause hätte erleiden müssen, und noch wie lange hätte ausstehen müssen. Da wäre sie denn auf den Gedanken gekommen: nehme ich mir mein Leben selbst; so ist meine Seele ewig verlohren; wenn ich aber das Mensch umbringe, und sodann auch um das Leben komme; so kann ich meine Sünden bereuen und Gott wird meine Seele zu Gnaden annehmen. Auf die Frage: ob sie gegen die Entleibte einen Haß gehegt, oder sie von dieser sey beleidigt worden? sagte sie, die Entleibte habe ihr kein Leid gethan, vielmehr wenn dieser etwas leids geschehen, sey sie allezeit auf sie zugelaufen und hätte es ihr geklagt. Auf die Frage: ob sich die Entleibte nicht gewehrt? antwortete sie, daß sie sich ganz geduldig habe ermorden lassen. Als man sie fragt: ob sie die Nacht nach der abscheulichen That geschlafen? erwiederte sie, sie habe eben gebethet, und da sie darüber eingeschlafen, und wieder aufgewacht, hätte
Als man sie fragte, was sie denn aber zu der abscheulichen That, ihre Mitgefangene umzubringen, bewogen habe? antwortete sie: Furcht vor der Qual und scharfen Schlaͤgen, die sie im Zuchthause haͤtte erleiden muͤssen, und noch wie lange haͤtte ausstehen muͤssen. Da waͤre sie denn auf den Gedanken gekommen: nehme ich mir mein Leben selbst; so ist meine Seele ewig verlohren; wenn ich aber das Mensch umbringe, und sodann auch um das Leben komme; so kann ich meine Suͤnden bereuen und Gott wird meine Seele zu Gnaden annehmen. Auf die Frage: ob sie gegen die Entleibte einen Haß gehegt, oder sie von dieser sey beleidigt worden? sagte sie, die Entleibte habe ihr kein Leid gethan, vielmehr wenn dieser etwas leids geschehen, sey sie allezeit auf sie zugelaufen und haͤtte es ihr geklagt. Auf die Frage: ob sich die Entleibte nicht gewehrt? antwortete sie, daß sie sich ganz geduldig habe ermorden lassen. Als man sie fragt: ob sie die Nacht nach der abscheulichen That geschlafen? erwiederte sie, sie habe eben gebethet, und da sie daruͤber eingeschlafen, und wieder aufgewacht, haͤtte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0038" n="38"/><lb/> fallen; so kaͤmen die Schmerzen wieder, ziehen sich in die Brust gegen den Ruͤcken in die Achsel, und von da gegen das Herz und davon bekomme sie schweres Athmen und Stecken, und das herauslaufende Wasser mache ihr sehr brennende Schmerzen.</p> <p>Als man sie fragte, was sie denn aber zu der abscheulichen That, ihre Mitgefangene umzubringen, bewogen habe? antwortete sie: Furcht vor der Qual und scharfen Schlaͤgen, die sie im Zuchthause haͤtte erleiden muͤssen, und noch wie lange haͤtte ausstehen muͤssen. Da waͤre sie denn auf den Gedanken gekommen: nehme ich mir mein Leben selbst; so ist meine Seele ewig verlohren; wenn ich aber das Mensch umbringe, und sodann auch um das Leben komme; so kann ich meine Suͤnden bereuen und Gott wird meine Seele zu Gnaden annehmen.</p> <p>Auf die Frage: ob sie gegen die Entleibte einen Haß gehegt, oder sie von dieser sey beleidigt worden? sagte sie, die Entleibte habe ihr kein Leid gethan, vielmehr wenn dieser etwas leids geschehen, sey sie allezeit auf sie zugelaufen und haͤtte es ihr geklagt.</p> <p>Auf die Frage: ob sich die Entleibte nicht gewehrt? antwortete sie, daß sie sich ganz geduldig habe ermorden lassen. Als man sie fragt: ob sie die Nacht nach der abscheulichen That geschlafen? erwiederte sie, sie habe eben gebethet, und da sie daruͤber eingeschlafen, und wieder aufgewacht, haͤtte<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0038]
fallen; so kaͤmen die Schmerzen wieder, ziehen sich in die Brust gegen den Ruͤcken in die Achsel, und von da gegen das Herz und davon bekomme sie schweres Athmen und Stecken, und das herauslaufende Wasser mache ihr sehr brennende Schmerzen.
Als man sie fragte, was sie denn aber zu der abscheulichen That, ihre Mitgefangene umzubringen, bewogen habe? antwortete sie: Furcht vor der Qual und scharfen Schlaͤgen, die sie im Zuchthause haͤtte erleiden muͤssen, und noch wie lange haͤtte ausstehen muͤssen. Da waͤre sie denn auf den Gedanken gekommen: nehme ich mir mein Leben selbst; so ist meine Seele ewig verlohren; wenn ich aber das Mensch umbringe, und sodann auch um das Leben komme; so kann ich meine Suͤnden bereuen und Gott wird meine Seele zu Gnaden annehmen.
Auf die Frage: ob sie gegen die Entleibte einen Haß gehegt, oder sie von dieser sey beleidigt worden? sagte sie, die Entleibte habe ihr kein Leid gethan, vielmehr wenn dieser etwas leids geschehen, sey sie allezeit auf sie zugelaufen und haͤtte es ihr geklagt.
Auf die Frage: ob sich die Entleibte nicht gewehrt? antwortete sie, daß sie sich ganz geduldig habe ermorden lassen. Als man sie fragt: ob sie die Nacht nach der abscheulichen That geschlafen? erwiederte sie, sie habe eben gebethet, und da sie daruͤber eingeschlafen, und wieder aufgewacht, haͤtte
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/38>, abgerufen am 16.07.2024. |